Auf welcher Art und Weise wirkt sich Gruppenzwang (Group Influence) auf die Entscheidungsfindung eines Individuums aus?

“Was hosch du scho wiedr für an hetziga Lumpa ah” oder für alle, die nicht fließend im vorarlbergischen Dialekt sind: “Was trägst du schon wieder für ein komisches Kleidungsstück?”

Sommersemester 2021:  Nathalie Düngler und Naomi Maya Scherrer

“Was hosch du scho wiedr für an hetziga Lumpa ah” oder für alle, die nicht fließend im vorarlbergischen Dialekt sind: “Was trägst du schon wieder für ein komisches Kleidungsstück?”

Dabei handelt es sich um eine nicht so ganz unübliche Art und Weise ein Gespräch am täglichen Mittagstisch in der Familie  Zuhause zu starten. Ein innerlicher Applaus an die eigene Mutter für den tollen Eisbrecher. Meine jüngere Schwester, eine selbst
ernannte Trendsetterin, antwortet darauf ohne eine Sekunde nachzudenken mit der klaren Aussage: “Boa Mama des isch koa Glump - hosch scho mol was vo Vintage ghört - des isch voll in, alle Meigana rennan etz so uma!” oder übersetzt in die deutsche Sprache: “Mama das ist nicht nutzlos oder komisch, hast du schonmal was von Vintage gehört, das ist jetzt total im Trend!- alle Mädchen laufen jetzt so herum.” Als Antwort auf diese Aussage bekommt sie nur das typische Augenrollen der Eltern, das wir alle nur zu gut kennen. Auch ich habe mich öfters dabei erwischt, wie ich meine Augen gerollt habe, doch langsam beginne ich es zu verstehen. Zu verstehen, wie sich Gruppenzwang auf die eigene Entscheidungsfindung auswirkt, auf das, was ich gestern getragen habe, heute trage und was Morgen getragen wird, nur um ein Zusammengehörigkeitsgefühl zu verspüren. In der heutigen Zeit der Fast-Fashion Industry und den gefühlt nie endenden neuen Trends, ist es nicht unüblich, dass durch Gruppenzwang die eigene Entscheidungsarchitektur eines einzelnen Individuums umgeformt wird. Die Frage, welche sich dabei herauskristallisiert ist: Mit welcher Art und Weise sich Gruppenzwang, besonders in der Entscheidungsfindung einer Person einbettet und durch Handlungen reflektiert wird?

Heutzutage empfinden die Meisten, dass Zugehörigkeit bzw. Konformität einen wichtigen Wert in einer Gesellschaft darstellen. Das unten kurz beschriebene psychologische Experiment soll einen Einblick in die Natur des Menschen zeigen.

Konfomitätsexperiment nach Asch

Das Asch- Experiment kann uns sehr viel über Gruppenzwang und Entscheidungsfindung beibringen. Die Originalstudie wurde im Jahr von 1951 von Asch entwickelt und seitdem gibt es viele die diese Studie nachgestellt haben. Der Aufbau des Experiments ist jedoch fast immer gleich und ganz einfach. In einem Raum wird eine Gruppe von Studierenden platziert und eine Aufgabe gegeben. Den TeilnehmerInnen werden zwei Karten gezeigt. Auf der ersten Karte befindet sich ein einziger vertikaler Strich, auf der zweiten Karte befinden sich 3 unterschiedlich lange vertikale Striche. Die Studierenden müssen nun ermitteln, welcher der drei Striche der zweiten Karte genau gleich lang ist, wie der Strich auf der ersten Karte. Klingt simpel - ist es auch. Doch es wäre kein psychologisches Experiment, wenn es nicht mindestens einen Haken gibt. Das Besondere in diesem Experiment ist es, das alle außer genau einem Teilnehmer eingeweiht sind. Die Eingeweihten geben dann mit Absicht dieselbe falsche Lösung an. Asch wollte jetzt herausfinden, wie eine offensichtlich falsche Mehrheitsmeinung die wahre Minderheitsmeinung beeinflusst. Das Ergebnis ergab, dass die Versuchsperson in mehr als 75% der Fälle sich mindestens einmal der Gruppe anschließt und das falsche Ergebnis sagt. In 5% der Fälle hat sich die Versuchsperson immer der Antwort der Mehrheit angepasst und somit nie auf sein eigenes rationales Denken verlassen. (Sima, 2020)

Betrachtet man diese Begebenheiten, so kann man Parallelen in der Entscheidungstheorie finden. Die Normativ Decision Theory und die Descriptive Decision Theory beschreiben auch das Problem der Entscheidungsarchitektur. Die Normativ Decision Theory beschreibt wie sich Individuen entscheiden sollten, um ihr eigenes Interesse und ihre eigene Meinung zu vertreten. Auf der anderen Seite besagt die Descriptive Decision Theory, wie sich diese Individuen wirklich entscheiden und warum (Kirchler, 2021). Jugendliche entscheiden meist nicht aus eigener Überzeugung, sondern sie entscheiden im Einklang mit den Normen und Werten ihrer peer group. Group Influence (Gruppenzwang) kann dabei das Kaufverhalten von Kunden beeinflussen, die wiederum von ihren Familienmitglieder und Freunden widergespiegelt werden. Group Influence wird von uns meist unbemerkt praktiziert und ist ein psychologisches Phänomen. Um Verbraucher zu überzeugen, müssen dabei wirkungsvolle Marketingstrategien eingesetzt werden. Bei erfolgreicher Durchführung dieser Strategien soll Vertrautheit und insbesondere eine ausgeprägte Wahrnehmung der Marke erreicht werden. 

Stellt man sich die Frage “Was hat das jetzt mit mir zu tun?”, dann lässt sich diese leicht beantworten. Viele von uns können sich in mindestens eine Situation zurückversetzen, in der Gruppenzwang eine Rolle auf unsere Entscheidung spielte. Sei es bei simplen Abstimmungsfragen im Hörsaal oder einfachen täglichen Gegebenheiten, wie die nervenaufreibende Kunst zu entscheiden was heute in den Magen kommt. Überlegt man diese unterschiedlichen Situationen, dann wird uns klar, dass wir nicht nur einen, sondern gleich zehn Schritte hinter dem Homo oeconomicus sind. Es wird nie leicht sein zu rebellieren und den gesellschaftlichen Trends zu entkommen, doch springt man nicht ins kalte Wasser, dann würde man nicht dort stehen, wo man heute ist. Also, trausch du di andersch zum si?

Literaturverzeichnis

Kirchler, M. (2021). VU Folien: Decision Theory. Universität Innsbruck VO Betriebliche
Entscheidungen SS2021.
Sima, J. (19. November 2020). Karriere Bibel. Von https://karrierebibel.de/asch-experiment/
abgerufen

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