Internationale Tagung zum Kosovo-Gutachten

Das Kosovo-Gutachten des Internationalen Gerichtshofs (IGH) vom 20. Juli 2010 ist weltweit mit Spannung erwartet und im Anschluss intensiv diskutiert worden. Die erste große internationale Tagung dazu hat am 16. Dezember an der Universität Innsbruck stattgefunden.
ip_tagung_hilpold_kosovo.jpg
Auf Einladung von Peter Hilpold (links) fanden sich internationale Völkerrechtsexperten in Innsbruck ein, um das Kosovo-Gutachten des IGH zu beleuchten.

Auf Einladung von Prof. Peter Hilpold hat sich in der Aula der Universität eine große Zahl von internationalen Völkerrechtsexperten eingefunden, die vor zahlreich erschienenem Publikum die verschiedenen Facetten dieser Problematik diskutierten. Referiert haben der Doyen der deutschen Völkerrechtswissenschaft, Prof. Christian Tomuschat von der Humboldt-Universität Berlin, Prof. Marc Weller von der Cambridge University, Prof. Stefan Oeter von der Universität Hamburg, die Vorsitzende der European Society of International Law, Prof. Anne Peters von der Universität Basel, Prof. Matthias Niedobitek von der Technischen Universität Chemnitz, Prof. Michael Bothe von der Universität Frankfurt, Prof. Gerhard Hafner von der Universität Wien, Prof. Andrea Gattini von der Universität Padua, Prof. Andrea Gioia von der Universität Modena, Dr. Christoph Perathoner aus Bozen, Prof. Isabel Lirola von der Universität Santiago de Compostela, Frau Mag. Nadia Kalb vom Österreichischen Außenministerium und der Veranstalter.
Dabei standen Themen wie Staatlichkeit, Minderheitenschutz und Verselbstständigung von Territorien im Mittelpunkt. Gibt es ein Recht auf Sezession? Diese Frage war sehr umstritten. Nach traditioneller Völkerrechtslehre müsste man diese Frage verneinen, doch wurde auch aufgezeigt, dass die „Humanisierung des Völkerrechts“ immer mehr den Menschen in den Vordergrund stellt: „People, not States matter!“ Wenn man daraus auch noch keinen Anspruch von Völkern im ethnischen Sinne auf Eigenstaatlichkeit ableiten könne, so müssten die Interessen und Belange von Volksgruppen und Minderheiten doch in weit größerem Maße ernst genommen werden als dies in der Vergangenheit der Fall gewesen ist. Das Völkerrecht hat nämlich einen grundlegenden Wandlungsprozess durchgemacht, der die Bedeutung von Staatlichkeit und Souveränität erheblich relativiert. Das Gutachten selbst wurde kritisch hinterfragt, doch bestand weitgehendes Einvernehmen, dass der IGH insgesamt politisch geschickt und verantwortungsbewusst gehandelt habe.

Vizerektor Prof. Tilmann Märk hob hervor, dass die Universität Innsbruck auch eine Forschungsuniversität sei und in diesem Zusammenhang sei die Organisation von internationalen wissenschaftlichen Tagung von besonderer Bedeutung.
Der Dekan der rechtswissenschaftlichen Fakultät Prof. Bernhard Eccher betonte, dass die rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Innsbruck seit vielen Jahren im Bereich des Forschungsschwerpunktes „Europäische Integration“ Fragen zum internationalen Minderheitenrecht vertiefe und Konfliktlösungsmodelle erarbeite.
Der Vizepräsident des Südtiroler Bildungszentrums – Forum für Rechtsvergleichung unterstrich, dass diese gemeinsam von Nord- und Südtirol, dem Österreichischen Außenministerium, der Universität Innsbruck und dem Südtiroler Bildungszentrum – Forum für Rechtsvergleichung getragene Veranstaltung Beleg einer sich herausbildenden grenzüberschreitenden Forschungslandschaft sei, wobei die Universität Innsbruck wieder einmal ihren Stellenwert als Landesuniversität für ganz Tirol bestätigte.
Prof. Peter Hilpold wies abschließend darauf hin, dass die Tagungsergebnisse in Kürze in einem internationalen Verlag in deutscher und in englischer Sprache publiziert würden.

Link: Weiterführende Informationen zum Thema Kosovo-Gutachten