EU-Emissionshandelssystem (EU-EHS)

Kann die Implementierung eines Mindest- und Maximalpreises das EU-EHS effizienter gestalten und zu mehr Investitionen in emissionsverringernde Technologien beitragen?

Sommersemester 2022: Gabriel Geppert und Moritz Nigg

Einleitung

Das EU-Emissionshandelssystem (EU-EHS) ist das wichtigste Instrument der Europäischen Union, um die Erreichung ihrer Emissionsziele sicherstellen zu können. Das EU-EHS trat am 1. Januar 2005 in Kraft und war damals das erste grenzüberschreitende Emissionshandelssystem. Bis heute stellt es den weltweit größten Markt für Emissionszertifikate dar und nimmt international eine Vorreiterrolle für Emissionshandelssysteme ein. Das EU-EHS erfasst und beschränkt Emissionen in allen EU-Mitgliedsstaaten, sowie in Island, Liechtenstein und Norwegen (EEA-EFTA Staaten). Rund 14.000 Produktionsstätten, Kraftwerke und Fluglinien sind im EU-EHS als Emittent*innen registriert. Insgesamt erfasst das EU-EHS damit rund 40 Prozent der Treibhausgasemissionen innerhalb der Europäischen Union (Europäische Kommission, 2022).

Die umweltpolitische Wirksamkeit des EU-EHS ist jedoch umstritten (Martin et al., 2013). In Folge eines Überangebots von Zertifikaten und eines geringeren Verbrauchs als angenommen, stürzte der Preis von EUA in Phase III auf teils unter fünf Euro/t CO2 ab. Dies führte zu einem deutlich geringeren Anreiz, in klimaschonende Technologie zu investieren (Kohlendioxidpreis abgerufen auf Wallstreet-online.de, 2022).

Ich befasse mich mit dieser Forschungsfrage, da Emissionsmärkte der primäre Ansatz sind, den Regierungen weltweit für die Reduzierung von Treibhausgasen verfolgen (Swan, 2020). Emissionshandelssysteme bieten eine Möglichkeit, Emissionsreduktionen kosteneffizient über Marktmechanismen zu erreichen und die große Herausforderung, die der Klimawandel darstellt, im Rahmen eines neoklassischen Wirtschaftsverständnis zu lösen. Mit dieser Arbeit soll ein Beitrag zur Verbesserung dieses Systems geleistet werden, da ich davon überzeugt bin, dass ein besser funktionierender Emissionshandel technologische Innovation fördert, Externalitäten internalisiert und damit eine drohende Klimakatastrophe abwenden kann.

Problemstellung

 EU Emissionshandelssystem

Abbildung 1 Kursverlauf EUA (investing.com,2022)

Konkret möchte die EU alle Treibhausgasemissionen bis 2050 um 80 bis 95 Prozent reduzieren (Europäische Kommission, 2022). Gleichzeitig wird festgehalten, dass diese Reduktion kosteneffektiv und ökonomisch effizient geschehen soll. Um dies zu gewährleisten, muss das EU-EHS beobachtbar Investitionen in treibhausgasreduzierende Technologien steigern, sowie deren Entwicklung vorantreiben. Werden die Treibhausgasemissionen lediglich durch eine Reduktion des Outputs erreicht, verstößt dies gegen die formulierte Bedingung der ökonomischen Effizienz und beschädigt darüber hinaus die Wettbewerbsfähigkeit von europäischen Emittent*innen (Knopf et al., 2014).

Sinkt der Preis von EUA unter eine gewisse Grenze, trägt das EU-EHS nur mehr einen geringen Teil zu Entwicklung und Investitionen in treibhausgasreduzierende Technologie bei. Damit wird nicht das volle Potenzial an Treibhausgasreduktionen ausgeschöpft. In weiterer Folge könnte damit auch das Szenario eintreten, dass Emittent*innen den Investitionsbedarf aussitzen, da sie antizipieren, dass genügend andere Emittent*innen investieren und damit den Gesamtausstoß so weit reduzieren, dass die Zertifikate wiederum günstiger als die Investitionen sind. Schlussendlich könnte das zu einem großen Vertrauensverlust der investierenden Emittent*innen führen, die diese Strategie anschließend übernehmen, womit die gesamte politische Zielsetzung gefährdet wäre (Venmans, 2016).

Auf der anderen Seite gefährdet ein sehr hoher und volatiler Zertifikatspreis den Wirtschaftsstandort und die Wettbewerbsfähigkeit von Emittent*innen. Die Preisrallye von 2021, bei dem der Preis von Zertifikaten innerhalb weniger Monate auf über EUR 90,- anstieg veranschaulicht die Gefahren, die ein Markt mit strikt begrenztem Angebot birgt und zeigt Handlungsbedarf auf.

Die Implementierung eines Preiskorridors im EU-EHS

Eine Lösungsmöglichkeit für die oben angeführten Probleme ist die Einführung eines Preiskorridors, sprich eines Mindest- und Maximalpreises für Zertifikate. Dieser würde sicherstellen, dass Entwicklung und Investitionen in treibhausgasvermindernde Technologien angeregt werden, da Emittent*innen nicht mehr auf einen erneuten Preisverfall spekulieren können, während Spekulationsblasen gleichzeitig durch den Maximalpreis verhindert werden.
Die US Regional Greenhouse Gas Initiative hat einen solchen Preiskorridor bereits in Form der „Cost Containment Reserve“ (CCR) und der „Emissions Containment Reserve“ (ECR) implementiert. Fällt der Preis von Emissionsberechtigungszertifikaten unter USD 6,- (2021) werden weniger Zertifikate ausgegeben und in die ECR aufgenommen. Steigt der Preis über USD 13,- (2021) werden weitere Zertifikate aus der CCR ausgegeben. Das US RGGI besteht seit 2009 und auktioniert vierteljährlich. Die dabei erzielten Preise lagen immer im Korridor, in der Vergangenheit oft an der Mindestgrenze, im Dezember 2021 jedoch an der Maximalgrenze, was Evidenz dafür bietet, dass das Korridordesign in der Praxis in beide Richtungen robust ist (RGGI, 2022).

Mögliche Probleme und Fazit

Ein mögliches Problem, das mit der Einführung eines Preiskorridors einhergehen könnte, wäre eine reduzierte ökologische Effektivität, wenn die Reservegröße zu hoch und der Maximalpreis zu niedrig angesetzt würde. Die Anpassung der Preisgrenzen stellt ebenfalls eine Herausforderung dar. Ein Preiskorridor sollte lediglich Extremsituationen in beide Richtungen vermeiden und nicht als CO2-Steuer über Umwege fungieren, sondern die Preisbildung weitestgehend über Marktmechanismen erreichen. Können diese Probleme gelöst werden, stellt ein Preiskorridor eine mögliche Weiterentwicklung des EU-EHS dar und kann einen entscheidenden Beitrag zur Investition in emissionsverringernde Technologien leisten.

Quellen:

Europäische Kommission. (2022). Development of EU ETS (2005-2020). Europäische Kommission. https://ec.europa.eu/clima/eu-action/eu-emissions-trading-system-eu-ets/development-eu-ets-2005-2020_en

Kohlendioxidpreis abgerufen auf investing.com. (2022). historischer Kursverlauf des EUA-Preis. https://de.investing.com/commodities/carbon-emissions

Kohlendioxidpreis abgerufen auf Wallstreet-online.de. (2022). Kohlendioxidpreis - historische Kurse. https://www.wallstreet-online.de/rohstoffe/kohlendioxid-preis/historische-kurse

Martin, R., Muuls, M. & Wagner, U. J. (2013). The Impact of the EU ETS on Regulated Firms: What is the Evidence after Eight Years? SSRN Electronic Journal. Vorab-Onlinepublikation. https://doi.org/10.2139/ssrn.2344376

Swan, M. G. (2020). The EU ETS: A Critical Analysis. Denver. University of Denver. https://digitalcommons.du.edu/cgi/viewcontent.cgi?article=2843&context=etd

Knopf, B., Koch, N., Grosjean, G., Fuss, S., Flachsland, C., Pahle, M., Jakob, M. & Edenhofer, O. (2014). The European Emissions Trading System (EU ETS): Ex-Post Analysis, the Market Stability Reserve and Options for a Comprehensive Reform: Nota di Lavoro 79.2014. Milan, Italy. Fondaziione Eni Enrico Mattei.

Venmans, F. M. J. (2016). The effect of allocation above emissions and price uncertainty on abatement investments under the EU ETS. Journal of Cleaner Production, 126, 595–606. https://doi.org/10.1016/j.jclepro.2016.02.108

RGGI. (2022). RGGI Auction Results. US RGGI. https://www.rggi.org/auctions/auction-results

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