Forschung mit der Aschewolke

Innsbrucker Meteorologen sind an internationalen Studien zum Vulkanausbruch in Island vor einem Jahr beteiligt und rekonstruierendie Ausbreitung der Aschewolke im nördlichen Alpenraum. Neue Analysemethoden werden getestet und bieten bessere Möglichkeiten, derartige Ereignisse zu erfassen und darauf reagieren zu können.
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Am 20. März 2010 begann der Ausbruch des Eyjafjallajökull, der den Flugverkehr in Europa großteils lahmlegte. (Fotonachweis: flickr.com/anjči)

Vor ziemlich genau einem Jahr brach der isländische Vulkan Eyjafjallajökull aus – und bescherte Europa eine Sperre des Luftraums und der Öffentlichkeit eine angeregte Diskussion über die Auswirkungen von Vulkanstaub auf Umwelt und Gesundheit. Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Instituts für Meteorologie und Geophysik der Uni Innsbruck waren nun an einer interdisziplinären Untersuchung des Ereignisses beteiligt, die unter Federführung des „Karlsruhe Institute of Technology“ stattfand. Die Analysen basieren auf Daten von satelliten- und bodengebundenen Fernerkundungsinstrumenten, Messflügen, Wetter- und Schadstoffmessstationen, chemischen Analysen von Luftproben sowie auf synoptischen Wetteranalysen und Ausbreitungsrechnungen.

Entwicklung im nördlichen Alpenraum

Die Innsbrucker Arbeitsgruppe konzentrierte sich vor allem auf die Entwicklung im nördlichen Alpenraum. Analysen der vom Umweltbundesamt aufgezeichneten SO2- und PM10-Daten (Feinstaub) zeigen, dass die Vulkanasche unseren Raum in mehreren Schüben mit Schwerpunkten am 16./17. April 2010 und am 19./20. April 2010 erreichte. „Dabei kam es zum Teil auch zu kurzfristigen Grenzwertüberschreitungen, die jedoch nicht allein dem Vulkanereignis zuzuschreiben sind“, erklärt Dr. Friedrich Obleitner, einer der beteiligten Innsbrucker Forscher. Gesundheitsschädigende Wirkungen wurden nicht nachgewiesen, der Flugverkehr musste aber auch hier für kurze Zeit eingestellt werden. „Insgesamt fiel das Ereignis in Tirol vergleichsweise schwach aus und die Daten zeigen eine große räumliche Variabilität.“

Um die zeitliche und räumliche Entwicklung der Aschewolke im Innsbrucker Raum näher untersuchen zu können, wurden erstmals auch Ceilometerdaten verwendet. Ceilometer senden Laserpulse aus und die in der Atmosphäre rückgestreuten Signale wurden bisher vor allem zur Bestimmung von Wolkenhöhen im Bereich von Flughäfen verwendet. Die Signale können jedoch auch zur Analyse von internen Strukturen in der Atmosphäre ausgewertet werden. Die Ergebnisse eines entsprechend entwickelten Verfahrens zeigen, dass die Vulkanasche den Innsbrucker Raum am 17. April 2010 in einer Höhe von etwa 2,5 km erreichte und in Folge in tiefere Luftschichten hinuntergemischt wurde. Der Vergleich mit entsprechenden Daten im nördlichen Alpenvorland verdeutlicht den zeitlichen Verlauf der Ausbreitung und die Änderung der Struktur der Aschewolke mit Annäherung an den Alpenrand. Diese Daten dienen auch dazu, die ebenfalls durchgeführten Ausbreitungsrechnungen genauer absichern zu können.

„Die bisherigen Untersuchungen zeigen einmal mehr die im Vergleich zum Flachland komplexen meteorologischen Verhältnisse des Alpenraums und deren Auswirkungen. In diesem Fall hatten sie eine eher schützende Wirkung“, erläutert Friedrich Obleitner. Wie die von der Innsbrucker Arbeitsgruppe durchgeführten Wetteranalysen nämlich zeigten, spielte dabei ein kleinräumiges und von Süden über die Alpen hinweg ziehendes Tiefdruckgebiet eine wichtige Rolle. An dessen Vorderseite kam die sich ansonsten zügig nach Süden ausbreitende Aschewolke kaum mehr voran und wurde am Alpennordrand durch regionale föhnige Effekte durchmischt. Zum Teil gelangten die Partikel dadurch auch in die bodennahen Luftschichten. Darauf folgender Regen sorgte schließlich aber dafür, dass die Aschepartikel weitgehend aus der Atmosphäre gewaschen wurden.

Neue Analysemethode

Die Studie entstand in Zusammenarbeit mit Wetterdiensten, Geräteherstellern, Behörden und Flughafenbetreibern. Letzteren steht nun ein neues Analysewerkzeug zur Verfügung, mit dem aus Ceilometerdaten neben Wolkenhöhen auch das Vorhandensein und Entwicklung von starken atmosphärischen Verunreinigungen (wie Aschewolken oder Saharastaub) besser und praktisch in Echtzeit erfasst werden kann. Da derzeit in Europa ein dichteres Netz an Ceilometern aufgebaut wird, könnten die zuständigen Behörden im Fall von zukünftigen Ereignissen ihre Maßnahmen informierter treffen. „Unsere Arbeit an dieser interessanten Thematik ist damit aber nicht abgeschlossen. Eine diesbezügliche Diplomarbeit belebte die am Institut gepflegte Verknüpfung von Forschung und Lehre und gemeinsame Veröffentlichungen in Fachzeitschriften sind bereits erschienen“, freut sich Friedrich Obleitner.