Finanzwissenschaft: Berichte aus Theorie und Praxis

Vergangene Woche fand an der SoWi-Fakultät der 1. Workshop aus Finanzwissenschaft statt. Rund 30 Wissenschafterinnen und Wissenschaftler haben an der zweitägigen Veranstaltung teilgenommen, die eine Schnittstelle zwischen finanzwissenschaftlicher Forschung und finanzpolitischer Umsetzungspraxis sein soll.
Walter Stübler (Statistik Austria)
Walter Stübler (Statistik Austria)
Bei diesem Treffen österreichischer Finanzwissenschafterinnen und -wissenschafter wurden aktuelle Forschungsarbeiten diskutiert. Die ersten drei Referate setzten sich mit den Auswirkungen der öffentlichen Haushalte auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung auseinander. Martin Zagler (WU Wien) diskutierte in einem theoretischen Modell die Auswirkungen auf das langfristige Wirtschaftswachstum. Peter Brandner (IHS) und Leopold Diebalek (OeNB) stellten eine Zerlegung des Budgetsaldos in seine strukturellen, konjunkturellen und diskretionären Komponenten vor. Gerhard Reitschuler (OeNB) und Jesús Crespo Cuaresma (Uni Wien) zeigten mit einer empirischen Arbeit, dass die stabilisierende Wirkung des Staatshaushalts nur bis zu einem bestimmen Niveau auftritt. Wird dieser Schwellenwert überschritten, kann es auch zu einer Destabilisierung der Wirtschaft kommen.

Zwei weitere Referate setzten sich mit Besteuerungsfragen auseinander. Uwe Dulleck (Uni Wien) stellte eine Arbeit vor, welche die Auswirkungen des österreichischen Abgabensystems auf den Automarkt untersucht. Er konnte nachweisen, dass die Einführung der motorbezogenen Versicherungssteuer zu einem Anstieg der neuzugelassenen Dieselfahrzeuge geführt hat. Ralf Kronberger (WK Österreich) beschrieb die Folgen der zukünftigen demographischen Entwicklung auf die Steuereinnahmen.

Im letzten Teil des Workshops wurden Arbeiten zu den Staatsausgaben präsentiert. Reinhard Neck (Uni Klagenfurt) untersuchte am österreichischen Beispiel, weshalb die Staatsausgaben langfristig ansteigen. In einem spieltheoretischen Modell erläuterte Engelbert Dockner (Uni Wien), unter welchen Umständen es zu einer privaten Bereitstellung von öffentlichen Gütern (z.B. eines Radiosenders) kommen kann. Entscheidend ist aus seiner Sicht, dass die privaten Geldgeber ausreichend Informationen über die in Summe zur Verfügung gestellten Mittel haben. Im abschließenden Referat zeigte Walter Stübler (Statistik Austria), wie sich die Budgetausgliederungen der letzten Jahre auf den öffentlichen Schuldenstand und das Defizit ausgewirkt haben.