Rekrutierung aus neoinstitutionalistischer Perspektive

(FWF-Projekt, Dr. Bernadette Bullinger)

(Start: 04/2016)

Die Theorie der institutionellen Logiken erlaubt es zu untersuchen, wie gesellschaftliche Wertsysteme, konstituiert durch geteilte Interpretationen, Vokabular und legitime Verhaltensweisen, organisationales und individuelles Verhalten beeinflussen. Sie liefert Erklärungen für organisationale Reaktionen auf Situationen, in denen vielfältige und potentiell widersprüchliche Werte koexistieren. Bisherige Forschungsarbeiten vernachlässigten allerdings die Reaktionen von Individuen auf institutionelle Komplexität und die Beziehungen zwischen Organisationen und Individuen. Genau diese Beziehung ist jedoch der Erklärungsgegenstand der Mehrzahl an Studien in der Tradition des Human Resource Managements (HRM), für welche die Untersuchung der Wahrnehmungen und Entscheidungen von Individuen zentral ist. Diese Forschungstradition berücksichtigt aber gesellschaftliche und institutionelle Einflüsse auf Praktiken des HRM kaum.

In diesem Forschungsprojekt strebe ich, durch den Entwurf einer neoinstitutionalistischen Perspektive auf HRM, und insbesondere auf Praktiken der Personalbeschaffung, eine Verbindung der beiden Forschungstraditionen, an. Ich argumentiere, dass institutionelle Logiken als Verbindung zwischen Individuen und Organisationen gesehen werden können. Beide beziehen sich in der Konstruktion von (organisationaler oder individueller) Identität auf dieselben institutionellen Logiken. Wenn Individuen, z.B. als Bewerber, mit Organisationen als potentiellen zukünftigen Arbeitgebern interagieren und sich koordinieren, bieten institutionelle Logiken Anhaltspunkte zur (Selbst-)Evaluation. Meine Forschungsfragen adressieren entsprechend, wie sowohl Organisationen als auch Individuen, unter Zuhilfenahme von Logiken ihre Identität konstruieren und wie sich letztere bei der Beurteilung der Attraktivität von Arbeitgebern auf institutionelle Logiken beziehen. Ein vergleichendes Forschungsdesign ist zur Beantwortung dieser Fragen besonders aussichtsreich. Spanien und Österreich liefern dabei als signifikant unterschiedliche Kontexte umfassenden Einblick in institutionelle Einflüsse auf Rekrutierungsprozesse. Eine Kombination aus qualitativen Forschungsmethoden, z.B. Bild- und Textanalysen sowie semi-strukturierten Interviews mit potentiellen Bewerbern und Unternehmensvertretern, und quantitativen Methoden zu Untersuchung von Attraktivitätswahrnehmung, ermöglicht eine vielschichtige Beleuchtung des Forschungsgegenstandes.

Institutionelle Logiken als Verbindung zwischen Organisationen und Individuen zu konzipieren, und damit Mikro-, Meso- und Makrobetrachtungen zu konsolidieren, stellt einen wesentlichen Beitrag zur Weiterentwicklung der Theorie der institutionellen Logiken dar. Mein Projekt trägt auch dazu bei, soziale und institutionelle Perspektiven in der HRM-Forschung stärker zu positionieren. Die Analyse von Employer Branding-Aktivitäten ist darüber hinaus nicht nur interessant für Unternehmen, sondern auch für gesellschaftliche Entscheidungsträger, die den Einfluss von sozialen Entwicklungen wie Arbeitskräftemangel oder Unsicherheiten am Arbeitsmarkt auf die Wahrnehmung von guten Arbeitgebern verstehen wollen.

Das Projekt „Rekrutierung aus neoinstitutionalistischer Perspektive“ auf der FWF-Website  .

 

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