Regional. Erfolgreich. Großes Walsertal?

Am 25.11.2015 veranstaltete das Institut für Geographie der Uni Innsbruck in Kooperation mit dem Biosphärenparkmanagement Großes Walsertal eine gut besuchte Podiumsdiskussion zum Thema regional erfolgreiches Wirtschaften in der Propstei St. Gerold im Großen Walsertal in Vorarlberg.
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Moderator Martin Coy (li.) und die Podiumsteilnehmer diskutieren die Entwicklung des Großen Walsertals (Foto: Florian Timmermann)

Die Veranstaltung war Teil des laufenden transdisziplinären Forschungsprojekts REPA-next, gefördert von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. In dem Projekt beschäftigen sich Forscherinnen und Forscher der Universität Innsbruck (Institut für Geographie), der Universität Wien (Institut für Geographie und Regionalforschung) sowie der Züricher Hochschule für Angewandte Wissenschaft (Forschungsgruppe Tourismus und Nachhaltige Entwicklung) mit den Chancen und Grenzen des Biosphärenparks Großes Walsertal hinsichtlich nachhaltiger Entwicklung. Im Zentrum der Interessen des Innsbrucker Teams stehen wirtschaftliche Fragestellungen rund um die Bereiche Regionalprodukte, Nahversorgung, Slow Tourism sowie sozial-ökologische und -ökonomische Netzwerke.
Anstoß zur Diskussion gab auch das 15-jährige Bestehen des UNESCO Biosphärenpark Großes Walsertal. Ziel der Veranstaltung war es deshalb, einen Blick auf die letzten 15 Jahre der Entwicklung des Tales zu werfen, aber auch die Potentiale der Auszeichnung Biosphärenpark für eine zukunftsorientierte, nachhaltige Entwicklung der Region zu erörtern. Den Impulsvortrag mit dem Titel „Rock die Region! – mit Regionalität zu einer starken Marke“ hielt Jürgen Krenzer aus dem Biosphärenreservat Rhön in Deutschland. Dieser vermarktet seit über 12 Jahren erfolgreich innovative Regionalprodukte wie zum Beispiel das Rhönschaf-Hotel, seinen Apfelsherry sowie die dazugehörige Schaukelterei. Anhand eigener Erfahrungen und Ideen zeichnete Jürgen Krenzer in inspirierender Art und Weise die Entwicklung seines Betriebs und Wege zum erfolgreichen Wirtschaften – mit engem Bezug zu nachhaltiger Entwicklung – nach.
Im Anschluss diskutierten Vertreterinnen und Vertreter aus Politik und Wirtschaft über Chancen und Herausforderungen erfolgreicher Regionalentwicklung im Großen Walsertal unter Moderation von Prof. Martin Coy. Zusätzlich zum Referenten Jürgen Krenzer und Christian Schützinger (Vorarlberg Tourismus GmbH), die eine Perspektive von Außen auf die Region Großes Walsertal skizzierten, konnten auch Vertreter regionaler – aber zum Teil international tätiger – Betriebe aus den Bereichen Gewerbe, Landwirtschaft, Tourismus und IT/Telekommunikation für das Podium gewonnen werden. Moderator Martin Coy baute die Diskussion anhand dreier Fragestellungen auf:

  1. Was sind aus der jeweiligen Sicht der Teilnehmer und ihrer spezifischen Bereiche die drei wichtigsten Voraussetzungen für ein erfolgreiches Wirtschaften in und für die Region?
  2. Welche Stärken, Schwächen, Chancen und Herausforderungen ergeben sich daraus derzeit im Großen Walsertal?
  3. Welche Bereiche sind langfristig für eine erfolgreiche wirtschaftliche Regionalentwicklung des Großen Walsertal relevant?

„Der größten Arbeitgeber ist die Natur“

Die Ergebnisse dieser sehr dynamischen Diskussion, bei der auch zahlreiche Fragen und Anregungen aus dem Plenum gemeinsam debattiert wurden, charakterisieren ein Tal zwischen Innovation und Beharrlichkeit, zwischen Kooperation und eigenständigen Unternehmen, die unter dem Schirm Biosphärenpark ihre Koexistenz suchen. Mit der Aussage „Der größten Arbeitgeber ist die Natur“ sprachen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zweierlei Dinge an: Zum einen die engen, auch ökonomischen Verbindungen der Talbewohner mit der Natur und zum anderen ihr erklärtes Ziel: diese Natur zu nutzen, ohne ihr zu schaden. Dies spiegelt sehr deutlich die Idee der UNESCO Biosphärenparks wieder, deren Entstehung auf den Biosphärenkonferenz 1968 beruht. Zum langfristigen Erhalt der Biodiversität wird dabei neben der Schutzkomponente, auch der Nutzung von Ressourcen eine zentrale Bedeutung beigemessen.
Die gelungene Veranstaltung unterstrich die wichtige Rolle des Biosphärenparks für das Tal. Die Auszeichnung Biosphärenpark erweist sich jedoch nicht als Allheilmittel, um die grundsätzlichen Schwierigkeiten peripherer Gebirgsräume, wie z.B. Abwanderung vor allem junger Menschen, Aufrechterhaltung der Infrastruktur etc. zu bewältigen. Vielmehr bedarf es der Hartnäckigkeit, Motivation und Begeisterung aller Akteure, sei es aus dem politischen, dem wirtschaftlichen oder dem zivilgesellschaftlichen Bereich. Auch Jürgen Krenzer bestätigte in seinem abschließenden Kommentar diese Notwendigkeit. Er machte gleichzeitig deutlich, dass eine Bereitschaft für Wandel und das Hinterfragen des zurückgelegten Wegs als essentiell anzusehen sind. Weichere Faktoren, wie Orte der Kommunikation, Vertrauen und Lernen sind ebenso von zentraler Bedeutung wie die Förderung von kleinen Betrieben und die Schaffung von Anreizen für standortunabhängige Branchen, um den oft mühseligen Weg in Richtung Nachhaltigkeit zu bewältigen.

(Armin Kratzer)