Warum leugnen manche Menschen die globale Erwärmung?

Wissenschaftlichen Akademien aller großen Industriestaaten sind sich einig. Die Klimaerwärmung existiert und ist vom Menschen verursacht. (Mann & Tolles, 2018)

Wintersemester 2020: Mario Foidl

Klimawandel

Abbildung 1: Von Gerhard Mester - Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V., CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=42626993 

Als ich letztens wieder einmal auf Social Media unterwegs war, viel mir eine Gruppe namens „Die Klimakrise gibt es nicht“ auf. Bei näherer Betrachtung hat sich gezeigt, dass zahlreicher Versuche diese Gruppe mit Daten und Fakten umzustimmen, erfolglos blieben. Da Stellte sich mir die Frage, wie es sein kann, dass Fakten und Tatsachen dermaßen ignorieren werden, und warum leugnen Menschen den wissenschaftlichen Konsens der Klimaforschung?

In der wissenschaftlichen Literatur wird eine Vielzahl von möglichen Ursachen und Faktoren für das Bestreiten der menschengemachten Erderwärmung diskutiert. Ein Grund der Leugnung sind unterschiedliche Effekte aus der Psychologie und Soziologie. Personen sind nicht frei von Denkfehlern, die für das meist absurde denken und handeln von Menschen verantwortlich sind. Was die Klimaskeptiker und Klimaleugner angeht, könnte die Kognitive Dissonanz, Confirmation Bias und der Dunning-Krüger Effekt eine besondere Rolle spielen. 

Gibt uns die Psychologie Antworten?

Sehen wir uns zunächst einmal an, warum Menschen überhaupt etwas ignorieren oder leugnen. Aus psychologischer Sicht kann es zum Beispiel sein, dass eine Leugnung durch einen unangenehm empfundenen Gefühlszustand hervorgerufen werden kann. (Björnberg, 2015) Forscher nennen dieses Phänomen „Kognitive Dissonanz“. Was genau passiert nun? Das Nachdenken über den Klimawandel kann eine Reihe negativer Gefühle wie Angst, Beklemmung, Schuld oder Hilflosigkeit auslösen. Dadurch entsteht eine innere Unruhe. Diese Unruhe ist auf Dauer schwer zu ertragen und kann unterschiedlich bewältigt werden . Entweder kann man eine konkrete Handlung zur Bewältigung des Problems tätigen und gegebenfalls sein Verhalten ändern, oder man verändert seine Einschätzung des Problems, indem man es ignorieren oder leugne. Meiden und Leugnen sind hierbei umso wahrscheinlicher, je unangenehmer oder schwieriger eine konkrete Verhaltensänderung ist oder je mehr sich Personen überwältigt, beschämt, hoffnungslos oder hilflos fühlen.( Jylhä, 2017) Überzeugen durch Fakten? Fehlanzeige

Doch kann man jetzt nicht einfach Personen mit wissenschaftlichen Daten oder Fakten überzeugen, sodass sie es gar nicht mehr leugnen können? Meiner Erfahrung nach erweist sich das meist als schwierig, ein Grund dafür könnte der Confirmation Bias, zu deutsch Bestätigungsfehler, sein. Studien zeigen, dass wir Informationen selektiv wahrnehmen, nämlich immer genau so, wie sie zu unserem Weltbild passen. (Jylhä, 2017) Dies kann dazu führen, dass Personen die von Haus aus an der Klimakrise zweifeln, Beweise gegen ihre innere Einstellung unterbewusst als unwichtig einstufen oder sogar ignorieren. Hingegen werden Informationen, die zu den Anschauungen der Person passen, eher als wichtig eingestuft. So kann es beispielsweise sein, dass ein einziger Bericht der den Klimawandel anzweifelt, für aussagekräftiger gehalten wird, als 100 Berichte die ihn bestätigen. Kling absolut unlogisch, könnte aber theoretisch so sein wenn die innere Einstellung des Bewerters stark genug ist. Zusätzlich haben Forscher herausgefunden, dass Menschen häufig Informationen ausschließlich von denjenigen Personen akzeptieren, denen sie vertrauen, wenn die eigenen Ansichten nicht mit den dominierenden Ansichten in einer gesellschaftlichen oder politischen Gruppe übereinstimmen. (Björnberg, 2015) Leider vertrauen Klimaskeptiker „echten“ Experten scheinbar nicht, was mich zum nächsten Thema führt. 

Jeder ist auf einmal Experte

Man kennt es: Möchtegern Experten im Internet die glauben, alles zu verstehen. Auch das Thema Klima bleibt nicht verschont. Forscher haben nun herausgefunden, dass ebenso fehlendes wissenschaftliches Verständnis eine Rolle im Leugnen von Klimawandel spielen kann (Björnberg, 2015). Für manche Menschen ergibt sich ein Widerspruch zwischen menschlicher Intuition und wissenschaftlichen Erklärungen. Doch anstelle sich selbst zu hinterfragen wird lieber die Wissenschaft angezweifelt (Lewandowsky, 2016). Unterstützend hierbei kann auch der sogenannte Dunning-Kruger-Effekt sein. Bei diesem Effekt besitzen Personen nicht genügend Kenntnisse, um die eigene Unwissenheit ausreichend einschätzen zu können. Ausgerechnet jene, die in einem Gebiet eher inkompetent sind, überschätzen ihre Kompetenz systematisch, weil sie nicht wissen können was wahre Kompetenz ist. (Kruger & Dunning, 1999) Dies kann dazu führen, dass vom Dunning-Kruger Effekt betroffene Personen die Arbeit von echten Experten und Forschern falsch beurteilten oder schlichtweck nicht glauben. (Torcello, 2016)

Fazit: Menschen leugnen den Klimawandel oder ignorieren Fakten zum Teil weil sie unterbewusst einen Denkfehler machen. Wir können das Handeln und Denken von Menschen manchmal nur schwer nachvollziehen, ärgern uns vielleicht sogar über Menschen die Klimaerwärmung leugnen. Zur Tröstung: Manchmal sind sich diese Menschen ihres Irrsinns wahrscheinlich nicht einmal bewusst. Natürlich sind Denkfehler nicht der einzige Grund für eine Klimaleugnung. Es gibt auch wirtschaftliche oder politische Motive. Aber aus meiner Sicht gehören Denkfehler durchaus zu den spannendste Gründen. 

Literaturverzeichnis

Michael E. Mann, Tom Toles (2018) Der Tollhauseffekt. Wie die Leugnung des Klimawandels unseren Planeten bedroht, unsere Politik zerstört und uns in den Wahnsinn treibt.

Karin Edvardsson Björnberg (2015) Climate and environmental science denial: A review of the scientific literature published in 1990–2015. In: Journal of Cleaner Production.

Kirsti M. Jylhä (2017) Denial Versus Reality of Climate Change. In: Dominick A. DellaSala, Michael A. Goldstein (Hrsgs.) Encyclopedia of the Anthropocene

Stephan Lewandowsky (2016) Future Global Change and Cognition. In: Topics in Cognitive Science

Justin Kruger, David Dunning (1999) Unskilled and unaware of it: How difficulties in recognizing one’s own incompetence lead to inflated self-assessments. In: Journal of Personality and Social Psychology.

Lawrence Torcello (2016) The Ethics of Belief, Cognition, and Climate Change Pseudoskepticism: Implications for Public Discourse. In: Topics in Cognitive Science.

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Von Gerhard Mester - Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V., CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=42626993 

 

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