Community Interpreting: erster Fortbildungskurs erfolgreich abgeschlossen

Die Arbeit von Dolmetscherinnen und Dolmetschern ist an vielen Stellen gefragt, kann aber nicht immer von Profis übernommen werden. Im Rahmen des Weiterbildungsprogramms der Uni Innsbruck wurde im vergangenen Sommersemester ein Universitätskurs für Laiendolmetscherinnen und -dolmetscher ins Leben gerufen. Am 4. Juli erfolgte nun die feierliche Übergabe der Zertifikate.
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Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Fortbildung "Community Interpreting: Professionalisierung von LaiendolmetscherInnen" nach der Vergabe der Zertifikate. Bild: Universität Innsbruck

Im sozialen, medizinischen, psychotherapeutischen oder kommunalen Bereich werden sehr häufig Dolmetschleistungen benötigt, ein Rechtsanspruch auf diese Leistungen und damit eine Deckung der Kosten ist allerdings nur bei Strafverfahren gegeben. Neben dieser Kostenfrage spielt auch die Verfügbarkeit eine wichtige Rolle: Aufgrund des vielfältigen Sprachenspektrums gibt es beispielsweise im Asylbereich zahlreiche Sprachen, für die keine professionellen Dolmetscherinnen und Dolmetscher verfügbar sind, weil diese Sprachen nicht an den Universitäten gelehrt werden. Bei Behördengängen, Arztbesuchen oder Klinikaufenthalten kommen daher sehr häufig Laiendolmetscherinnen und -dolmetscher, so genannte Community Interpreter zum Einsatz. „Community Interpreting bezeichnet eine spezielle Art des Dolmetschens, bei der zwei- oder mehrsprachige Personen dolmetschen, ohne dafür eine spezielle Ausbildung zu haben“, erklären die Kursleiterinnen des Kurses „Community Interpreting – Professionalisierung von LaiendolmetscherInnen im sozialen, medizinischen, psychotherapeutischen und kommunalen Bereich“, Elvira Iannone und Katharina Redl. „Diese Personen sind aber oft als ‚Einzelkämpfer’ unterwegs und werden meist nicht angemessen bezahlt“.

Pilotprojekt in Westösterreich

Die Universität Innsbruck rief in Kooperation mit dem Fachbereich Integration des Landes Tirol, dem Diakonie Flüchtlingsdienst und dem Österreichischen Integrationsfonds eine Fortbildung ins Leben, die in dieser Form erstmalig in Westösterreich angeboten wurde. Die 20 Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren sehr schnell gefunden. An insgesamt sechs Samstagen in den letzten drei Monaten erhielten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer Einblicke in die Geschichte des Dolmetschens, Dolmetschmodi und -strategien sowie Recherchemöglichkeiten. Neben diesen fachspezifischen Aspekten legten die Kursleiterinnen allerdings sehr großen Wert auf die Stärkung des Rollenbewusstseins. „Viele Laiendolmetscherinnen und Laiendolmetscher sind sich ihrer Rolle nicht bewusst und übernehmen häufig Funktionen, die eigentlich nicht zu ihren Aufgabenbereichen zählen“, verdeutlicht Iannone. „Daher war es uns sehr wichtig, das Betätigungsfeld der Community Intepreter abzustecken, das selbstbewusste Auftreten der Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu stärken und ihnen Hilfestellungen in punkto Stressmanagement mit auf den Weg zu geben.“ Die Community Intepreter sind aufgrund ihrer Einsatzbereiche häufig mit persönlichen Schicksalen konfrontiert, die sie an emotionale Grenzen bringen können. Darüber hinaus luden die Kursleiterinnen externe Referentinnen und Referenten ein, die über Herausforderungen und Spezifika des Dolmetschens bei der Polizei, im Asylwesen, bei der Kinder- und Jugendhilfe, in der Psychotherapie oder im Krankenhaus berichteten.

Ein Fest zum Abschluss

In Anwesenheit von Gerhard Pisek (Studiendekan der Philologisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät), Hannes Gstir (JUFF- Fachbereich Integration des Landes Tirol), Sara Undevall (Österreichischer Integrationsfonds) sowie Andrea Spiegl (Universitäre Weiterbildung der Uni Innsbruck) erfolgte die Übergabe der Zertifikate. Beinahe alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer konnten den Universitätskurs, der mit einer mündlichen Prüfung zur Theorie des Dolmetschen sowie der Simulation einer potenziellen Dolmetschsituation endete, erfolgreich abschließen. Um dem Wunsch nach einer nachhaltigen Vernetzung der Laiendolmetscherinnen und -dolmetscher Rechnung tragen zu können, ist für Herbst bereits ein weiteres Treffen geplant. „Uns ist es ein großes Anliegen, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer untereinander und mit uns in Kontakt bleiben, damit wir sehen können, welche Aspekte sie in ihrer praktischen Arbeit umsetzen konnten, und kein ‚einsames’ berufliches Dasein mehr fristen müssen“, so die Kursleiterinnen. Bereits im Laufe der Anmeldefrist für den ersten Kurs konnten nicht alle Interessierten aufgenommen werden. „Auch die Warteliste ist bereits sehr gut gefüllt, die Nachfrage ist groß“, betont Iannone. Personen auf der Warteliste können sich freuen: Der Kurs wird im Herbst eine Fortsetzung finden.

uni konkret“, die Radiosendung der Uni Innsbruck, mit einem Beitrag über den Universitätskurs „Community Interpreting – Professionalisierung für LaiendolmetscherInnen“: Elvira Iannone und Katharina Redl erzählen über das bislang stiefmütterlich behandelte „Phänomen“ Community Interpreting und blicken auf den ersten Kurs dieser Art zurück, Kursteilnehmerinnen schildern ihre bisherigen Erfahrungen und persönlichen Nutzen aus der Fortbildung.

(Melanie Bartos)