200 Jahre ABGB - Kontinuität im Wandel

Von 23. bis 25. November 2011 fand das Symposion „1811-2011: 200 Jahre ABGB. Kontinuität im Wandel“ statt. Organisiert wurde dieses vom Institut für Römisches Recht und Rechtsgeschichte sowie Institut für Zivilrecht der Universität Innsbruck.
Univ.-Prof. Dr. Heinz Barta vom Institut für Zivilrecht der Universität Innsbruck ist …
Univ.-Prof. Dr. Heinz Barta vom Institut für Zivilrecht der Universität Innsbruck ist einer der Organisatoren des Symposions "1811-2011: 200 Jahre ABGB. Kontinuität im Wandel".

200 Jahre ABGB sind ein Anlass der Freude und eines gewissen Stolzes, aber auch des Dankes an jene, die dieses Gesetzbuch geschaffen haben. Wir feiern in Tirol - mit dem restlichen Österreich - das Jubiläum der 200. Wiederkehr der Kundmachung des ABGB mit kaiserlichem Patent vom 1. Juni 1811 und seines Inkrafttretens am 1. Jänner 1812, obwohl Tirol und Vorarlberg damals nicht zu Österreich gehörten. Erst 1814 zählten sie wieder zu den deutschen Erbländern der Monarchie, für die das ABGB galt.

Bedeutung eines großen Buches

200 Jahre Geltung sind keine Kleinigkeit. Sie lassen erahnen, welcher Geist in diesem Gesetzbuch steckt; ihm zu begegnen ist noch heute eine Herausforderung. Mit Ausnahme des französischen Code civil (1804) hat dies kein anderes Gesetzbuch in Europa geschafft. Und das ABGB braucht den Vergleich mit dem Napoleonischen Gesetzbuch nicht zu scheuen. Die Säkularfeier des ABGB wurde 1911 noch in der Monarchie begangen, die damals ihren Höhepunkt längst überschritten hatte.

Die führenden Männer, die das ABGB geschaffen haben, zählten zum Bürgertum. Aber es ist 1811/12 - nach Überwindung großer Schwierigkeiten - gelungen, dieses Monument europäischer Rechtskultur in Geltung zu setzen. Das war vor allem das Verdienst Karl A. v. Martinis und seines Schülers und Protegés Franz v. Zeillers. Zusammen mit dem Preußischen Gesetzbuch, dem ALR von 1974, dem das ABGB nicht wenig verdankt, und dem französischen Code civil zählt das ABGB zu den großen klassischen Kodifikationen Europas an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert.

Schatz legislatorischer Weisheit

Bei der 150-Jahrfeier des ABGB in den Jahren 1961/62 hatte das Gesetzbuch, verglichen mit einst, nur mehr einen kleinen räumlichen Geltungsbereich. Österreich war zum Kleinstaat geworden. Dennoch - die Lebenskraft des Gesetzbuchs erwies sich, auch nach dem zweiten verheerenden Krieg des 20. Jahrhunderts, als ungebrochen. Es bedurfte freilich mancher Neuerung über die Teilnovellen der Jahre 1914, 1915 und 1916 hinaus.

Die vom BMfJ im Vorfeld der 200-Jahrfeier getroffene Entscheidung, das ABGB mit Bedacht und Respekt in Teilschritten zu novellieren, war richtig und wird, so ist zu hoffen, „den Schatz legislatorischer Weisheit, der im ABGB ruht“ und auch den „Stil des legislatorischen Kunstwerkes“ erhalten (J. Schey). - Es ist zu wünschen, dass uns das ABGB bis zu einer ernst zu nehmenden europäischen Kodifikation erhalten bleibt.

(Heinz Barta)