Wüstenstaub verändert alpine Seen

Staub aus Wüstenregionen wird in der Atmosphäre oft über große Distanzen hinweg befördert. Den Einfluss dieses Staubs auf abgelegene alpine Seen hateine internationale Forschungsgruppe untersucht. Das Team, dem auch die Gruppe um Prof. Ruben Sommaruga vom Institut für Ökologie angehört, veröffentlichte die Ergebnisse nun in Nature Communications.
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Wüstensand (re.) bedeckt das sonst schneeweiße (li.) Sonnblick-Observatorium in 3106 Meter Seehöhe. (Foto: Ludwig Rasser)

Abgelegene Seen gelten heute als ideale Sensoren zur Beobachtung des globalen Wandels. Weil sie außerhalb des direkten menschlichen Einflusses stehen, werden sie als Referenzpunkte für globale Veränderungen herangezogen. Was dabei nicht außer Acht gelassen werden darf, ist allerdings die Tatsache, dass durch den Wind eine Vielzahl von Schmutzpartikeln, Staub und organischen Materialen in diese Gewässer verfrachtet werden. Die nun in der Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlichte Studie eines internationalen Limnologenteams unter Beteiligung von Prof. Ruben Sommaruga vom Institut für Ökologie und der NASA hat den Einfluss von Staub, besonders aus der Sahara und der Sahelzone, auf die Konzentration gelöster organischer Substanzen in abgelegenen alpinen und polaren Seen untersucht.

Klimawandel verändert das Ökosystem See

Die gelösten organischen Substanzen stellen eine Hauptform der organischen Kohlenstoffe in Gewässern dar und spielen eine Schlüsselrolle in der Ökologie von Seen. So liefern sie Energie für das Nahrungsnetz in Seen, absorbieren ultraviolette Strahlung und Licht und regulieren damit deren Eindringen in tiefere Wasserschichten. Die Forscherinnen und Forscher haben in 86 abgelegenen Seen in den Alpen, den Pyrenäen, der Sierra Nevada und im Atlasgebirge sowie in der Polarregion Daten erhoben. Dabei fanden sie je nach Breitengraden signifikante Unterschiede in der Quantität und Qualität gelöster organischer Substanzen. Die Differenzen können durch die Ablagerung von Staub, unterschiedliche UV-Einstrahlung sowie bakterielle Prozesse erklärt werden. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass der Wandel in der Landnutzung und die Veränderungen des Klimas, die zu einem verstärkten Staubtransport sowie erhöhter UV-Strahlung und Lufttemperatur führen, die Qualität und vermutlich auch die Konzentration gelöster organischer Substanzen in klaren alpinen Seen verändern“, sagt Ruben Sommaruga. Steigende Temperaturen könnten in Zukunft in Seen zu einer verstärkten Produktivität von Mikroorganismen führen. Veränderte Landnutzung und andere Störungen, die Staub und damit verbunden organische und anorganische Materialien mobilisieren, werden zusätzliche Konsequenzen für das Ökosystem See haben. Die Bioverfügbarkeit, ihr Einfluss auf die Lichteinstrahlung im Wasser und folglich die Qualität des Wassers in  alpinen Seen hängt von den chemischen Eigenschaften der gelösten organischen Stoffe ab. Deshalb hat deren geografische Ausbreitung starke Konsequenzen für die abgelegenen Ökosysteme.  

Das Team um Ruben Sommaruga hat den Einfluss von Staubpartikeln auf Hochgebirgsseen im Rahmen eines dreijährigen, kürzlich abgeschlossen FWF-Projekts untersucht. Ein wichtiges Thema war dabei auch, dass nicht nur gelöste organische Substanz, Phosphor und andere anorganische Elemente wie Kalzium mit dem Staub aus der Sahara in die Alpen transportiert werden, sondern auch verschiedenste Bakterien und andere Mikroorganismen.