Tagung „Die neuen Landesverwaltungsgerichte“

Mit Januar 2014 tritt mit der Verwaltungsgerichtsbarkeitsnovelle 2012 eine der größten Justizreformen der Zweiten Republik überhaupt in Kraft. Bei einer Tagung Mitte April beleuchteten hochrangige Expertinnen und Experten vor einem Publikum von fast 300 Juristinnen und Juristen aus ganz Österreich die Auswirkungen dieser Reform.
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Mitte April diskutierten über 300 Juristinnen und Juristen die Verwaltungsgerichtsbarkeitsnovelle 2012. (Foto: Thorben Wengert/pixelio.de)

Am 1.1.2014 wird eine bereits 2012 kundgemachte Novelle des Bundes-Verfassungsgesetzes („Verwaltungsgerichtsbarkeitsnovelle 2012“) in Kraft treten, die zu den größten Reformen der Zweiten Republik überhaupt zählt. Mit dieser Novelle erhalten die österreichischen Bundesländer erstmals Anteil an der Gerichtsbarkeit. Mit 2014 wird in jedem Land ein eigenes Landesverwaltungsgericht eingerichtet werden, zusätzlich wird es noch 2 Verwaltungsgerichte des Bundes geben.

Im Wesentlichen werden die Verwaltungsgerichte der Länder diejenige allgemeine Rechtsmittelinstanz sein, an die man sich wenden kann, wenn man sich durch den Rechtsakt einer erstinstanzlichen Verwaltungsbehörde (zB Bescheid einer Bezirkshauptmannschaft) beschwert fühlt. Damit ersetzen diese Gerichte eine Vielzahl bisheriger zweitinstanzlicher Verwaltungsbehörden, die entweder überhaupt abgeschafft oder zumindest funktional reduziert wurden.

Die Vorteile, die man mit dieser Novelle verbindet, liegen daher erstens in einer Vereinheitlichung des Rechtsschutzsystems, zweitens im Föderalismus, drittens in der höheren Rechtsstaatlichkeit, weil von einem unabhängigen Gericht erwartet wird, eher Garant für Rechtsstaatlichkeit zu sein als eine weisungsgebundene Verwaltungsbehörde. Letzteres wird auch von europäischer Ebene (Europäische Menschenrechtskonvention, EU-Grundrechte-Charta) eingefordert, da es in vielen Angelegenheiten als nicht hinreichend angesehen wurde, dass nach dem administrativen Instanzenzug nur noch die Möglichkeit bestand, sich an den Verfassungs- oder Verwaltungsgerichtshof zu wenden, die aber jeweils nur bestimmte nachprüfende Befugnisse hatten und daher keinen vollumfassenden Rechtsschutz im Sinne dieser europäischen Garantien gewähren konnten. Lange Zeit hatte man sich in Österreich damit beholfen, verschiedenste immerhin weisungsfreie, aber letztlich doch administrative Behörden einzusetzen, die als „Quasi-Gerichte“ tätig waren – diese Zwischenlösung wurde nach Jahrzehnten heftiger Diskussion nunmehr zu Gunsten der neuen Verwaltungsgerichte aufgegeben.

Die Novelle stellt eine enorme juristische Herausforderung dar. Seit Ende 2012 und laufend in diesem Jahr werden auf Bundes- und Landesebene verschiedenste Gesetze erlassen, um die Rechtslage für 2014 vorzubereiten. Die Tagung „Die neuen Landesverwaltungsgerichte – Grundlagen – Organisation – Verfahren“, die am 11./12.4.2013 von der Universität Innsbruck (Institut für öffentliches Recht, Staats- und Verwaltungslehre, Rechtswissenschaftliche Fakultät) gemeinsam mit dem Institut für Föderalismus veranstaltet wurde, befasste sich mit zentralen verfassungs- und europarechtlichen, organisations- und verfahrensrechtlichen Fragestellungen dieser Reform. Hochrangige Referenten aus Wissenschaft und Praxis, darunter auch Mitglieder des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes, beleuchteten die verschiedenen Themenstellungen vor einem Publikum von fast 300 Juristen aus ganz Österreich. Die wissenschaftlichen Ergebnisse dieser erfolgreichen Tagung sollen noch in diesem Jahr in einem Tagungsband veröffentlicht werden.

(Anna Gamper)