Physiker entwickeln neue Generation von Ionenfallen

Der Europäische Forschungsrat wird die Herstellung von Prototypen einer neuen Generation von Ionenfallen unterstützen. Diese werden von Wissenschaftlern in aller Welt bei der Erforschung der Quantenwelt verwendet. Entwickelt wurden die hochmodernen Mikrofallen von Innsbrucker Quantenphysikern um Rainer Blatt. Sie erhalten dafür eine Förderung aus dem „ERC Proof of Concept“-Programm.
chip.jpg
Der 1 mal 1 Millimeter große Quantenchip, der von Spezialisten an der FHV Dornbirn gefertigt wurde.

Die großen Fortschritte in der Quantenphysik verdanken sich nicht zuletzt der vom deutschen Physiker und Nobelpreisträger Wolfgang Paul in den 1950er-Jahren entwickelten Ionenfalle. In ihr können elektrisch geladene Teilchen gefangen und mit Hilfe von Laserstrahlen und elektromagnetischen Feldern sehr exakt kontrolliert und manipuliert werden. So konnten in den vergangenen Jahren im Labor viele in der Quantentheorie vorhergesagte Eigenschaften in diesen Ionenfallen erstmals experimentell nachgewiesen werden. Sie gelten auch als eine der vielversprechendsten Technologien zum Bau von Quantencomputern und Quantensimulatoren.

Neue Mikrofallen

In letzter Zeit wurden diese Fallen stark miniaturisiert und in vielfältiger Weise weiterentwickelt. Innsbrucker Physiker um Rainer Blatt vom Institut für Experimentalphysik der Universität Innsbruck haben das Konzept für Ionenfallen nun noch einmal verfeinert. Sie entwickelten eine komplexe, segmentierte Mikrofalle, in der zahlreiche Ionen gefangen und individuell miteinander in Wechselwirkung gebracht werden können. „Diese Ionenfalle sieht ähnlich aus wie ein Mikrochip“, erklärt Rainer Blatt. „Die Herstellung ist extrem aufwändig, weil sehr viele Elektroden integriert und elektrisch angeschlossen werden müssen. Wir suchen deshalb nach Industriepartnern, mit denen wir diese Technologie marktfähig machen können. Die Förderung des ERC wird uns dabei helfen.“ Mit dem Förderprogramm Proof of Concept will der Europäische Forschungsrat eben diese Kluft zwischen Grundlagenforschung und marktfähigen Innovationen überbrücken helfen. Unterstützt werden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die vom ERC bereits gefördert werden. Sie erhalten bis zu 150.000 Euro für die Weiterentwicklung ihrer Ideen. Die Universität Innsbruck hat sich das neue Konzept für Ionenfallen bereits patentieren lassen.

Zur Person

Der Europäische Forschungsrat verlieh Rainer Blatt 2008 einen ERC Advanced Grant in der Höhe von 2,2 Millionen Euro. Der Physiker hat wegweisende Experimente auf dem Gebiet der Präzisionsspektroskopie, der Quantenmetrologie und der Quanteninformation durchgeführt. Mit seinem Team konnte er als erster die Quanteninformation eines Atoms in vollständig kontrollierter Weise auf ein anderes Atom übertragen (Teleportation). Auch die Erzeugung des ersten „Quantenbytes“ geht auf sein Konto. Blatts Team hält mit derzeit 14 kontrolliert miteinander verschränkten Quantenbits nach wie vor den Weltrekord. Außerdem gelangen Blatt in den vergangenen Jahren wichtige Schritte zur erfolgreichen Fehlerkorrektur in Quantencomputern. Große Erfolge erzielte er auch beim Bau von Quantensimulatoren. Für seine Leistungen wurde Rainer Blatt unter anderem mit der Stern-Gerlach-Medaille und dem Carl-Zeiss-Forschungspreis ausgezeichnet.

(Christian Flatz)