Rolf Steininger erhält Landespreis für Wissenschaft

Am 30. November wurde der Zeithistoriker Rolf Steininger, Gründer und langjähriger Leiter des Instituts für Zeitgeschichte, mit dem Tiroler Landespreis für Wissenschaft 2010 ausgezeichnet. Dirk Rupnow und Hüseyin Cicek dürfen sich über den Förderpreis freuen.
Rin Beate Palfrader mit den Preisträgern (v.l.) Dirk Rupnow, Rolf Steininger und Hüse …
Rin Beate Palfrader mit den Preisträgern (v.l.) Dirk Rupnow, Rolf Steininger und Hüseyin Cicek. (Foto: Land Tirol/Sidon)

Der Tiroler Landespreis für Wissenschaft wird seit 1984 jährlich als Würdigung eines Gesamtwerkes oder einer außergewöhnlichen Einzelleistung auf Vorschlag einer Jury verliehen. Der Förderpreis wird auf Empfehlung des Landespreisträgers bzw. der Landespreisträgerin vergeben. Der Hauptpreis ist mit 14.000 Euro, der Förderpreis mit 4.000 Euro dotiert. „Mit der Vergabe des Landespreises für Wissenschaft soll zum Ausdruck gebracht werden, dass dem Land Tirol die Förderung von Wissenschaft und Forschung ein wichtiges Anliegen ist“, betonte LRin Palfrader bei der Preisverleihung im Landhaus. Der Theologe Karl Rahner war der erste Preisträger; ihm folgten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aller Fakultäten und Disziplinen, die sich sowohl eine außerordentliche internationale Reputation in ihren Fächern als auch große Verdienste als Lehrende erworben und somit das Potenzial des Universitätsstandorts Innsbruck und Tirol ganz wesentlich erhöht haben. „Ich danke den sieben Jurorinnen und zwei Juroren für die gewissenhafte Prüfung der eingegangenen Vorschläge und für den gut begründeten Vergabevorschlag“, so Palfrader.

Sakrosankte Themen

Die Beweggründe für die Entscheidung legte anschließend Laudatorin und Jurymitglied Univ.-Prof. Petra Schmidt-Braselmann dar. Sie hob Steiningers internationales Standing, seine außerordentlichen Verdienste um die Universität Innsbruck, seine Medienpräsenz, insbesondere aber die Themen seiner Forschung und den „voll umfänglich garantierten“ Tirolbezug seiner Arbeit hervor. Steininger sei einer, der „sakrosankte Themen wie die Südtirolfrage“ aufgreife und sich insbesondere für geteilte Länder interessiere, so Schmidt-Braselmann.

Univ.-Prof. Rolf Steininger selbst bedankte sich bei der Jury sowie beim Land Tirol, aber auch bei seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. „So ein gigantisches Werk schafft einer allein nicht. Dafür braucht man ein Team“, betonte er in seiner Ansprache. Anschließend stellte er die auf seinen Vorschlag nominierten Förderpreisrträger Dirk Rupnow und Hüseyin Cicek vor.

Die Preisträger

Rolf Steininger, Dr. phil., em. ordentlicher Universitätsprofessor, 1984-2010 Leiter des Instituts für Zeitgeschichte der Universität Innsbruck, seit 2008 auch an der Freien Universität Bozen; geb. 1942 in Plettenberg/Westfalen; Studium der Anglistik und Geschichte in Marburg, Göttingen, München, Lancaster und Cardiff; 1976 Habilitation an der Universität Hannover, 1980 Professor an der Universität Hannover, seit 1983 in Innsbruck. Ein Jahr später erfolgte die Gründung des Instituts für Zeitgeschichte, dem er bis zu seiner Emeritierung als Leiter vorstand. Im Oktober 2002 zeichnete die European Science Foundation das Institut als „Center of Excellence“ aus.

Steininger war Gastwissenschaftler in Saigon, Hanoi und Kapstadt, Gastprofessor an den Universitäten Tel Aviv, Queensland (Australien) und New Orleans sowie Initiator des im Zwei-Jahres-Abstand stattfindenden Österreichischen Zeitgeschichtetags. Er ist Senior Fellow des Eisenhower Center for American Studies der University of New Orleans und seit 1995 Jean Monnet-Professor.

Steininger zählt zu den bekanntesten österreichischen Zeithistorikern. Die großen Themen seiner Arbeit sind der Kalte Krieg (mit den Schwerpunkten: deutsche Nachkriegsgeschichte, amerikanische und britische Politik), Israel und der Nahostkonflikt, Österreich nach 1945 sowie die Südtirolfrage. Steininger ist nicht nur ein außerordentlich produktiver Forscher, wie seine Publikationsliste zeigt, die u.a. rund 40 Monographien und über 150 Aufsätze umfasst (und als Herausgeber 26 Bände der „Innsbrucker Forschungen zur Zeitgeschichte“); zu einer Ausnahmeerscheinung macht ihn darüber hinaus, dass er sich stets und erfolgreich bemühte, seine Themen einer breiteren Öffentlichkeit zu vermitteln – durch seine Expertise in den Massenmedien und v.a. als Gestalter von eigenen Radio- und Fernsehbeiträgen. Zuletzt entstand im Auftrag des WDR die mehrteilige Fernseh-Dokumentation „Die Bonner Republik“. 2007 erhielt er einen Ruf an die Freie Universität Bozen, den er ebenso ablehnte wie bereits 1993 einen Ruf an die Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Steininger ist Träger des Verdienstkreuzes des Landes Tirol. Weitere Informationen unter www.rolfsteininger.at.

Dirk Rupnow, Priv.-Doz. Mag. Dr.; seit März 2009 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Zeitgeschichte der Universität Innsbruck, seit Oktober 2010 Institutsleiter; geb. 1972 in Berlin; Studium der Geschichte und Germanistik, Philosophie und Kunstgeschichte in Berlin und Wien; 1999/2000 wissenschaftlicher Mitarbeiter der Historikerkommission der Republik Österreich; 2000/01 Junior Fellow am Internationalen Forschungszentrum Kulturwissenschaften IFK, Wien; 2002 Promotion an der Universität Klagenfurt; Forschungsaufenthalte am History Department der Duke University, Durham, NC, am Simon-Dubnow-Institut für jüdische Geschichte und Kultur der Universität Leipzig und am Center for Advanced Holocaust Studies des United States Holocaust Memorial Museums, Washington, DC; 2004-07 APART-Stipendiat der Österreichischen Akademie der Wissenschaften; Winter 2007 Visiting Assistant Professor am Dartmouth College, Hanover, NH; 2007-09 Visiting Research Fellow am Institut für die Wissenschaften vom Menschen IWM, Wien; seit 2007 Lehrbeauftragter am Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien; seit Mai 2008 Mitglied der Jungen Kurie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften; 2009 Habilitation an der Universität Wien; Fraenkel Prize in Contemporary History 2009 der Wiener Library, London; Forschungsschwerpunkte: österreichische und deutsche Zeitgeschichte, NS-Zeit/Holocaust, Jüdische Geschichte, Wissenschaftsgeschichte, Kulturwissenschaften, europäische und transnationale Geschichte, Theorie und Methode der Geschichtswissenschaft; umfangreiche Archivrecherchen in zahlreichen europäischen Ländern, Israel und den USA.

Hüseyin Cicek, Mag. Dr.; geb. 1978 in Erzincan, Türkei; Volks- und Hauptschule in Lauterach /Vlbg., 1999 Lehrabschluss Maurer; nach dem Präsenzdienst 2002 Studienberechtigungsprüfung, anschließend Studium der Politikwissenschaft, Theologie und Zeitgeschichte an den Universitäten Innsbruck und New Orleans; 2006 Sponsion an der Universität Innsbruck; 2007/08 Projektmitarbeiter und Lehrbeauftragter am Institut für Zeitgeschichte sowie LFU-Dissertationsstipendiat; 2008/09 Lehrbeauftragter am Institut für Philosophie; 2010 Promotion an der Universität Innsbruck und Tätigkeit als Archivar im Stadtarchiv Dornbirn; Forschungsschwerpunkte: Terrorismus, Nationalismus, türkische Geschichte und Migrationsgeschichte.

 (Eva Fessler)