Römische Heizsysteme im Test

Dr. Hannes Lehar beschäftigte sich im Rahmen seiner Dissertation mit dem bekanntesten Heizungssystem der Römer – der Hypokaustheizung.Einige offene Fragen, die sich am Rande seiner Untersuchungen ergaben, wollte er nun mittels eines experimentalarchäologischen Experimentes klären.
Hannes Lehar wollte die Funktion der römischen Nischenöfen testen.
Hannes Lehar wollte die Funktion der römischen Nischenöfen testen.

Die Römer sind unter anderem für ihr damals revolutionäres Heizsystem – die Hypokaustheizung – bekannt. Dr. Hannes Lehar, der auch lange in der Heizungsbranche tätig war, fielen bei der genaueren Untersuchung dieses Heizsystems aber bisher nicht erkannte Widersprüche und Ungereimtheiten in der Fachliteratur auf. „Als ich vor drei Jahren begann, die römische Hypokaustheizung bau- und vor allem heiztechnisch zu untersuchen, fand ich ziemlich einhellige Meinungen vor, wie einfach und gleichzeitig komfortabel und energiesparend dieses Heizsystem gewesen sei. Dass keine einzige der in Archäologieparks rekonstruierten Hypokaustheizungen tatsächlich zufriedenstellend funktionierte, war entweder gar nicht bekannt, oder wurde nicht erwähnt“, erklärt er. Inzwischen konnte Lehar dieses System, das in der Antike über 500 Jahre eingesetzt wurde und schon deshalb mehr oder weniger gut funktioniert haben musste, umfassend erforschen. „Die Hypokaustheizungen waren zu ihrer Zeit ein enormer Fortschritt, sind aber weder in der Funktion, noch in der Energieeffizienz oder in der Behaglichkeit mit heutigen Flächenheizungen vergleichbar“, resümiert Lehar.

Unerforschte Heizarten

Eine weitere Tatsache, die bisher wenig Beachtung fand, ist, dass nur in circa jedem dritten Haus der nördlichen römischen Provinzen eine Hypokaustheizung zu finden war und mit dieser auch meistens nur ein Raum beheizt wurde (so z.B. in Carnuntum; Schätzung durch A. Konecny, Universität Wien). „In der archäologischen Fachliteratur werden als weitere Wärmequellen Herdfeuer und mit Holzkohle beheizte Metallschalen oder sogenannte Nischenöfen aufgezählt. Alle drei Möglichkeiten ohne Kamin, nur mit einem freien Abzug des Rauches durch Tür- und Fensterritzen und Spalten im Dach“, erklärt Hannes Lehar. Welche Heizleistung auf diese Weise erzielbar war, und wie sich die zwangsläufig im Raum entstehenden Verbrennungsgase auswirkten – sind doch aus römischen Schriftquellen Rauchgasvergiftungssymptome und Todesfälle bekannt –, wurde bisher allerdings nie ausreichend geklärt. Um diese offenen Fragen zu beantworten, führte Lehar im März in Zusammenarbeit mit der Berufsfeuerwehr Innsbruck einen Tag lang einen experimentalarchäologischen Versuch durch. „Als Versuchsobjekt bot sich ein Abbruchhaus im Wipptal an. Das Haus eignete sich besonders gut, da es wie viele römische Häuser aus Vollziegeln ohne Wärmedämmung gebaut war und undichte, einfach verglaste Fenster aufwies“, erklärt der Archäologe.

Grenzwerte überschritten

Beim Versuch sollte ein Raum mit einem Holzkohlebecken aus Metall, ein anderer mit dem Nachbau eines Nischenofens – ähnlich den im Archäologiepark am Magdalensberg in Kärnten rekonstruierten – beheizt werden. „Stündliche Messungen der Raumtemperatur sowie des Kohlenmonoxid- und des Kohlendioxid-Gehaltes der Raumluft durch die Berufsfeuerwehr Innsbruck sollten zeigen, wie die Heizsysteme funktionierten“, beschreibt Lehar das Experiment. Da bei der Verbrennung von Holzkohle – vor allem zu Beginn des Prozesses – zwangsläufig vermehrt giftige Abgase entstehen, entzündete Lehar die Holzkohle im Freien, ließ sie eine Zeit lang brennen, um sie weitgehend ausgasen zu lassen, und brachte sie erst dann in glühendem Zustand in die Heizgeräte in den Versuchsräumen. „Trotzdem waren schon nach kurzer Zeit CO- und CO2-Werte in den Räumen erreicht, die weit über den heute zugelassenen Grenzwerten lagen“, erklärt der Archäologe. Auch eine Querlüftung durch die Raumtüre und ein teilweise geöffnetes Fenster reichte nicht aus, um akzeptable Werte zu erreichen. „Änderungen der Holzkohlemengen und der Art ihrer Einbringung verbesserten nichts an der Situation. Auch der Versuch, den Nischenofen mit Holz zu beheizen, brachte keine Verbesserung, aber auch keine nennenswerte Verschlechterung der Werte“, so Lehar. Da auch die erzielte Raumtemperatur messbar nur sehr langsam und erst am späten Nachmittag auch körperlich fühlbar anstieg, ist Lehar davon überzeugt, dass die Fachwelt hier – ähnlich wie im Fall der Hypokaustheizungen – noch lange nicht alle Details kennt. „Diese Heizmethoden müssen funktioniert haben, gibt es doch über einen Zeitraum von rund 500 Jahren zahlreiche Funde von Holzkohleschalen und Nischenöfen. So einfach wie es in der archäologischen Fachliteratur aber beiläufig und ohne Details erwähnt wird, funktionierte die Sache offenbar nicht“, resümiert Hannes Lehar, der, nach entsprechenden Überlegungen und Beratungen mit Feuerungsspezialisten, weitere Untersuchungen zu diesem Thema durchführen möchte.