Klimawoche in Innsbruck

Von 1. bis 4. April fand in der Innsbrucker Hofburg und an der Universität Innsbruck die Klimawoche statt. Im Rahmen von drei Veranstaltungen wurden aktuelle Forschungsergebnisse präsentiert und somit einer breiten Öffentlichkeit die Möglichkeit geboten, sich mit Fragen des Klimawandels auseinanderzusetzen.
klimawoche_blog
Eine Woche im Zeichen des Lebensraumes Gebirge in Zeiten des Klimawandels: WissenschaftlerInnen ermöglichten einen Einblick in die Forschung rund um Klima und Klimawandel. Bild: Universität Innsbruck

An vier Tagen Anfang April wurden in Vorträgen, Ausstellungen und Diskussionsrunden die vielfältigen Entwicklungen unseres Lebensraumes vor dem Hintergrund vergangener oder möglicher künftiger klimatischer Ereignisse beleuchtet. Nicht nur in Österreich sondern weltweit standen gerade in den letzten Wochen und Monaten der Klimawandel und seine Folgen anlässlich der Zusammenkunft der Arbeitsgruppen des Weltklimarates in Yokohama und Berlin im Fokus des öffentlichen Interesses. In Rahmen der „Innsbrucker Hofburggespräche“, des Aktionstages „Wandel im Alpinen Raum“ und des 15. Österreichischen Klimatages wurde der Brisanz der Themenbereiche rund um Klima und Klimawandel auch in Innsbruck Rechnung getragen.

Klimawandel und Hochwasser

Der Auftakt zur Klimawoche machten am 1. April die „Innsbrucker Hofburggespräche“: Unter dem Titel „Ausgangsbedingungen für Hochwasserereignisse jetzt und in der Zukunft“ tauschten sich Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Praxis über die komplexen Zusammenhänge zwischen klimatischen Entwicklungen und Prognosemöglichkeiten von Hochwasserereignissen im alpinen Raum aus. Die vom Institut für Naturgefahren (Bundesforschungszentrum für Wald, Innsbruck), dem Institut für Meteorologie (BOKU, Wien), dem Institut für Erd- und Umweltwissenschaften der Universität Potsdam gemeinsam mit dem Institut für Geographie der Uni Innsbruck organisierte Tagung stellte die in der aktuellen Praxis etablierten Methoden zur Hochwasserabschätzung zur Diskussion. Räumlich und zeitlich variable Systembedingungen wie etwa Vorfeuchtegrad des Bodens oder Vorhandensein von Schneebedeckung sind durch den Klimawandel Veränderungen ausgesetzt, die in der Hochwasserprognose künftig berücksichtigt werden müssen, jedoch schwer abzuschätzen sind.

Simon Scherrer berichtete von seinen Erfahrungen aus der praktischen Arbeit. Bild: Getraud Meißl

Simon Scherrer berichtete von seinen Erfahrungen aus der praktischen Arbeit. Bild: Klaus Klebinder

Im Rahmen der insgesamt zehn Vorträge wurden nicht nur die Ergebnisse des vom Österreichischen Klima- und Energiefonds geförderten Projekts SeRAC-CC (Sensitivity of the Runoff Characteristics of Small Alpine Catchments to ClimateChange“) vorgestellt, sondern auch Einblicke in komplexe spezifische Fragestellungen geboten. Rolf Weingartner (Geographisches Institut der Universität Bern) stimmte mit seinem Referat „Klimaänderung in der Region Crans-Montana-Sierre – Perspektiven und Herausforderungen“ die Anwesenden auf verschiedene Facetten des Global Change ein. Simon Scherrer vom Schweizer Beratungsbüro für Hochwasserfragen (Scherrer AG, CH) befasste sich in seinem Vortrag beispielsweise mit der Frage, wie Praktiker mit den komplexen klimabedingten Änderungen umgehen können und dass der Analyse historischer Ereignisse für die Abschätzung der Abflussverhältnisse in der Zukunft deutlich mehr Stellenwert beizumessen sein wird. Klaus Klebinder vom Institut für Naturgefahren am BFW berichtete über die bei Beregnungsversuchen im Projekt SeRAC-CC gewonnenen Erkenntnisse zur Abflussreaktion alpiner Vegetations-/Boden-Einheiten in Abhängigkeit vom Systemzustand. Hubert Holzmann (Institut für Wasserwirtschaft, Hydrologie und konstruktiver Wasserbau, BOKU Wien) ging auf das Wechselspiel zwischen Klima- und Wasserhaushaltsmodellen ein. Er zeigte eindrucksvoll, dass nicht nur die Ergebnisse von Klimamodellen, sondern auch die Resultate hydrologischer Modellrechnungen vielfach einer großen Schwenkungsbreite unterliegen. Im Schlussreferat des Tages stellte Gertraud Meißl vom Institut für Geographie der Universität Innsbruck Möglichkeiten zur Analyse von Eintrittswahrscheinlichkeiten von Hochwasserereignissen vor und skizzierte die künftigen Herausforderungen in der hydrologischen Forschung in kleinen alpinen Einzugsgebieten.
Die wesentlichen Aussagen aus den Vorträgen und der regen Diskussion werden in einem Abschlusstext zusammengefasst und auf die Homepage des Projektes SeRAC-CC gestellt.

Alpiner Raum und sein Wandel

Am 2. April präsentierten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Forschungsschwerpunktes „Alpiner Raum – Mensch und Umwelt“ im Alpenverein-Museum der Hofburg Innsbruck in anschaulicher Weise und mit einem vielseitigen ganztägigen Angebot ihre Forschungsarbeiten. Der Aktionstag „Wandel im Alpinen Raum“ bot einen Einblick in das umfangreiche interdisziplinäre Spektrum der Arbeit rund um Entwicklungen in unserem alpinen Lebensraum. In insgesamt 11 Stationen hatten Interessierte die Möglichkeit, den Forscherinnen und Forschern einen Tag lang über die Schulter zu blicken. Themen wie „Wir LANDSCHAFTmacher (Vom Sein und Werden der Kulturlandschaft in Tirol)“ über „Sauerstoffsättigungsmessung unter simulierten Hochgebirgsbedingungen“ bis zu „Gebirgsgletscher und der Meeresspiegel – ein paar anschauliche Überlegungen“ wurden unter anderem an den Forschungsstationen behandelt. Damit hatten Besucherinnen und Besucher nicht nur die Möglichkeit in ungezwungener Atmosphäre mit Expertinnen und Experten über wissenschaftliche Themen zu sprechen, sondern konnten auch bei verschiedenen Experimenten hautnah dabei sein.

Die Besucher des Aktionstages konnten bei verschiedenen Experimenten hautnah dabei sein. Bild: Christian Wucherer

Die Besucher des Aktionstages konnten bei verschiedenen Experimenten hautnah dabei sein. Bild: Christian Wucherer

Dem Organisationsteam rund um Prof. Hannelore Weck-Hannemann, Sprecherin und Koordinatorin des Forschungsschwerpunktes „Alpiner Raum – Mensch und Umwelt“, war es ein zentrales Anliegen, in möglichst anschaulicher Weise einen Zugang zu komplexen Fragestellungen zu ermöglichen – nicht zuletzt für jüngere Generationen. Vier Schulklassen der HBLA West Innsbruck, des Reithmanngymnasiums Innsbruck, der HBLA Kematen sowie des Abendgymnasiums Adolf Pichler Platz besuchten den Aktionstag in Innsbruck. „Es freut mich ganz besonders, dass uns insgesamt mehr als 70 Schülerinnen und Schüler aus verschiedenen Schultypen besucht haben. Wir möchten durch unseren Aktionstag einen Beitrag dazu leisten, dass gerade junge Menschen für wichtige Forschungsthemen rund um künftige Entwicklungen unseres Lebensraumes sensibilisiert werden“, betonte Hannelore Weck-Hannemann.
Das Abendprogramm des Aktionstages „Wandel im Alpinen Raum“ wurde durch Prof. Tilmann Märk, Rektor der Universität Innsbruck gemeinsam mit Dr. Ingrid Hayek, Vizepräsidentin des Österreichischen Alpenvereins und Prof. Hannelore Weck-Hannemann eröffnet. Rektor Märk freute sich nicht nur über die zahlreichen Besucherinnen und Besucher, die zur Abendveranstaltung gekommen waren, sondern betonte die gesamtgesellschaftliche Wichtigkeit der Forschungsleistungen: „Zahlreiche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität Innsbruck arbeiten im Forschungsschwerpunkt ‚Alpiner Raum – Mensch und Umwelt’ interdisziplinär zusammen und ermöglichen durch Aktionstage wie heute, dass die Ergebnisse dieser Kooperation gebündelt nach außen getragen werden können“, so Märk. „Gerade in Zeiten des Klimawandels kann die Auseinandersetzung mit dem Wandel im Alpinen Raum nicht wichtig genug eingeschätzt werden“. Im Anschluss an die Eröffnungsreden freute sich Hannelore Weck-Hannemann zwei Forscherinnen mit dem Förderpreis für Interdisziplinäre Forschung auszeichnen zu können. „Mit diesem Preis fördern wir nachfolgende Generationen an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die aus dem alpinen Raum stammen und in ihrer Diplom- bzw. Masterarbeit oder Dissertation einen inter- oder transdisziplinären Ansatz verfolgen“, erklärte Weck-Hannemann. Der Förderpreis wird seit 2006 regelmäßig vergeben und ist mit 1000 Euro dotiert, die diesjährigen Ausgezeichneten sind: DI Mag. Doris Hallama für ihre Diplomarbeit mit dem Titel „Schön und sicher – der Blick auf die Alpen. Die Bedeutung von Sicherheitstechniken für die Betrachtung und Darstellung alpiner Landschaften“ sowie Dr. Ulrike Töchterle für ihre Dissertation „Der Kiechlberg bei Thaur als Drehscheibe zwischen den Kulturen nördlich und südlich des Alpenhauptkammes : ein Beitrag zum Spätneolithikum und zur Früh- und Mittelbronzezeit in Nordtirol“. Seinen Abschluss fand der Aktionstag „Wandel im Alpinen Raum“ durch Kurzpräsentationen von Expertinnen und Experten zu Themen wie „Weltkulturerbe und Klimawandel“ oder „Wo wir Ötzi heute finden würden – Wandel von Verkehr und Mobilität“ und bot somit einen inhaltliche Einstimmung auf den Österreichischen Klimatag.

Vielfältige Klimaforschung im Mittelpunkt

Der Österreichische Klimatag fand am 3. und 4. April erstmals in Innsbruck statt. Das Interesse an dieser bereits zum 15. Mal stattfindenden Tagung war enorm und so groß wie nie zuvor in der Geschichte der Klimatages: Mehr als 100 Beitragseinreichungen und über 250 Anmeldungen zeugen von der großen Bedeutung der Themenbereiche rund um Klima, Klimawandel und Klimawandelanpassung bei Vertreterinnen und Vertretern nicht nur aus der Wissenschaft, sondern auch aus der Praxis in Verwaltung, Wirtschaft und Politik. Der Hauptveranstalter des Klimatages, das Climate Change Centre Austria (CCCA), konnte gemeinsam mit der Universität Innsbruck, alpS GmbH, dem Institut für Interdisziplinäre Gebirgsforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und der Klimaschutzkoordination des Landes Tirol die zweitägige Tagung in den Räumlichkeiten der Universität Innsbruck umsetzen. Die Organisatorinnen und Organisatoren des Klimatages verfolgen das Ziel, einen Überblick über aktuelle Themen aus der Klimaforschung zu bieten, sowie den Austausch und den Kontakt zwischen Personen und Institutionen zu fördern, die an Forschung und Praxis im Bereich des Klimawandels interessiert sind. Um auch der eigenen Verantwortung Rechnung zu tragen, wurde der Klimatag erfolgreich als das erste Green Event Tirol zertifiziert und zeichnete sich durch zahlreiche Maßnahmen für eine klimafreundliche und nachhaltige Durchführung aus.

Vollbesetzte Aula im Hauptgebäude der Uni Innsbruck bei der Eröffnung des 15. Österreichischen Klimatages. Bild: Universität Innsbruck

Vollbesetzte Aula im Hauptgebäude der Uni Innsbruck bei der Eröffnung des 15. Österreichischen Klimatages. Bild: Universität Innsbruck

Der Eröffnung des Klimatages wohnten neben Rektor der Universität Innsbruck Prof. Tilmann Märk auch die Landeshauptmann-Stellvertreterin Ingrid Felipe sowie DI Theresia Vogel, Geschäftsführerin des Klima- und Energiefonds und der Vorstand des CCCA, Prof. Dr. Johann Stötter bei.In insgesamt 19 Sessions mit 55 Vorträgen und auf mehr als 40 Postern wurden aktuelle Forschungsergebnisse präsentiert und zur Diskussion gestellt. Das thematische Spektrum reichte dabei vom Apfelanbau in Zeiten des Klimawandels, über Gletscherschmelze oder Waldbrandrisiken bis hin zu politischen Fragen rund um Energiewende oder Emissionsfragen. Dabei wurde neben etablierten Forscherinnen und Forschern auch dem wissenschaftlichen Nachwuchs Raum zur Darstellung ihrer Arbeit geboten. Für die Keynotes des Klimatages konnten zwei prominente Forscher gewonnen werden. Prof. Dr. Christian Huggel von der Universität Zürich ist einer der Lead-Autoren des 5. Weltklimaberichtes, der Ende März durch die Arbeitsgruppe II des Weltklimarates der internationalen Öffentlichkeit in Yokohama (Japan) präsentiert wurde. Huggel referierte zum Thema „Klimawandel global – regional – lokal: Von den Auswirkungen zur Anpassung“ und eröffnete mit einem Einblick in seine internationalen Erfahrungswerte die Tagung. Die zweite Keynote wurde von einer nicht weniger renommierten Person übernommen: Prof. Dr. Thomas Stocker von der Universität Basel ist seit 2008 Co-Chair der Arbeitsgruppe I des Weltklimarates und beendete den zweiten Tag der Tagung mit einem Vortrag zum Thema „Klimawandel: Welche Optionen haben wir (noch)?“. Ein spezielles Angebot umfasste im Rahmen des Österreichischen Klimatages die Veranstaltung „Klimawandel im Dialog“, durch die rund um die Themenbereiche „Klimawandel und Extremereignisse“ und „Klimawandel und Raumplanung“ Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Gebietskörperschaften an einen Tisch geholt werden konnten.
Der Österreichische Klimatag ging direkt in die "Lange Nacht der Forschung" über, bei der zahlreiche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität Innsbruck, die zum Thema Klima forschen, ihr Wissen an Kinder und Jugendliche weitergaben.

(red)