Mehr zur Geschichte der Sternwarte

Etwa seit Beginn des 19. Jahrhunderts wurden den Innsbrucker Studenten Astronomiekenntnisse vom jeweiligen Inhaber der Lehrkanzel für Mathematik vermittelt. 1888 trat mit Eduard Freiherr von Haerdtl der erste Astronom seinen Dienst an der Universität an, es gab damals aber noch keine Sternwarte.

Das änderte sich erst, als Egon von Oppolzer im Jahr 1901 als Professor für Astronomie an die Innsbrucker Universität berufen wurde. Geboren wurde Oppolzer 1869 in Wien als Sohn des berühmten Astronomen Theodor von Oppolzer. Wie damals nicht unüblich, trat der Sohn in die Fußstapfen des Vaters. Nach seiner Studienzeit in Wien und München arbeitete Egon von Oppolzer an den modernsten Sternwarten Europas. Spätestens in diesem Lebensabschnitt fasste er wohl den Entschluss, nach eigenen Plänen und mit eigenen Mitteln eine Sternwarte zu gründen.

Bereits vor 1901 hatte Oppolzer ein Angebot für eine außerordentliche Professur an der Deutschen Universität in Prag bekommen. Er lehnte das Prager Offert dankend mit folgender Begründung ab: „Ich ziehe es vor in Innsbruck ernannt zu werden, vornehmlich deshalb, weil mir dieser Ort besser geeignet scheint.“ Die Stadt inmitten der Berge bot seiner Meinung nach alles, was nötig war, um astronomische Forschung zu betreiben: Es gab eine Universität, genügend Platz für eine Sternwarte, vor allem aber klare Luft und dunkle Nächte.

Bei den meisten Sternwarten dieser Zeit war das anders. Sie lagen inmitten von Großstädten, die ihre Umgebung mit Licht „verschmutzten“. Dieses Licht erhellt den Nachthimmel und vermindert dadurch die Qualität der Ergebnisse der nächtlichen Beobachtungen. Neben dem Licht waren auch noch die Erschütterungen durch den Straßenverkehr, der in den großen Städten auch in der Nacht nicht zum erliegen kam, ein Problem für die empfindlichen Instrumente. Klare Luft und dunkle Nächte stellten dagegen im „provinziellen“ Innsbruck kein Problem dar.

Bereits kurz nach seiner Ankunft 1902 kaufte Egon von Oppolzer ein großes Grundstück am damaligen Innsbrucker Stadtrand. Auf diesem Stück Land befand sich bereits eine stattliche Villa, in der der Astronom Quartier bezog. Im Garten errichtete er 1904 die Sternwarte, die er mit dem Verkauf seiner wertvollen ererbten Gemäldesammlung finanzierte; die Familie Oppolzer hatte sich im 19. Jahrhundert einen gewissen Wohlstand erwirtschaftet.

Die Sternwarte selbst wurde mit modernsten Materialien gebaut. Die Wände waren aus Wellblech und Glas, das tragende Gerüst aus Eisenbeton und der Dachstuhl aus Holz gefertigt. Diese „Leichtbauweise“ ermöglichte es, etliche Probleme, die an vielen anderen Sternwarten existierten, auszuschalten. Die meisten Observatorien dieser Zeit hatten ja neben ihrer eigentlichen Aufgabe, der Beobachtung der Gestirne, noch eine weitere Funktion zu erfüllen: Repräsentation. Deshalb waren Sternwarten, wie auch die in Wien, wahre Prunkbauten mit meterdicken Wänden und wunderschön ausgestalteten Fassaden. Für die astronomische Beobachtung war dies jedoch von Nachteil. Um ein exaktes und unverzerrtes Bild zu erhalten, muss ein Teleskop und dessen Umgebung die gleiche Temperatur wie die Luft außerhalb des Observatoriums haben. Der abendliche Temperaturausgleich zu Beginn einer jeden Beobachtungsnacht sollte also rasch stattfinden – je dicker die Wände, desto länger dauert aber dieser Vorgang. In Innsbruck war das kein Problem, da die dünnen Wände aus Wellblech und Glas kaum Wärme und Kälte speicherten. So konnte der Ausgleich schnell durchgeführt und die Beobachtungsnacht optimal ausgenützt werden.

Die eigentlichen Bauarbeiten dauerten ein Jahr. 1904 war die Sternwarte fertig und Oppolzer begann mit dem Aufbau der Instrumente. In der relativ knappen Bauzeit entstanden zwei Gebäude, ein größeres Haupthaus mit zwei Stockwerken und eine kleine, freistehende Kuppel. Im ersten Stock des Hauptgebäudes, dem sogenannten Meridianraum, wurden drei Teleskope aufgestellt und in der freistehenden Kuppel eines. Sämtliche Instrumente stehen auf wuchtigen Betonsäulen. Diese Pfeiler reichen mehrere Meter tief in die Erde und sind nicht mit dem Rest des Gebäudes verbunden. Diese Bauweise wurde gewählt, um sämtliche Teleskope schwingungsentkoppelt aufzustellen, keinerlei störende Vibration sollte die Messgenauigkeit der Teleskope verringern. Nachdem der Bau abgeschlossen war, begann Egon von Oppolzer damit, seine Sternwarte in Betrieb zu nehmen. An eine Beobachtungsreihe war aber noch nicht zu denken. Wie heute auch in vielen Neubauten üblich, mussten etliche kleinere Mängel am Gebäude beseitigt werden. Noch viel wichtiger war jedoch die Ausrichtung der Teleskope, denn bereits kleinste Ungenauigkeiten können in weiterer Folge zu großen Fehlern in den Berechnungen führen. Da etliche der Teleskope Neukonstruktionen waren, bei denen niemand so wirklich wusste, wie sie genau funktionieren, zogen sich diese Arbeiten über längere Zeit hin.

Neben der Arbeit in seiner Sternwarte war es Oppolzer stets ein Anliegen, sein Observatorium dauerhaft mit der Universität Innsbruck zu verbinden. Gelingen sollte ihm dieses Unterfangen zu Lebzeiten jedoch nicht. Mehrere Versuche schlugen fehl, wobei es stets – wie auch heute oftmals nicht anders – an der Finanzierung scheiterte. Erst zwei Jahre nach dem Tod Oppolzers – er verstarb im Sommer 1907 an einer Blutvergiftung, die er sich bei Gartenarbeiten zugezogen hatte – kam es zwischen seinen Erben und dem Staat Österreich zu einer Übereinkunft: 1909 wechselte die Sternwarte ihren Besitzer und erhielt die Bezeichnung Universitätssternwarte Innsbruck.

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