Nanostrukturen auf der Spur

Im Vorjahr wurde der Physik-Nobelpreis für die Herstellung der ersten zweidimensionalen Kristalle aus Kohlenstoffatomen verliehen. Aus solchen Graphenschichtenhervorgehende Kohlenstoff-Nanostrukturen können sich auch auf den Elektroden von Festoxid-Brennstoffzellen bilden. Wie dies verhindert werden kann, untersuchen Innsbrucker Chemiker im Rahmen eines FWF-Spezialforschungsbereichs.
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Querschnitt durch eine Festoxid-Brennstoffzelle: links die Kathode, rechts die Anode, dazwischen der Elektrolyt.

Festoxid-Brennstoffzellen bieten die Möglichkeit, fossile Brennstoffe ohne den Umweg einer konventionellen Verbrennung in elektrische Energie und Wärme umzuwandeln. Sie tun dies mit einem hohen Wirkungsgrad und erlauben so eine effizientere Nutzung zum Beispiel von Erdgas. Diese Brennstoffzellen sind deshalb zum Beispiel besonders für Haushalte oder mobile Anwendungen interessant. Heutige Brennstoffzellen haben allerdings den Nachteil, dass sie noch immer bei sehr hohen Temperaturen (800 bis 1000 Grad Celsius) betrieben werden und das fossile Gas zunächst in einem externen Reformator aufbereitet werden muss. Im Rahmen eines Spezialforschungsbereichs des Wissenschaftsfonds FWF untersuchen Forscherinnen und Forscher aus Wien, Innsbruck und Siegen (Deutschland) die grundlegenden Prozesse in Festoxid-Brennstoffzellen. So sollen Wege gefunden werden, die Nachteile der vorhandenen Technologien zu umgehen. Das Team um Dr. Bernhard Klötzer und Dr. Simon Penner von Institut für Physikalische Chemie der Uni Innsbruck stellt sich dabei vor allem der Frage, wie die chemischen Prozesse an den Elektroden der Brennstoffzellen bei möglichst niedrigen Temperaturen möglichst effizient gestaltet werden können. Außerdem suchen sie Wege, wie die notwendige Reformierung des Erdgases direkt an der Anode optimiert werden kann.

Chemische Prozesse optimieren

Eine Schlüsselrolle spielen dabei Kohlenstoffstrukturen, die in der internationalen Wissenschaft gerade ihren Höhenflug erleben: Nanotubes, Graphen, Nanofilamente lauten die Schlagworte dafür. Diese nanometergroßen Kohlenstoffstrukturen sind besonders stabil und gelten deshalb in den Werkstoff- und Materialwissenschaften als große Hoffnungsträger. „In den Brennstoffzellen behindern diese Strukturen allerdings den notwendigen Oxidationsprozess und destabilisieren die Elektrodenstruktur“, sagt Bernhard Klötzer. „Wir wollen deshalb das in den letzten Jahren gewonnene Wissen über die Wachstumsmechanismen dieser Kohlenstoffnanostrukturen nutzen, um herauszufinden, wie wir deren Bildung auf den Elektroden verhindern oder zumindest eindämmen können.“ Am Anoden-Katalysator wird stattdessen besonders reaktiver Kohlenstoff an den Oberflächen der Elektroden benötigt. Er darf sich dort aber nicht in Form von stabilen und unreaktiven Nanostrukturen ablagern. Denn dadurch wird der Wirkungsgrad und die Lebensdauer der Brennstoffzellen dramatisch verringert. Die Innsbrucker Forscher werden deshalb versuchen, die Löslichkeit des Kohlenstoffs und seine Segregation aus den Metall-Keramik-Kompositen der Elektroden zu reduzieren. Um die chemischen Prozesse an der Oberfläche der Elektroden besser zu verstehen, nutzen die Forscher synchrotronbasierte in situ Röntgen-Photoelektronenspektroskopie sowie in-situ-Oberflächen-Röntgenbeugung, um Modelloberflächen unter realitätsnahen Reaktionsbedingungen zu untersuchen.

Oberflächenforschung mit Tiefgang

Acht experimentelle und theoretische Forschungsgruppen der TU Wien, sowie jeweils eine Gruppe der Universität Innsbruck und der Universität Siegen (Deutschland) arbeiten in dem Großprojekt zusammen, das vom FWF mit insgesamt ca. 3,3 Mio. Euro über vier Jahre gefördert wird. Die beteiligten Universitäten steuern rund 700.000 Euro bei. Die rund 50 Wissenschaftler des Spezialforschungsbereichs bemühen sich gemeinsam um ein noch besseres Verständnis der Struktur und Funktion der Bestandteile von Festoxid-Brennstoffzellen auf atomarer und molekularer Ebene. Aus diesem Grund setzt der Spezialforschungsbereich Akzente in Bereichen wie Materialsynthese und Charakterisierung, Chemie und Physik von Oberflächen oder Elektrokatalyse. Viele Materialeigenschaften werden erst verständlich, wenn man die Strukturen von Materialien im Nanometerbereich untersucht. Die Erkenntnisse, die daraus hervorgehen, sind auch in der Mikroelektronik und Sensorik, sowie in der chemischen Industrie von Bedeutung – etwa für Katalysatoren in der Umweltchemie.