Gastkommentar: Dr. Birgit Stehno zum Shanghai-Ranking

Im kürzlich veröffentlichten Shanghai-Ranking der besten Universitäten weltweit fiel die Universität Innsbruck im Vergleich zum Vorjahr um eine Klasse zurück. Dr. Birgit Stehno von der Stabsstelle für Forschungsleistungsdokumentation der Uni Innsbruck über die Gründe.
Dr. Birgit Stehno
Dr. Birgit Stehno

In Zeiten einer sich ständig verschärfenden Wettbewerbssituation nehmen Indikatoren und Vergleichswerte auch im universitären Bereich ständig an Bedeutung zu. Medienwirksam in den Vordergrund rücken dabei weltweite Rankings, die anhand weniger Kennzahlen die Qualität von Forschung und Lehre beurteilen – das von der Shanghai University erstellte und kürzlich für das Jahr 2007 erschienene "Academic Ranking of World Universities" ist eines davon.

 

Gerade sechs Indikatoren genügen den Verantwortlichen des Shanghai-Rankings, um die Qualität einer Universität einzustufen. Als Indikator für die Qualität der Lehre werden in diesem Ranking die Anzahl der mit einem Nobelpreis ausgezeichneten Studienabgänger herangezogen, die Qualität der Forschung wird anhand der Zahl der jemals beschäftigten Nobelpreisträger, der "highly cited researchers" (hoch zitierten Forscher) und der in den Zeitschriften "Nature" und "Science" publizierten Aufsätze berechnet sowie anhand von Beiträgen, welche in den von der amerikanischen Firma "ISI-Thomson" erstellten Zeitschriftenindices SCI bzw. SSCI enthalten sind. Diese verschieden gewichteten Kennzahlen werden dem wissenschaftlichen Personalanteil der jeweiligen Institution gegenübergestellt.

 

Ganz abgesehen davon, dass in Frage gestellt werden kann, ob die Anzahl nobelpreisgewürdigter Studienabgänger tatsächlich etwas über die Qualität des aktuellen Lehrbetriebes aussagen kann, sind die für den Bereich Forschung verwendeten Kennzahlen  problematisch: Was die best zitierten Forscher bzw. die Publikationszahl anbelangt, so lassen die verwendeten Zeitschriftenindices Geistes-, Rechts- und theologische Wissenschaftsbereiche ebenso unberücksichtigt wie alle nicht-englischsprachigen Publikationsorgane sämtlicher Wissenschaftsdisziplinen. Forschungsbereiche, die traditionsgemäß andere Publikationsformen als Zeitschriften bevorzugen, werden ebenfalls stark benachteiligt. Dadurch ergibt sich naturgemäß eine Besserstellung von medizinisch bzw. naturwissenschaftlich ausgerichteten Universitäten. Diese Besserstellung wird aufgrund der Division des Forschungsoutputs durch die Gesamtzahl des wissenschaftlichen Personals noch verschärft.

 

Die Top-Journals "nature" und "science" sind aufgrund ihrer Marktpolitik, die populäre Forschungsbereiche bevorzugt, selbst in den Naturwissenschaften nicht unumstritten. Das ausschließliche Heranziehen dieser beiden Zeitschriften als Vertreter der Top-Journal-Ebene mit einer Gewichtung von 20% trägt nicht dazu bei, ein objektiveres Bild der Forschungsqualität zu zeichnen. Ein weiterer Problempunkt des Shanghai-Rankings ist, dass aufgrund der fehlenden Einbindung der Universitäten z. T. unvollständige Daten erhoben werden.

 

Die durch die Ausgliederung der Medizinischen Universitäten bedingte Umstrukturierung der österreichischen Universitätslandschaft bringt ebenfalls Probleme mit sich, da diese Änderungen in den ISI-Thomson-Daten, der Hauptquelle des Rankings, sehr zeitversetzt nachvollzogen werden. Noch immer findet man Publikationen, die der falschen Affiliation zugeordnet sind.

 

Der Grund dafür, dass die Universität Innsbruck im weltweiten Vergleich zum Vorjahr um eine Klasse schlechter abgeschnitten hat und nun in der Gruppe IV (305-401) der weltweiten 500 Top-Universitäten rangiert, ist im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass zwei "highly cited researchers" nunmehr korrekterweise der Medizinischen Universität zugeordnet wurden. Andererseits fehlen in der Liste der meistzitierten Forscher ("ISI HighlyCited.com") herausragende österreichische WissenschaftlerInnen. An der Universität Innsbruck ist dies zum Beispiel Peter Zoller, der mit einem h-faktor von 65 und Zitierungen von insgesamt 15.802 zur Weltspitze gehört. Der Grund für die Fehleranfälligkeit der ISI Highly Cited-Liste dürfte darin zu suchen sein, dass die Datenbank ohne umfassenden Personenindex auskommen muss, weshalb variierende Namenschreibweisen (insbesondere bei Personen mit Namen mit Umlauten) sowie übliche Autorennamen zu Berechnungsfehlern führen.

 

Allein daran, welche Auswirkung die Zuordnung einzelner Wissenschaftler auf die Position der Gesamtuniversität hat, kann man erkennen, welche Problematik hinter der Methodik des Shanghai-Rankings steht.

 

Insgesamt konnte die Universität Innsbruck ihren Platz als Nummer drei der österreichischen Universitäten halten. Ein Vergleich der bisher veröffentlichten Wissensbilanzen zeichnet ein noch besseres Bild für die LFUI. Mit einer Gesamtzahl von 3586 Publikationen im Jahre 2006 liegt die Universität Innsbruck im absoluten österreichischen Spitzenfeld und kann – bezogen auf den Personalanteil – fast doppelt so viel Publikationen wie die vergleichbare Voll-Universität Graz aufweisen; sie übertrifft auch den pro Kopf gerechneten Publikationsoutput der Universität Wien.

 

Im QS-THES-Ranking, das alljährlich im Times Higher Education Supplement veröffentlicht wird und das auf solider recherchierten Fakten basiert, rangierte die Universität Innsbruck  2006 unter den Top 200 der weltweiten mehr als 10.000 Universitäten.