Auf dem Weg zu einer europäischen Verfassung

Die Europäische Union soll bald eine eigenständige Verfassung erhalten. Vor dem Hintergrund dieses historischen Prozesses versuchen derzeit Experten eine Verortung der Thematik in geschichts- und politikwissenschaftlicher sowie in komparativer Hinsicht. Die Konferenz in Innsbruck ist Ergebnis einer transatlantischen Kooperation.
Auf dem Weg zu einer europäischen Verfassung
Auf dem Weg zu einer europäischen Verfassung
Dass die Beziehungen zwischen den USA und der EU derzeit in einer schwierigen Phase stecken, ist kaum zu übersehen. Umso spannender ist die akademische Auseinandersetzung, die in diesen Tagen in der Aula der Universität Innsbruck stattfindet. In einem historischen und politischen Vergleich zwischen den USA und der EU wollen Historiker, Politologen und Verfassungsrechtler den Weg der EU zu einer eigenen Verfassung beleuchten. Den Auftakt machte gestern vormittag Prof. Reinhard Rack, Grazer Verfassungsjurist und Mitglied des Europäischen Parlaments sowie des Verfassungskonvents. In seinem Vortrag stellte Rack die Ziele und Aufgaben des Konvents dar und arbeitete jene Fragen heraus, die bis zuletzt Streitpunkte bei der Festlegung eines gemeinsamen Verfassungstextes geblieben sind. Egal ob es um die zukünftige institutionelle Ausgestaltung, die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik oder die Konsensmodelle geht, am Ende soll vom Konvent ein lesbarer und transparenter Vertragstext vorgelegt werden.

In der Tagung wurden zunächst historische Erfahrungen aus Europa und den USA präsentiert und verglichen. Heute, Dienstag, sollen konkrete Inhalte der europäischen Verfassungsdebatte in ihrer geschichtlichen und politischen Bedeutung herausarbeitet werden, wie Fragen der Durchsetzung der Europäischen Menschenrechtskonvention, des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und die Relevanz der erarbeiteten Grundrechtecharta, Sprachminderheiten, Regelung der Grenzprobleme mit Blick auf die Binnen- und Außengrenzen und "last but not least" Gleichbehandlung.

In einem zweiten Block soll der "Konvent zur Zukunft der EU" ins Blickfeld genommen, wobei sein Vorläufer - der Konvent zur Erarbeitung einer Grundrechtecharta - eine Rolle spielt, aber auch die Finalitätsdebatten und Reformvorschläge der 90-er Jahre sowie eine vorläufige Analyse der bis dato erzielten Ergebnisse des "Konvents" geleistet werden sollen. Die Konferenz will einen Beitrag zu einer vergleichenden internationalen und -kontinentalen Integrationsforschung leisten, wobei die wechselseitigen Wahrnehmungen, Anregungen und Einflüsse in den Blick genommen und gewichtet werden, aber auch Grenzen und Möglichkeiten des wissenschaftlichen Vergleichens reflektiert werden sollen. Die Tagung "Towards a European Constitution" wurde vom Center Austria der University of New Orleans, dem Arbeitskreis Europäische Integration (AEI) am Institut für Zeitgeschichte der Universität Innsbruck und dem Zentrum für Europäische Integrationsforschung (ZEI) der Universität Bonn organisiert und dauert noch bis Mittwoch. (cf)