Warum wir jetzt eine Schallzahnbürste besitzen - Guter Deal oder doch nur Reinfall?

Warum lassen wir uns auf einen „Black Friday“-Deal ein und kann das wirklich nur an den günstigen Preisen liegen?

Wintersemester 2021/22: Thomas Brantsch und Lea Gopp

Hast du die „Black Week“ genutzt, um Black Friday Deals abzustauben? Falls nicht, keine
Sorge, es folgt ja noch der „Cyber Monday“ (29.11.21), um den Deal deines Lebens zu
ergattern. Falls du aber bereits zu Black Friday zugeschlagen hast, warst du nicht die einzige
Person. Laut einer Studie planten heuer im Jahr 2021 rund 64 % der Österreicher und
Österreicherinnen, bei Black Friday Deals zuzuschlagen (Offerista, 2021). Doch warum lassen
wir uns auf einen „Black Friday“-Deal ein und kann das wirklich nur an den günstigen Preisen
liegen?

Diese Forschungsfrage lässt sich mit der von Kahneman und Tversky entwickelten „Prospect
Theory“ beantworten. Der sogenannte „Main Take-Away“ dieses Blogeintrages ist, dass wir
Konsument*innen uns bei Black Friday Deals nicht nur wegen der scheinbar geringeren Preise
verleiten lassen, sondern unser Verhalten vielmehr durch gezieltes „Framing“ beeinflusst wird
(Siebrecht, 2017; Zeit Online, 2021; Tversky & Kahneman, 1981). Besonders die höhere
Bewertung des Verlustes spielt hier eine Rolle, wie wir im Blogbeitrag zeigen möchten.
Wie sehen diese Werbestrategien nun am Beispiel von Black Friday Angeboten aus?
Der folgende Deal (Abbildung 1) ist doch ganz interessant, oder? Als wir zufällig die Werbung für eine
Zahnbürste sahen, kauften wir sie sofort, um für die süße Weihnachtszeit vorzusorgen. Wir
sparten ganze 83,99 Euro. Was für ein toller Deal, dachten wir zumindest.

 

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Abbildung 1: Zahnbürste um 166 Euro anstatt 249.99 Euro

Einige Zeit vor den Black Friday Deals Ende November überfluten uns im Internet und in den
Geschäften die „heißesten Angebote des Jahres“. Die Werbung führt in unserem
Unterbewusstsein dazu, dass wir mit Black Friday Assoziationen wie „Schnäppchen“,
„unschlagbare Deals“ und „Rabatte auf alles“ verknüpfen (Herbe, 2018; derStandard, 2021;
Wächter 2021). Dies hängt mit der Verfügbarkeitsheuristik zusammen, denn die angeblichen
Angebote werden uns in dieser Zeit fortlaufend präsentiert (Felser, 2015; Spreer, 2018). Doch
ist die klare Kommunikation von reduzierten Preisen die einzige Werbestrategie in diesem
Kontext? Die Antwort lautet ganz klar nein.

Um zu verstehen, weshalb wir Menschen uns überhaupt auf die Black Friday Deals einlassen, möchten wir die
Werbung in Abbildung 2 betrachten. Die Aussage „Letzte 48 Stunden 30 % Rabatt“ zeigt, dass die Angebote nur
noch für kurze Zeit verfügbar sind. Läuft diese heiße Phase aus, werden die Preise wieder steigen, so
vermittelt es zumindest die Werbung in Abbildung 2.

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Abbildung 2: Werbung Newsletter

Die Händler betonen aber nicht nur die begrenzte Verfügbarkeit hinsichtlich des Zeitraums, sondern auch
hinsichtlich des Kontingents ihrer Produkte. Diese Werbestrategien sind unter anderem als „Framing“
bekannt (Ackert & Deaves, 2008; Tversky & Kahneman, 1981). Studien zeigten, dass durch die
begrenzte Verfügbarkeit potenzielle Käufer*innen zu schnellen Kaufentscheidungen gedrängt
werden, was die Händler ausnutzen (Byun & Sternquist, 2012; Wächter 2021).

Nicht nur wir Studierende, sondern auch die Händler wissen über die „Prospect Theory“ und
deren Macht Bescheid. Denn eigentlich könnten wir argumentieren, dass der Produktkauf für
uns einen Zuwachs an Besitztum darstellt und somit in der „Gain-Domain“ anzusiedeln wäre.
Doch die Händler nutzen die Macht der Erkenntnisse aus der Theorie gezielt für die Werbung
der Black Friday Angebote. Zahlreiche Erinnerungsmails, Banner und Countdowns vermitteln
uns potenziellen Käufer*innen, dass wir gerade dabei sind, etwas Großartiges zu verpassen,
wenn wir nicht augenblicklich zuschlagen (Zeit Online, 2021). So gelingt es den Händlern, ein
Vorgang, der eigentlich in der „Gain-Domain“ anzusiedeln ist, in die „Loss-Domain“ der
Kund*innen zu verlegen. Da Verluste von uns Konsument*innen höher gewichtet werden als
Gewinne in gleicher Höhe, führt dies zu der von den Händlern gewünschten Veränderung
unseres Verhaltens. Das heißt in anderen Worten, dass uns Verluste mehr schmerzen als uns
Gewinne in gleicher Höhe befriedigen, und genau das wird mit den Werbungen von den
Händlern ausgenutzt (Spreer, 2018; Tversky & Kahneman, 1979).

Auf die Black Friday Deals umgewälzt heißt das, dass wir Konsument*innen zur sogenannten
„Fear of Missing Out“, kurz „FOMO“, neigen. Dabei verspüren Käufer*innen den Drang, rasch
Entscheidungen zu treffen (Hodkinson, 2016).

Viele Leser werden sich nun denken: „Okay, gut zu wissen. Trotzdem sind die Preise und
Rabatte am Black Friday besonders gut.“ Schauen wir uns unseren Zahnbürsten-Kauf (Abb. 1)
an. Der von uns bezahlte Preis liegt bei 166 Euro und laut Angebot betrug er zuvor 249,99
Euro. Doch wofür steht eigentlich UVP? Der Händler unserer Zahnbürste verwendete in
diesem Angebot die „unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers“, die in der Regel
deutlich über dem üblichen Verkaufspreis liegt (ZEIT Online, 2021). Dadurch wirkt der
Preisrabatt höher und das Angebot noch viel besser. Ein Blick in die Preisvergleich-Seiten zeigt
uns, dass es bereits vor dem Black Friday viele Gelegenheiten gab, das Produkt um den
Aktionspreis zu kaufen. Beispielsweise war das Produkt Ende September nur vier Euro teurer
als beim „unschlagbaren Black Friday Deal“ (Geizhals-Preisvergleich; 2021). Uns bleibt folglich
ein fader Beigeschmack. Wir wurden „Opfer“ der Black Friday Werbung und stellen uns die
Frage, ob wir die Zahnbürste überhaupt kaufen wollten.

Abschließend wollen wir dir mitteilen, dass wir zukünftig die Black Friday Deals mit Vorsicht
genießen werden. Das bedeutet nicht, dass wir beim nächsten Black Friday nicht auf
Schnäppchenjagd gehen wollen. Wir kennen nun die Vorgehensweise der Anbieter*innen
besser und wollen künftig die Angebote vorerst auf Preisvergleich-Seiten bewerten und
abwägen, ob sich der Kauf auszahlt oder nicht.

Literaturverzeichnis

Ackert, L., & Deaves, R. (2009). Behavioral finance: Psychology, decision-making, and markets. Cengage
Learning.

Byun, S.-E. & Sternquist, B. (2012). Here today, gone tomorrow: Consumer reactions to
perceived limited availability, Journal of Marketing Theory and Practice, 20(2), 223-234.
https://www.jstor.org/stable/23243817 [Letzter Aufruf: 27.11.21]

DerStandard (26.11.2021). Schnäppchenfalle Black Friday: Worauf man beim Einkauf achten muss.
https://www.derstandard.at/story/2000131437922/schnaeppchenfalle-black-friday-worauf-manbeim-
einkauf-achten-muss [Letzter Aufruf 29.11.21]

Felser, G. (2015). Prinzipien der sozialen Urteilsbildung. In Georg Felser (Hrsg.) Zur Psychologie der
Kaufentscheidung, (133-154). Berlin Heidelberg: Springer Gabler.

Geizhals-Preisvergleich (27.11.2021). https://geizhals.at/philips-hx9903-03-sonicare-diamondcleansmart-
weiss-a1703323.html [Letzter Aufruf: 27.11.2021]

Herbe, A.-C. (22.11.2018) Psychologie der Schnäppchenjagd: Am "Black Friday" vergisst das Gehirn
alles andere. DW. https://www.dw.com/de/psychologie-der-schnäppchenjagd-am-black-fridayvergisst-
das-gehirn-alles-andere/a-46389306 [Letzter Aufruf 29.11.2021]

Hodkinson, C. (2016). Fear of Missing Out (FOMO) marketing appeals: A conceptual model. Journal
of Marketing Communications, 25(1), 65-88. Doi: 10.1080/13527266.2016.1234504

Offerista (11.11.2021). Immer mehr Österreicher:innen hoffen auf einen Black Friady-Deal. Offerista
Reiter PR. https://www.reiterpr.com/aktuell/978-immer-mehr-österreicher-innen-hoffen-aufeinen-
black-friday-deal [Letzter Aufruf: 24.11.21]

Spreer, P. (2018). Library von Behavior Patterns. In Philpp Spreer (Hrsg.), PsyConversion, Wiesbaden:
Springer Gabler.

Siebrecht, O. (24.11.2017). Kauf-nichts-Tag. Warum wir am Black Friday nichts kaufen sollten. ZEIT
Online, https://www.zeit.de/zett/2017-11/warum-wir-am-black-friday-nichts-kaufen-sollten
[Letzter Aufruf: 27.11.21]

Tversky, A., & Kahneman, D. (1981). The Framing of Decisions and the Psychology of Choice. Science,
211(4481), 453-458.

Tversky, A., & Kahneman, D. (1979). Prospect Theory: An Analysis of Decision under Risk.
Econometrica, 47(2), 263-292.

Wächter, O. (2021). Black Friday, Cyber Monday, Schlussverkäufe: Warum wir Rabatten nur schwer
widerstehen können. Kurier, https://kurier.at/wirtschaft/karriere/black-friday-cyber-mondayschlussverkaeufe-
warum-wir-rabatten-nur-schwer-widerstehen-koennen/401818864 [Letzter
Aufruf: 27.11.21]

ZEIT Online [2021], Rabatte. Wann Produkte günstiger sind als am Black Friday. ZEIT Online.
https://www.zeit.de/news/2021-11/19/wann-produkte-guenstiger-sind-als-am-black-friday
[Letzter Aufruf: 19.11.21]

Abbildungsverzeichnis:

Abbildung 1:
https://www.mediamarkt.at/de/product/_philips-sonicare-diamondclean-smart-hx9903-03-
elektrische-zahnbürste-in-weiß-1616876.html

Abbildung 2:
https://www.cleverreach.com/de/push/black-friday/black-friday-15-best-practice-beispielenewsletter-
kreativ-einsetzen/

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