Sommersemester 2022: Fabio Höller und Christian Auer
Der Begriff Nudging ist seit der Digitalisierung und dem uneingeschränkten Zugang zum Internet ein heiß diskutiertes Thema. Dabei stellt sich allerdings die Fragen, welche Vorteile wirklich für den Konsumenten entstehen und ab wann dieses gezielte Anstupsen in eine Richtung zum Problem für den Konsumenten werden kann?
Der Begriff „Nudge“ wurde erstmal in einem Buch mit demselben Titel verwendet, um jeden Aspekt der Entscheidungsarchitektur zu beschreiben, der das Verhalten der Menschen auf vorhersehbare Weise verändern kann. Dabei ist allerdings zu erwähnen, dass die Verhaltensänderungen bei der Entscheidungsfindung ohne Verbote oder der Ausübung von Zwang erreicht werden soll. (Marteau et al., 2011) Diese sogenannten Nudges müssen zugleich leicht und ohne großen Aufwand zu umgehen sein und die Wahlfreiheit bei der Entscheidungsfindung muss erhalten bleiben. Es handelt sich dabei also nur um ein Anstoßen und keine Verordnung oder ein Verbot. (Thaler & Sunstein, 2009)
Nudging ist in der digitalen Welt von enormer Bedeutung. Da immer mehr Menschen Einkäufe und Entscheidungen über digitale Geräte treffen, werden die Designer von Benutzeroberflächen zu Architekten der Auswahlmöglichkeiten, die wissentlich die Entscheidungen der Menschen mit gezielten Tricks und der Platzierung von Patterns beeinflussen. (Schneider, Weinmann, & Vom Brocke, 2018). Diese Dark Patterns werden im User Experience- und User Interface-Design gestaltet und sollen den Konsumenten zu einem Verhalten bewegen, das er zu Beginn nicht verfolgt hat und nicht in seinem Interesse lag. Täuschungen und Trick, werden auf Websites und Apps verwendet und sollen zum Kauf oder zu einer Anmeldung anregen. Diese Dark Patterns im Nudging können also als gezielte Täuschungen im E-Commerce Bereich bezeichnet werden und bewegen sich oft an der Grenze der Legalität. (Özedemir, 2019)
Das gesamte Internet ist mit einer großen Anzahl an verschiedenen Dark Patterns überflutet. Egal ob auf Amazon, Facebook oder auf diversen anderen Plattformen, man wird innerhalb von kürzester Zeit bewusst oder unbewusst mit einem dieser gezielten Nudges in Kontakt geraten.
Wie kommt dieser Artikel plötzlich in meinen Warenkorb, ich hab doch gar nicht danach gesucht? Dieser häufig verbreitete Dark Pattern wird als „Sneak Into Basket“ bezeichnet und ist dir bei einem deiner Onlinekäufe bestimmt schon einmal aufgefallen. Du versuchst einen bestimmten Artikel zu kaufen, aber auf dem Weg zum Check-out legt dir die Website heimlich einen zusätzlichen Artikel in deinen Einkaufskorb. (Brignull, 2010) Dieser Trick wird oft durch die Verwendung einer Opt-Out Funktion oder der Bestätigung eines Kontrollkästchens auf einer Seite durchgeführt. Bei einer schnellen Abwicklung des Zahlungsvorgangs können so schnell unbewusst ungewünschte Artikel gekauft werden.
Oder hast du schon einmal versucht deinen Facebook oder Amazon Account zu löschen nicht so einfach, stimmts? Vermutlich hast du gedacht, dass es einen einfachen Weg gibt, um dein Konto sofort zu löschen und nach einem Link für „Benutzerkonto löschen“ gesucht. Allerdings verbirgt sich auch hier ein gezielter Trick der Unternehmen, um dich davon abzuhalten dein Konto zu löschen und weiter ein Teil der Community zu bleiben. Es ist natürlich möglich das Konto zu löschen, allerdings fühlt sich die Suche nach der „Benutzerkonto löschen“ Funktion schwieriger an als die Nadel im Heuhaufen zu finden. Dieses verwendete Muster der Unternehmen wird als „Roach Motel“ bezeichnet. (Brignull, 2010) Es soll dem Kunden dabei helfen, einfach in eine bestimmte Situation zu kommen, macht es dem Kunden allerdings schwer wieder aus dieser Situation herauszukommen.
Welche Möglichkeiten gibt es für Konsumenten, um sich gegen Dark Patterns im Internet zu schützen?
Allgemein ist es schwierig gegen diese Tricks der Websites vorzugehen, weil es noch keine allgemein einheitlichen Regulierungen dagegen gibt. Es gibt eine große Anzahl von diesen Dark Patterns und deshalb ist es schwierig alle sofort zu erkennen und gezielt darauf zu reagieren. Die beste Möglichkeit, um sich zu schützen besteht darin, dass man bewusst auf diese Tricks und Täuschungen auf den verschiedenen Websites achtet und gewisse Ähnlichkeiten erkennt und sich mit anderen NutzerInnen darüber austauscht. Sind einem die Tricks einmal bewusst, fällt man auch seltener darauf rein und die Dark Patterns verlieren ihre Wirkung. Außerdem wollen die EU-Abgeordneten die Manipulationstechniken im Netz verbieten und das Datensammeln für Online-Werbung einschränken. Für die Dark Patterns soll ein eigener Artikel geschaffen werden, der gezielte Tricks der Websites verbietet. NutzerInnen sollen davor geschützt werden, dass immer und immer wieder um die Zustimmung zur Verwendung persönlicher Daten gefragt wird.
Literaturverzeichnis
Özedemir, S. (2019). Digital nudges and dark patterns: The angels and the archfiends of digital communication.
Brignull, H. (2010). Dark Patterns. Abgerufen am Mai 2022 von https://www.deceptive.design/types/roach-motel
Marteau, T., Ogilvie, D., Roland, M., Suhrcke, M., & Kelly, M. (2011). Judging nudging: can nudging improve population health? Bmj(342), S. 2.
Schneider, C., Weinmann, M., & Vom Brocke, J. (2018). Digital Nudging: Guiding Online User Choices through Interface Design.
Thaler, R., & Sunstein, C. (2009). Nudge: Wie man kluge Entscheidungen anstößt.