Dem Wasser in Kristallen auf der Spur

Arzneimittel müssen hohen Qualitätsstandards entsprechen, damit ihre medizinische Wirkung im Menschen gewährleistet ist. Feuchtigkeit kanndiese Wirksamkeit stark beeinflussen. Die Hertha-Firnberg-Stipendiatin Doris Braun sucht deshalb nach den Ursachen für das bis heute wenig verstandene Phänomen der Hydratbildung bei kristallinen Stoffen.
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Morphologie eines Phloroglucinol-Dihydrat-Kristalls

Die Forschungsgruppe um Prof. Ulrich Griesser am Institut für Pharmazie beschäftigt sich seit langem mit der Vielgestaltigkeit (Polymorphie) von chemischen Verbindungen. Die gleiche chemische Verbindung kann nämlich verschiedene Festformen mit unterschiedlichem Kristallbau ausbilden. Diese Festformen zeigen trotz identischen chemischen Bausteinen unterschiedliche physikalische Eigenschaften wie zum Beispiel verschiedene Löslichkeiten. „Bei der Entwicklung von Medikamenten genügt es deshalb nicht, nur die chemische Verbindung und deren Wirkung zu beschreiben. Bei der Herstellung von Medikamenten ist sehr genau darauf zu achten, dass die richtige Kristallform des Arzneistoffs verwendet wird“, sagt Doris Braun. Sie hat in der Arbeitsgruppe von Prof. Griesser promoviert und kehrte nach einem dreijährigen Forschungsaufenthalt in London vor kurzem nach Innsbruck zurück. Als Hertha-Firnberg-Stipendiatin erforscht sie an der Universität Innsbruck die Ursachen und Auswirkungen des Einbaus von Wasser in die Kristallstruktur von Arzneistoffen. „Durch systematische experimentelle und theoretische Untersuchungen wollen wir die verantwortlichen Faktoren für die Stabilität dieser Wassereinschlüsse erarbeiten“, erklärt Braun. „So können wir hoffentlich neue Einblicke in die Natur der Hydratbildung gewinnen.“ Neben den in Innsbruck seit vielen Jahren etablierten experimentellen Methoden, wird die Pharmazeutin auch theoretischen Simulationen am Hochleistungrechner der Universität durchführen. „Ich habe in England begonnen mit Simulationen zu arbeiten und kann diese Erfahrungen nun dazu nutzen, experimentelle Daten zu überprüfen oder theoretische Vorhersagen von Kristallstrukturen weiterzuentwickeln“, beschreibt Braun ihren kombinierten Ansatz, der sonst weltweit kaum auf diesem Niveau verfolgt wird. Ziel ihrer Forschungen ist es, auf Grundlage der theoretischen und experimentellen Erkenntnisse die Bildung, Struktur und Stabilität von Hydraten besser vorhersagbar zu machen. Ihre Ergebnisse sind aber nicht nur für Arzneistoffe von Interesse, auch die Qualität von zum Beispiel Pflanzenschutzstoffen, Farbpigmenten oder Sprengstoffen könnte so in Zukunft besser kontrolliert werden.

Zur Person

Die gebürtige Vorarlbergerin Doris Braun hat an der Universität Innsbruck Pharmazie studiert und bei Prof. Ulrich Griesser am Institut für Pharmazie eine Doktorarbeit verfasst. Nach der Promotion 2008 arbeitete sie ein halbes Jahr als Forschungsstipendiatin in Innsbruck, bevor sie mit einem Erwin-Schrödinger-Auslandsstipendium des österreichischen Wissenschaftsfonds FWF an das University College London ging. Nach Ablauf des Stipendiums verbrachte Braun ein weiteres Jahr als Forschungsassistentin am dortigen Chemie-Department. Im Juni dieses Jahres wurde ihr ein Hertha Firnberg Stipendium des FWF zugesprochen, mit dem sie nun in Innsbruck drei Jahre an ihrer Forschung weiterarbeiten kann.