Neue Prozesse schnell und flexibel umsetzen

Neue gesetzliche Vorgaben oder die Reaktion auf Konkurrenzprodukte setzen in Unternehmen meist neueGeschäftsprozesse voraus, die entwickelt und umgesetzt werden müssen. Ein Team um Prof. Dr. Bernd Heinrich arbeitet nun an der automatisierten Planung dieser Prozesse.
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Die Ausgabe von Geld ist ein Beispiel für einen Geschäftsprozess einer Bank. (Bildquelle: Rainer Sturm/pixelio.de)

Geld am Bankschalter ausgeben, die Kreditwürdigkeit eines neuen Kunden überprüfen, eine Wertpapierorder an die Börse weiterleiten: Drei Beispiele für typische Arbeiten in einer Bank. Betriebswirte und Wirtschaftsinformatiker sprechen bei solchen aus mehreren Schritten bestehenden Arbeitsvorgängen von Prozessen – und diese können auch modellhaft dargestellt werden, um Verbesserungspotenzial zu erkennen: Ein Prozessmodell beschreibt dabei, welche Personen in welcher Rolle welche Arbeitsschritte in welcher Reihenfolge übernehmen. Die resultierenden Prozessmodelle sind mitunter sehr komplex und Änderungen in einem Prozess erzwingen wiederum häufig Änderungen in anderen, damit integrierten Prozessen. „Änderungen sind durch die Komplexität dieser Prozesse anfällig für Fehler und häufig zeitaufwändig“, erklärt Prof. Heinrich vom Bereich Wirtschaftsinformatik II am Institut für Institut für Wirtschaftsinformatik, Produktionswirtschaft und Logistik. „Wir wissen aus früheren Untersuchungen, dass es etwa in größeren Banken rund 600 verschiedene Geschäftsprozesse gibt, die teils miteinander verknüpft und voneinander abhängig sind.“ 

Automatisiert planen

Allein dieses Beispiel verdeutlicht, dass auf viele Zusammenhänge geachtet werden muss, wenn ein neuer Prozess in einer Organisation eingeführt wird. Für eine Neueinführung gibt es vier wesentliche Gründe: Gesetzesänderungen können neue oder zusätzliche Arbeitsschritte nötig machen, die Konkurrenz produziert schneller und der neue Prozess wird als Reaktion darauf eingeführt, um konkurrenzfähig zu bleiben, oder man führt selbst ein neues Produkt ein, für das nicht zuletzt neue Produktionsprozesse entwickelt werden müssen. „Sehr häufig ist auch der vierte Grund: Neue Technologien ermöglichen ein anderes, teilweise schnelleres Arbeiten – denken Sie nur an die Einführung mobiler Kommunikationstechnologien und deren Auswirkungen auf Arbeitsprozesse in Büros“, führt Prof. Heinrich aus.

Ein Team um Prof. Heinrich arbeitet nun daran, Prozessmodellierern in Organisationen ihre Arbeit erheblich zu erleichtern. Prozessmodellierer sind für die Planung neuer Prozesse und Arbeitsschritte zuständig und müssen auch einen Überblick über die in einem Betrieb vorhandenen Prozesse behalten. Die Forscherinnen und Forscher arbeiten an der automatisierten Erstellung und Verbesserung von Prozessen. „Wir entwickeln innovative Algorithmen für ein Computerprogramm, das Prozessmodelle auf Basis von Anforderungen automatisiert erzeugt und das mehrere Alternativen zur Ausführung eines Prozesses vorschlägt“, erklärt Prof. Heinrich. Die Entscheidung darüber, welcher Prozess dann im Betrieb eingesetzt wird, liegt beim Unternehmen selbst. 

Drei Jahre Forschung

„Unternehmen können sich heute auch und besonders durch Geschwindigkeit und Innovationen differenzieren“, sagt Prof. Heinrich, „deshalb ist die Entwicklung optimaler Geschäftsprozesse auch so wichtig.“ Bevor ein fertiges Computerprogramm die Organisationen dabei unterstützen kann, sind unter anderem drei grundlegende Fragen zu klären: Zum einen müssen die Forscher einen möglichst einfachen Weg zur Eingabe der Anforderungen an den zu erstellenden Prozess entwickeln. „Idealerweise werden diese am Ende als normaler, allgemeinverständlicher Text eingegeben, ohne komplizierte Befehle“, erläutert Prof. Heinrich das Ziel. Zum anderen müssen die neuen und innovativen Algorithmen entwickelt werden: Sie müssen Rahmenbedingungen für unterschiedliche Schritte in einem Prozess genauso beachten können wie Abhängigkeiten, Flexibilität und Geschwindigkeit der Ausführung des vorgeschlagenen Prozesses. Dafür ist Grundlagenforschung notwendig. Zu guter Letzt ist die verständliche Aufbereitung und grafische Darstellung der automatisiert erzeugten Prozessalternativen noch ein wichtiger Punkt, an dem geforscht wird. Das vom Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) geförderte Projekt „Automatisierte Planung von Prozessmodellen“ läuft vorerst drei Jahre, die Förderperiode beginnt am 1. August 2011.