Die Pariser Klimakonferenz: Nachlese und Ausblick – und ein Blick hinter die Kulissen

Entgegen allen Erwartungen gab es bei der Klimakonferenz COP21 in Paris ein ambitioniertes Übereinkommen zur Verringerung des menschlichen Einflusses auf das Klima. Wie kam es zu diesem Ergebnis, und wie kann es nun umgesetzt werden? Diese Fragen wurden am 13. Januar 2016 im Kaiser-Leopold-Saal diskutiert.
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Von links: Prof. Georg Kaser, Dr. Helmut Hojesky, Botschafter Pascal Teixeira da Silva, Prof. Jean Jouzel, Armin Domitner, Prof. Eva Lavric, Vizerektorin Prof. Anke Bockreis, Katrin Kaltenegger, Alice Loevenbruck. (Foto: Christian Newesely)

Entgegen allen Erwartungen einigten sich bei der Klimakonferenz COP21 im Dezember in Paris die 195 Partnerländer auf ein im Vergleich zu früheren Konferenzen sehr ambitioniertes Übereinkommen zur Verringerung des menschlichen Einflusses auf das Erdklima. Die Erderwärmung soll durch einen raschen Ausstieg aus fossilen Energieträgern deutlich unter 2 °C, möglicherweise auf 1,5 °C, über dem vorindustriellen Niveau begrenzt werden. Wie kam es zu diesem Ergebnis, und wie kann es nun umgesetzt werden? Diese Fragen diskutierten am 13. Januar 2016 im Kaiser-Leopold-Saal jene, die es wissen müssen: Mitglieder der österreichischen und der französischen Verhandlungsdelegation sowie VertreterInnen der Jugend aus den beiden Ländern, die bei der Konferenz dabei waren. Moderiert wurde der Abend vom Innsbrucker Klimaforscher und IPCC-Autor Prof. Georg Kaser.

Es war die dritte und abschließende Veranstaltung der Reihe „Klimawandel: Wissenschaftliche Grundlagen und politische Entscheidungen“, die vom Frankreich-Schwerpunkt der Universität Innsbruck gemeinsam mit dem Forschungsschwerpunkt „Alpiner Raum – Mensch und Umwelt“ organisiert wurde. Die beiden vorherigen Abende zur Klima-Problematik hatten noch vor der COP21 stattgefunden; nun ging es darum, zu erörtern, wieweit die Hoffnungen erfüllt worden sind, wie das Ergebnis zustande gekommen ist und was es für die Zukunft bedeutet.

Sowohl Vizerektorin Prof. Anke Bockreis als auch der französische Botschafter, S.E. Pascal Teixeira da Silva, betonten in ihren Grußworten, wie wichtig Frankreich die COP21 genommen hatte und wie intensiv das Gastgeberland sich um eine Einigung bemüht hatte. Und der Erfolg ist tatsächlich eindrucksvoll. Prof. Georg Kaser, der schon mehrere Klimakonferenzen besucht hatte, betonte gleich in seiner Einleitung: „Das erzielte Abkommen ist in der Tat beeindruckend, es ist ein phantastisches Ergebnis, ein historischer Meilenstein, der nicht zuletzt auch als diplomatische Großleistung Frankreichs zu werten ist.“

Auf dem Podium fanden sich einerseits zwei COP-Routiniers, die seit Jahrzehnten die Klimakonferenzen mitverfolgt und mitgestaltet hatten, nämlich der österreichische Delegationsleiter MR Dr. Helmut Hojesky, der seit der allerersten COP in der österreichischen Delegation mit dabei gewesen war, und der französische Klimaforscher und mehrfache Lead Author des IPCC Jean Jouzel, der seit 2001 an COPs teilnahm. Andererseits (und zwar auch physisch auf der anderen Seite des Podiums) war die Jugend vertreten, in Gestalt von zwei österreichischen TeilnehmerInnen (Armin Domitner und Katrin Kaltenegger), die als „Klima-Reporter“ gezielt für junge Leute von der COP21 berichtet hatten, sowie eine junge Französin (Alice Loevenbruck), die als Praktikantin im Sekretariat der Klimakonferenz gearbeitet und so zu allen Beratungen Zugang gehabt hatte. Sie berichtete von der Euphorie, die ausgebrochen war, als nach langem Ringen der Präsident der COP21, der frühere französische Premierminister Laurent Fabius, die Einigung verkündet hatte: „Es war, als ob wir die Fußball-WM gewonnen hätten! Alle haben geweint und sind sich in die Arme gefallen“, erzählte sie, noch sichtlich bewegt von dem, was sie miterleben durfte. Aber auch die Routiniers bekamen glänzende Augen, wenn sie vom Ergebnis der Konferenz sprachen. „Es ist, als ob ein Traum wahr geworden wäre. Alle unsere Bemühungen in der IPCC haben auf dieses Abkommen hin gearbeitet. Und nun endlich ist es da!“, betonte Jean Jouzel, der als Forscher schon in den neunziger Jahren aus dem Polareis den Klimawandel nachgewiesen hatte. Und Helmut Hojesky bestätigte: „Wir sind alle müde, weil wir mehrere Tage fast ohne Schlaf durchverhandelt haben. Aber wir sind froh und erleichtert, dass das Ergebnis nun da ist, und dass es so unerwartet gut ausgefallen ist. Der Weg dorthin war lang, aber das ist nun die Krönung.“

In der Diskussion gerierte sich Prof. Kaser als Moderator ganz bewusst als Advocatus Diaboli, er konfrontierte die Diskutierenden immer wieder mit skeptischen Einwänden, denn das Abkommen ist ja noch nicht ratifiziert, es bezieht die Wahrung der Menschenrechte nicht ein, und wenn man die freiwilligen Zusagen der Länder, die sogenannten INDC, zusammenzählt, ist man noch weit vom angepeilten 1,5-°C-Ziel entfernt.

Warum ist dieses 1,5-°C-Ziel überhaupt so wichtig? Was bedeutet es gegenüber den lange angepeilten 2 °C? Darauf wussten die jugendlichen Delegierten eine klare Antwort, denn sie hatten mit dem Außenminister von Tuvalu gesprochen: „Für etliche Inselstaaten bedeuten die 1,5 °C gegenüber den 2 °C ganz einfach das Überleben!“ Die Wissenschaftler, die am IPCC-Klimabericht mitgearbeitet hatten, waren sich jedenfalls einig, dass man endlich, endlich auf sie gehört hatte. Und ebendieser IPCC hat von der Konferenz schon den Auftrag bekommen, einen Bericht vorzubereiten, der sich gezielt mit dem 1,5-°C-Ziel auseinandersetzt, insbesondere mit den Bedingungen, die erfüllt werden müssen, damit es tatsächlich eingehalten werden kann. Optimistisch stimmt auch die Tatsache, dass das Abkommen in regelmäßigen Abständen evaluiert und verbessert werden soll, so dass Kurskorrekturen möglich sind. Ein realistisches Fazit mag jenes des Konferenzpräsidenten Laurent Fabius sein, der zum Abschluss erklärt hatte: „Durch das Abkommen von Paris ist noch nicht alles gewonnen, aber ohne das Abkommen hätte überhaupt nichts gewonnen werden können.“

(Eva Lavric)