Wissenschaft pointiert

Mit großem Erfolg fand im November zum ersten Mal der Science Slam, ein etwas anderer Wettstreit der Wissenschaften, in Innsbruck statt. Wer das einmalige Event damals versäumt hat, kann die einmaligen Beiträge der sechs Innsbrucker Slamerinnen und Slamer nun im Video nachverfolgen.
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Science Slam Siegerin Magdalena Nagler vom Institut für Mikrobiologie.

Die Vorbereitungen für den ersten Innsbrucker Science Slam liefen schon Wochen im Vorhinein auf Hochtouren, schildert Organisator Bernhard Weingartner. Zum ersten Mal sollte der Science Slam nun auch außerhalb Wiens stattfinden. „Ein Science Slam ist, genau wie das Vorbild ‘PoetrySlam’, ein Wettstreit im Präsentieren der eigenen Arbeit. Hier stellen sich aber nicht SchriftstellerInnen mit selbst geschriebenen Texten auf die Bühne, sondern junge WissenschaftlerInnen versuchen in wenigen Minuten, das Publikum von ihrem Thema zu begeistern. Statt im kahlen Hörsaal berichten sie beim Science Slam in gemütlicher Lokal-Atmosphäre über aktuelle Forschungsthemen“, erklärt Bernhard Weingartner. Ob der Science Slam, genau wie sein Vorbild der „Poetry Sam“, so begehrt in der Universitätsstadt Innsbruck sein würde, wusste man im Vorhinein nicht. Umso glücklicher war das Organisationsteam rund um Bernhard Weingartner, als der erste Teilnehmer, Klaus Reitberger, die Bühne betrat und das Publikum im bis zum letzten Platz gefüllten Keller des Innsbrucker Treibhaus mit seiner Performance in die Welt der Astroteilchenphysik entführte.

Simone Paganini wirbelte mit atemberaubender Sprechgeschwindigkeit über die Bühne, inszenierte mit prominenter Statistenhilfe den Kampf zwischen David und Goliath und zeigte dabei, wie man durch kritische Textanalyse der Wahrheit auf die Spur kommen kann.

Andreas Aschaber berichtete von einem preisgekrönten Biogas-Projekt in Afrika und überzeugte das Publikum davon, dass die Perspektive des Soziologen für die Realisierung derartiger Projekte sehr hilfreich sein kann.

Mit einfachen Kartonmodellen erklärte Axel Kreuter warum der Himmel blau ist und wie man mit einfacher Digitalkameratechnik die Luftaerosole erforschen kann.

Der experimentelle Wirtschaftsforscher Matthias Sutter wiederum berichtete äußerst humorvoll von GPS-unterstützten Feldexperimenten mit Athener Taxifahrern die eindeutig belegen, dass mangelnde Orts- bzw. Sprachkenntnisse das Risiko unnötiger und kostspieliger Umwege drastisch erhöhen.

Magdalena Nagler sollte schließlich mit ihrem Forschungsprojekt „Trip Marks“ den Wettbewerb gewinnen. Das einzigartige Spannungsfeld von Mikrobiologie, Abenteuerlust und Kunst konnte das kritische Innsbrucker Publikum, das zugleich die Jury bildete, überzeugen.



Trip Marks

In Zusammenarbeit mit dem Innsbrucker Künstler Wolfgang Burtscher und dem Mikrobiologen Prof. Heribert Insam untersucht Magdalena Nagler an der Uni Innsbruck Bodenproben aus dem Reifenprofil Burtschers. Seit Februar 2012 radelt Wolfgang Burtscher durch 19 Länder und dokumentiert dabei seine Fahrt mit Hilfe von 21x21 cm großen, mit einem Reifenprofil vorgeprägten Blättern, die er täglich mit seinem Rad überfährt und durch GPS-Koordinaten und andere Informationen ergänzt. Täglich füllt Burtscher zudem mit sterilem Werkzeug drei Gefäße mit Bodenproben aus seinem Reifenprofil, die mittels Post das Innsbrucker Institut für Mikrobiologie erreichen. In detektivischer Kleinarbeit erforscht Magdalena Nagler das Metagenom - den genetischen Fingerabdruck – der in den Reifenspuren enthaltenen Bakterien, Pilze und Archeen und bekommt so einen Einblick in den Mikrokosmos und die mikrobielle Diversität dieser Strecke. „Das Verfahren ist ziemlich langwierig und dauert stundenlang“, erklärt Magdalena Nagler: „Als erstes muss ich die DNA aus den Proben extrahieren, dann führe ich eine PCR durch, vervielfältige die DNA und trage jene auf einem eigens hergestellten Gel auf, in dem schließlich der genetische Fingerabdruck der mikrobiellen Gemeinschaft sichtbar wird“.

Performance entscheidet

Dieses komplexe Verfahren in nur sechs Minuten einem breiten, nicht fachlich geschultem Publikum in möglichst unterhaltsamer Weise zu erläutern, war für Magdalena Nagler eine besondere Herausforderung: Wochenlang bereitete sie sich mit ihrem Team, darunter ihre Betreuerin Dr. Maria Gomez, vor und tüftelte an einer entsprechenden, auf die Grundzüge beschränkten und dennoch aussagekräftigen Performance: Mithilfe von Statisten und jeder Menge Witz erzählte sie in knapp fünf Minuten die Geschichte des bodenprobennehmenden Radfahrers und extrahierte schließlich mittels Luftschlangen die DNA aus dessen Reifen. Das Publikum war von ihrer Präsentation begeistert, und so entschied Magdalena Nagler den ersten Innsbrucker Science Slam für sich.

Bilder von der Veranstaltung: Fotogalerie


(Daniel Sailer)