2017-12 BREXIT

Spannendes BREXIT-Symposium

Beim Brexit-Symposium des BAFIT-Netzwerks am 01.12. wurden in drei Diskussionsrunden die Auswirkungen des Brexits auf die Finanzindustrie diskutiert. Der grundsätzliche Tenor in den Panelen war, dass der Brexit sowohl in wirtschaftlicher als auch politischer Hinsicht für Großbritannien und die Europäische Union eine "lose-lose" Situation darstellt.

Im Rahmen der Veranstaltung stellten Praktiker, Vertreter der Aufsichtsbehörden und Nationalbank sowie Wissenschaftler ihre Sichtweise auf den Brexit und die damit verbundenen Konsequenzen dar. In drei Diskussionsrunden wurden speziell die Folgen des Brexit für Banken, Vermögensverwaltung sowie Börsen und Versicherungen thematisiert. Der grundsätzliche Tenor aller Beteiligten an den Diskussionsrunden war, dass der Brexit, sowohl aus Sicht Großbritanniens als auch der Europäischen Union, in wirtschaftlicher und politischer Hinsicht eine „lose-lose“ Situation darstellt. Tanguy van de Werve, Managing Director der Vereinigung europäischer Finanzmarktteilnehmer AFME, betonte, dass es aus politischer Sicht besonders wichtig ist die aktuell bestehenden Unsicherheiten über den weiteren Verlauf der Ausstiegsverhandlungen Großbritanniens zu beseitigen.

Europa hat bislang keine Alternative zum Finanzplatz London

Großbritannien stellt mit London eines der weltweit wichtigsten Finanzzentren neben New York dar, und ist nicht zuletzt aus diesem Grund bisher ein wichtiger Bestandteil der EU. Hans-Peter Burghof, Professor für Bank- und Finanzwirtschaft an der Universität Hohenheim, betonte, dass es für die Europäische Union zukünftig eine große Herausforderung wird, ein eigenes Finanzzentrum aufzubauen. Große Börsenplätze wie Frankfurt oder Paris stellen aktuell noch keine Ausweichalternative zu London dar. Im Hinblick auf die europäische Bankenregulierung erklärte Professor Burghof, dass diese zu sehr an Großbanken, wie diese auch vielfach in Großbritannien vorzufinden sind, orientiert ist. Aktuell wird die umfangreiche Bankenregulierung auf sämtliche Banken gleichermaßen angewendet. Dies führt zu hohen Fixkosten und macht kleine Banken weniger konkurrenzfähig im Wettbewerb. Dadurch werden kleine Banken vom Markt verdrängt, was mittel- bis langfristig zu einer Konzentration des Kreditgeschäfts bei Großbanken führt. Professor Burghof betonte aber, dass gerade die Struktur mit vielen kleinen Banken, wie diese auch in Österreich und Deutschland vorzufinden ist, eine große Bedeutung für das Funktionieren der heimischen Wirtschaft hat. Kleine Banken sind häufig flexibler und näher am Kunden als Großbanken, insbesondere wenn es um die Finanzierung kleiner und mittelgroßer Betriebe geht.


 

Politisches Risiko und Rechtsunsicherheit hoch, aber wirtschaftliche Konsequenzen überschaubar

Banken und Asset Management Als Vertreter der Raiffeisen Bank International erklärte Mathias Bauer (Senior Regulatory Advisor), dass grundsätzlich die bankgeschäftlichen Verbindungen zwischen Österreich und Großbritannien sehr gering sind und somit der Brexit keinen großen Risikofaktor für die heimische Banken darstellt.

Andrè Haagmann (Union Investment) und Thorsten Heymann (Allianz Global Investors) gaben unter der Moderationsleitung von Professor Armin Kammel (Donau Universität Krems und Vereinigung Österr. Investmentgesellschaften) den Teilnehmern einen Einblick in die Auswirkungen des Brexit auf die Vermögensverwaltung. Die gemeinsame Meinung der beiden Branchenvertreter war, dass der Brexit letztlich keine akute Bedrohung für die Branche darstellt, jedoch eine funktionierende Beziehung zwischen Großbritannien und der EU auch in Zukunft für beide Seiten wichtig sein wird.

Nationalbanken, Aufsicht und Verbraucherschutz Isabella Lindner als Vertreterin der österreichischen Nationalbank und Birgit Puck von der österreichischen Finanzmarktaufsicht (FMA) erklärten, dass angesichts des Brexit zahlreiche rechtliche und regulatorische Fragestellungen bislang ungeklärt sind. Dementsprechend stellt der Brexit eine besonders umfangreiche Herausforderung für die europäischen aber auch nationalen Aufsichtsbehörden dar. Insbesondere geht es darum gesetzliche Regelungen zu schaffen, so dass keine Möglichkeit regulatorischer Arbitrage zwischen der Europäischen Union und Großbritannien geschaffen wird. Ein regulatorischer Wettbewerb zwischen Großbritannien und der EU nach dem Brexit könnte zu einer Aushöhlung der europäischen aufsichtsrechtlichen Regelungen führen.

Professor Wilhelm Rasinger repräsentierte die Anlegerinteressen und gab bezüglich der Bankenregulierung zudem zu bedenken, dass bisher viele neu geschaffene Regelungen eher zu einer Verkomplizierung statt zu mehr Transparenz für den Anleger geführt haben.

Versicherungen und Börsen Peter de Proft, Mitorganisator der Brexit Veranstaltung und Generaldirektor der Vertretungsorganisation europäischer Fonds- und Vermögensverwaltungsunternehmen (EFAMA), leitete die abschließende Diskussionsrunde. Zentrales Thema dieses Panels waren die Folgen des Brexits für Börsen und Versicherungsunternehmen. Julien Jardelot (London Stock Exchange) und Torsten Schaper (Deutsche Börse) beleuchteten das Thema sowohl aus der Sicht Großbritanniens als auch aus der Sicht der Europäischen Union. Die London Stock Exchange ist aktuell der wichtigste Handelsplatz für Finanzprodukte in Europa. Dies zeigt sich beispielhaft daran, dass aktuell der Handel mit derivativen Finanzprodukten fast ausschließlich über die Börse in London abgewickelt wird. London wird voraussichtlich auch nach dem Brexit ein weltweit wichtiger Handelsplatz bleiben, dennoch könnte der Brexit zu einem Bedeutungsgewinn der Börse in Frankfurt führen.

Rosa Armesto von Insurance Europe gab den Zuhörern Einblicke in die Auswirkungen des Brexit auf die Versicherungsbranche. Insurance Europe ist die Vertretungsorganisation nahezu aller europäischen Versicherungsunternehmen. Der Fokus ihres Diskussionsbeitrages lag vor allem auf den rechtlichen Problematiken, welche durch den Brexit entstehen werden. Nachdem die europarechtlichen Regelungen für die britischen Versicherungen zukünftig wegfallen werden, entsteht nach dem Brexit großer Regelungsbedarf um neue aber auch bestehende Versicherungsverträge rechtlich abzusichern.

Die hochkarätig besetzte Veranstaltung ermöglichte es den Zuhörern aus der heimischen Wirtschaft, Studierenden und WissenschaftlerInnen einen umfassenden und kritischen Blick auf das Thema Brexit zu bekommen. Die Zusammenkunft verschiedenster Vertreter aus Praxis und Wissenschaft im Rahmen des Symposiums stellte einen einmaligen und besonderen Rahmen für den Austausch zwischen Fachexperten und interessierten Zuhörern dar.

  Netzwerk für Banking, Auditing, Finance und IT

Ziel des BAFIT Netzwerks ist der Austausch und Wissenstransfer zwischen Wissenschaft und Praxis, dementsprechend sind alle Veranstaltungen des Netzwerks frei zugänglich. Termine für zukünftige Veranstaltungen werden immer aktuell auf der Homepage des BAFIT Netzwerks   veröffentlicht.

 

  European Fund and Asset Management Association

Das Brexit-Symposium wurde durch die freundliche Unterstützung und Mitorganisation durch die European Fund and Asset Management Association (EFAMA) ermöglicht. Die EFAMA   vertritt die Interessen der europäischen Investment Management Industrie und repräsentiert über ihre 28 Mitgliedsorganisationen und 62 Unternehmensmitglieder rund 23 Trillionen Euro Assets under Management.

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