Das Forschungszentrum

Fachbereiche

In Rahmen des Forschungszentrums HiMAT arbeiten folgende Disziplinen zusammen:

Archäobotanik

Prähistorische und historische Bergbauaktivitäten hinterlassen vielfältige Spuren in der Vegetation und der Umwelt, begründet im damit verbundenen großen Bedarf an Rohmaterialien und der Versorgung der Bergleute mit Nahrungsmitteln. Primär stellen dabei Wälder eine Quelle für Rohmaterial (Holz) dar, sie stehen außerdem als potenzielles Ackerland zur Verfügung. Das Holz wird als Baumaterial für Siedlungen benötigt, dient der Verschalung von Minenschächten und stellt die Hauptenergiequelle für metallurgische Aktivitäten dar (Feuersetzung, Verhüttung etc.).

Fachbereich Archäobotanik

Obwohl bereits mehrere paläoökologische Studien aus Bergbaugebieten in Europa vorliegen, ist das Wissen um die Interaktion zwischen Paläo-Umwelt und Bergbau noch gering. Diese bemerkenswerten Untersuchungen machen die Formung der Kulturlandschaft in Verbindung mit Bergbauaktivitäten bereits deutlich, doch ein eindeutiges paläoökologisches Signal für prähistorischen Bergbau konnte bisher noch nicht ermittelt werden. Der entscheidende Punkt ist dabei, den paläoökologischen Imprint des Bergbaus von dem der Landwirtschaft zu trennen. Neuere geochemische Analysen (Al, Ba, Pb, Cu, Si, Ti, and V) in Torfablagerungen stellen hier einen vielversprechenden Ansatz dar, zusätzlich zu Pollenanalysen zur Rekonstruktion historischer und prähistorischer Verhüttungstätigkeit beizutragen. Ein weiterer sehr hilfreicher Ansatz ist die Holzkohlenanalyse, die in archäologischen Kontexten von Feuersetzungen und Schmelz- oder Verhüttungsplätzen durchgeführt wird, in denen sich die Nutzung der Holzressourcen widerspiegelt. Die Kombination dieser Methoden verspricht eine effektive Herangehensweise, die diversen Auswirkungen des Bergbaus auf die prähistorische Umwelt zu ermitteln.

In Verbindung mit dem Erforschen des anthropogenen Einflusses auf die Vegetation durch Holznutzung konzentriert sich die zweite Zielsetzung auf die Subsistenzstrategie von Bergbaugebieten. Bedingt durch die unterschiedlichen ökologischen und klimatischen Bedingungen in den Untersuchungsgebieten sind auch Bewirtschaftungsweisen zu erwarten, die sich voneinander in Zeit und Raum unterscheiden. Im Alpenraum stellt außerdem die Almwirtschaft einen integralen Bestandteil der Agrarsysteme dar, deren Ursprung jedoch kaum bekannt ist. Einer der ältesten Hinweise stammt aus einem bergbaulichen Kontext, weshalb die Rolle der Almwirtschaft in der Versorgung der Bergleute ebenso Teil der Untersuchungen ist.

Am Ende stellt natürlich auch das Klima einen wichtigen Faktor dar, durch den Lebensräume langfristig beeinflusst und verändert werden. Seit dem Neolithikum sind sind mehrere kurzzeitige Klimaschwankungen bekannt, die Jahrzehnte bis Jahrhunderte dauerten. Sie hatten die Verschiebung von Ökotonen (wie etwa der Waldgrenze) zur Folge und beeinflussten deshalb vermutlich auch Agrarsysteme und Bergbauwesen.

Archäologie

In der Kulturgeschichte haben herausragende technologische Errungenschaften stets die Entwicklung neuer Wirtschafts- und Sozialsysteme gefördert. Dabei hatte kaum eine Entwicklung so einschneidende und weitreichende Folgen wie das Aufkommen der Metallurgie. In der Frühphase, seit dem späten Neolithikum, kann die Verwendung von Metallen vor allem im Zusammenhang mit der Bedeutung von Prestigegütern wie Schmuck und Trachtbestandteilen gesehen werden. Auch Werkzeuge wurden aus dem begehrten Material hergestellt. Während es sich anfänglich noch um fast reines Kupfer handelte, rückten später Legierungen von Kupfer mit anderen Metallen (vor allem Zinn) in den Vordergrund – die Bronzen. Kupfer und Bronze wurden weiträumig verhandelt, was zu einem intensiven Austausch zwischen den Kulturgruppen führte und mit erheblichen Auswirkungen auf die wirtschaftlichen und sozialen Strukturen der prähistorischen Gesellschaft einherging.

Diese Entwicklung führte zu einem besonderen Verhältnis zwischen "Produzent" und "Verbraucher". Die Etablierung und Aufrechterhaltung eines Wirtschaftssystems, das u.a. auf der Nutzung von Gütern aus Metall beruhte, verlangte nach stetigem Nachschub an Rohstoffen. Hierzu wurden Montanreviere erschlossen und Handelsrouten eingerichtet, wie sie schon aus dem Neolithikum bei der Versorgung mit anderen Werkstoffen wie Silex bekannt sind. Aufgrund sehr ergiebiger Kupfererzvorkommen erlangten im Ostalpenraum vor allem die Lagerstättenregionen am Mitterberg (Salzburg) sowie im Raum Kitzbühel (Kelchalm) und Schwaz-Brixlegg im Unterinntal (Nordtirol) eine zentrale Bedeutung für die Metallversorgung großer Teile Mitteleuropas. Eine analoge Situation wiederholte sich im Spätmittelalter mit der Entwicklung eines führenden europäischen Montanzentrums der Silber- und Kupfergewinnung: Schwaz, die "Mutter aller Bergwerke".

Inzwischen belegen zahlreiche Analysen an prähistorischen Metallartefakten, dass große Gebiete in Mitteleuropa und wahrscheinlich auch Teile Nordeuropas mit ostalpinem Kupfer beliefert wurden. Dabei zeichnet sich eine wiederholte Verlagerung von Produktionszentren mit unterschiedlicher Rohstoffbasis ab (z.B. Fahlerze aus dem Bereich des Unterinntales, Kupferkies vom Mitterberg und von der Kelchalm), die sich in geochemischen Analysen der Metallartefakte widerspiegelt. Während die potenziellen Rohstoffquellen für das Kupfer weitgehend bekannt sind, stellen systematische archäologische Untersuchungen zur Rekonstruktion der Produktionskette (Erzabbau, Erzaufbereitung und Verhüttung) mit Infrastruktur, Siedlungswesen, Subsistenz etc. nach wie vor eine zentrale Forschungsaufgabe dar, der mit mittel- bis langfristigen Strategien im Rahmen des FZ HiMAT nachgegangen wird. Dabei gilt der Datierungsfrage eine besondere Aufmerksamkeit, da die ganze Dynamik der Entwicklungen erst durch eine hochauflösende Datierung von Einzelbefunden aufgezeigt werden kann. Neben 14C-Datierungen liefern deshalb die Ergebnisse von dendrochronologischen Untersuchungen eine wesentliche Forschungsgrundlage.

Einen Schwerpunkt der bisherigen Forschungsarbeit bildeten zuletzt Befunde aus dem Bergbaurevier Mauken im Unterinntal (Radfeld-Brixlegg). Hier konnten aus der Zeit zwischen ca. 1.200 und 700 v. Chr. (späte Bronzezeit/frühe Eisenzeit) aufschlussreiche Ausgrabungen zu den Themen Erzabbau, Aufbereitung und Verhüttung durchgeführt werden, die von den Projektpartnern der natur- und ingenieurswissenschaftlichen Fächer mit entsprechenden Untersuchungen zur Datierung (Dendrochronologie), Technologie (Erze und Hüttenprodukte), Paläo-Umwelt (Pollen- und Makroreste-Analyse), Versorgung (Tierknochen-Analyse) und modernen Dokumentationsmethoden (3D-Laserscanning) begleitet wurden. Insbesondere der bronzezeitliche Fahlerzbergbau im Unterinntal wird auch in den kommenden Jahren ein zentrales Thema im Rahmen der HiMAT-Forschungen darstellen, erweitert durch Untersuchungen zum mit dem Bergbau in Zusammenhang stehenden Siedlungswesen.

Weitere Forschungsaktivitäten der Arbeitsgruppe beschäftigen sich mit den Anfängen der Kupfergewinnung in Nordtirol im Neolithikum und in der Frühbronzezeit (z.B. im Bereich der  Höhensiedlung Kiechlberg-Thaur) sowie mit dem Raum Kitzbühel (siehe „Doc-Team Kitzbühel“) und dem Nordtiroler „Oberland“. Jährlich stattfindende Workshops zur „experimentellen Archäometallurgie“ ergänzen das Programm und haben zum Ziel, die technischen Prozesse bei der Kupfergewinnung besser zu verstehen und reproduzierbar zu machen. 

Dendrochronologie

Für den prähistorischen und historischen Bergbau war Holz ein unentbehrlicher Rohstoff, der auf vielfältige Weise zum Einsatz gekommen ist, z.B. zum Bau von Stollenanlagen, für Vorrichtungen zur Weiterverarbeitung des abgebauten Erzes, für Arbeitsgeräte, als Brennmaterial für den Erzabbau mittels "Feuersetzen" oder auch für die im Anschluss daran notwendigen Schmelzprozesse. Reste dieser mit dem Bergbau in Verbindung stehenden Hölzer sind im Alpenraum vorwiegend aus dem Mittelalter und der Neuzeit erhalten geblieben, aber auch aus früheren Perioden stammende hölzerne Artefakte sind im Zuge des modernen Bergbaus des 19. und 20. Jh. sowie bei archäologischen Grabungen zu Tage getreten. Dendrochronologische Analysen erlauben prinzipiell nicht nur eine jahrgenaue Datierung der einzelnen Hölzer, sondern ermöglichen, zusammen mit weiteren archäologischen und historischen Ergebnissen, Erkenntnisse zur räumlichen und zeitlichen Entwicklung der bergbaulichen Aktivitäten im Alpenraum. Des Weiteren können mit den erarbeiteten Jahrringdaten Ereignisse und Entwicklungen der Umwelt- und Klimageschichte mit hoher zeitlicher Auflösung bestimmt werden.

Ziele der Arbeitsgruppe Dendrochronologie im FZ HiMAT sind:

  • Verbesserung der Jahrringdatenbasis für prähistorische und historische Bergbauhölzer des Ostalpenraums
  • Dendrochronologische Datierungen von Bergbauhölzern und -holzkohlen
  • Dendrochronologische Untersuchungen zur bergbaulichen Erschließung des hochalpinen Raumes in den Ostalpen unter Berücksichtigung der gegebenen Umweltverhältnisse
  • Analysen zur Waldnutzung und zur Verwendung des Rohstoffs Holz im prähistorischen und historischen Bergbau
  • Dendroklimatologische Analysen zur Rekonstruktion der klimatischen und ökologischen Verhältnisse in den Bergbaurevieren zum Zeitpunkt ihrer Aktivität

In den letzten Jahren wurde von der Arbeitsgruppe Dendrochronologie in Zusammenarbeit mit vornehmlich archäologischen Partnern eine Vielzahl von Untersuchungen zum prähistorischen und historischen Bergbau in verschiedenen Bergbaurevieren des nördlichen Ostalpenraumes (Tirol, Salzburg) durchgeführt. Analysiert wurden dabei Hölzer und Holzkohlen des mittelbronzezeitlichen bis früheisenzeitlichen Kupferbergbaus (14. bis 8. Jh. v. Chr.) sowie des historischen Metallbergbaus (ab dem 15. Jh. n. Chr.). Mit diesen Untersuchungen konnten einerseits erstmals Kalenderjahr-genaue Datierungen für den prähistorischen Kupferbergbau in den österreichischen Alpen erarbeitet werden, andererseits wurde die Verwendung der Rohstoffressource Holz durch die prähistorischen und historischen Bergleute analysiert. Darüber hinaus war durch die dendrochronologische Bearbeitung der Hölzer die Erstellung neuer lokaler Referenz-Jahrringchronologien möglich.

Geschichtswissenschaften

fachbereich-geschichteDer historische Bergbau hat in Tirol deutlich sichtbare Spuren hinterlassen. In manchen Orten ist die Bergbautradition noch lebendig, die zumal durch die in letzter Zeit vielfach entstandenen Bergbaumuseen und Schaubergwerke verstärkt ins Bewusstsein gerückt wird. Die Blütezeit des Tiroler Bergbaus ist freilich ins 15. und 16. Jahrhundert zu datieren. In erster Linie war es das in Schwaz gewonnene Silber, das diesem Ort seit etwa 1470 zu allgemeiner Bekanntheit und europäischer Geltung verhalf: Im Jahr 1523, als die Produktion einen absoluten Höhepunkt erreichte, wurden hier nicht weniger als 15695 kg Silber gewonnen und damit 62 % der Silberproduktion der fünf führenden europäischen Reviere erwirtschaftet.

Zur Erforschung dieses beispiellosen Aufschwungs vermag die historische Wissenschaft, die insbesondere auf der Sichtung und kritischen Analyse von schriftlichen Quellen fußt, einen maßgeblichen Beitrag zu leisten, zumal gerade seit dem Spätmittelalter eine wachsende Zahl von Schriftdokumenten überliefert ist. Vor allem die nunmehr anzutreffende typologische Vielfalt ermöglicht es, eine ganze Reihe von bergbaurelevanten Fragestellungen zu untersuchen: Jetzt werden Bücher angelegt, die Grubenverleihungen festhalten, Rechnungsbücher informieren über die Produktivität und über Ausgaben zur Aufrechterhaltung des Bergbaubetriebs, eine Fülle von Bergordnungen illustriert den sich ständig wandelnden Regelungsbedarf, Waldbeschreibungen vermitteln einen Eindruck über den Zustand der Wälder, und Bruderschaftsbücher erlauben Einblicke in die Alltagswelt der Bergleute, um nur einige Beispiele zu nennen. Damit stehen im Vergleich zu früheren Jahrhunderten, in denen in der Regel nur einzelne Urkunden auf bergmännische Aktivitäten verweisen, weit mehr aussagekräftige Informationen zur Verfügung, die freilich der kritischen Auswertung durch die Geschichtswissenschaft bedürfen.

Neben Fragen der Organisationsstruktur, der Produktivität und der Entwicklung der Beschäftigtenzahlen sind aber auch die Aus- und Rückwirkungen auf das Territorium und die unmittelbare Umgebung von zentraler Bedeutung. Der für die zahlreichen Bergarbeiter zu schaffende Wohnraum veränderte die Siedlungsstruktur, und von der Notwendigkeit der Versorgung des Bergbaus und der Knappen mit Betriebs- bzw. Nahrungsmitteln profitierten Handel und Gewerbe, ebenso wie die benachbarten Bauern die wohl dazu bewogen wurden, auf die Bedürfnisse der Bergleute zu reagieren; angesichts des gewaltigen Holzbedarfs war schließlich auch die Wald- und Holzwirtschaft völlig neu zu regeln. Für alle diese Aspekte ist nicht nur die Boomphase von Interesse, zwingen doch gerade Zeiten der Stagnation und des Niedergangs zu Anpassungsleistungen. Vermehrt lässt sich in solchen Phasen jedenfalls auch Kritik am Bergbau und seinen Auswirkungen auf die Umwelt feststellen. Dank der immer umfangreicher werdenden Überlieferung ist die historische Wissenschaft in der Lage, solche Fragen insbesondere seit der Frühen Neuzeit mit zunehmender Präzision zu beantworten.

Der Fokus zur Erforschung von schriftlich überlieferten Quellen liegt derzeit auf den Montanrevieren Kitzbühel (Tirol), Schwaz/Brixlegg (Tirol), Klausen/Schneeberg/Ridnaun (Südtirol) und Montafon (Vorarlberg). Ziel ist ein Gesamtbild zum Bergbau in den Ostalpen zu erhalten

Mineralogie und Petrographie

Grundlage einer gezielten Auswahl und erfolgreichen archäologischen Bearbeitung historischer Kupferbergbaugebiete in Tirol und seinen Nachbargebieten ist zunächst eine mineralogisch/petrologisch-geochemische und montanarchäologische Prospektion bereits bekannter sowie neuer Fundstellen bergbaulicher Aktivitäten. Diese Prospektion stellt die Grundlage für die archäometallurgischen Untersuchungen dar. Um die in vorgeschichtlichen und historischen Zeiten genützten Metallsorten regional zuordnen und damit prähistorische Handelswege aufzeigen zu können, ist die Erstellung eines Lagerstättenkataloges unerläßlich. Dieser soll neben einer mineralparagenetischen Kennzeichnung  insbesondere eine genaue geochemische Charakteristik der Erzminerale, der Gangarten, der Nebengesteine, der Metallartefakte und der Bestandteile von Schmelzöfen in den jeweiligen Lagerstätten beinhalten.

Die mineralogisch-petrologische Charakterisierung beinhaltet

  1. die Erfassung der Mineralparagenesen sowie die Texturen in den Proben,
  2. die chemische Analyse (Haupt- und Nebenelemente) der Erzphasen, der Gangartminerale als auch der Gesamtgesteine und der anfallenden Schlacken und
  3. die Quantifikation der P-T-X Bedingungen der Erzgenese an ausgewählten Lagerstätten.

Ein wesentlicher Bestandteil der geochemischen Charakterisierung ist auch die Messung der Spurenelemente und Pb-Isotopenverhältnisse der Erzphasen, Gangartminerale und Schlacken damit Aussagen bezüglich der Herkunft von Kupferartefakten getroffen werden können.

 

fachbereich-mineralogie_fahlerz-brixlegg

Ag-hältige Fahlerzvarietät Tetraedrit Cu12Sb4S13 (schwarz) und Baryt BaSO4 (weiss) auf Dolomit CaMg(CO3)2 (grau). Ehemaliger Cu-Erzbergbau Großkogl bei Brixlegg.
Probe aus der lagerstättenkundlichen Sammlung des Instituts für Mineralogie und Petrographie der Universität Innsbruck.

fachbereich-mineralogie_chalkopyrit-kelchalm

Chalkopyrit CuFeS2 (gelb) in Quarzit SiO2 (weiss). Ehemaliger Cu-Erzbergbau Kelchalm bei Jochberg/Tirol.
Probe aus der lagerstättenkundlichen Sammlung des Institutes für Mineralogie und Petrographie der Universität Innsbruck.

 

Onomastik

Namen erlauben eine Zeitreise in die Vergangenheit, nicht nur, indem sie frühere Sprachzustände konservieren, sondern auch, indem sie die Akteure, also die Namengeber und deren Tun ins Blickfeld rücken. Daraus ergeben sich Fragestellungen, die weit über den Horizont linguistischer Betrachtungen hinausreichen: Was an der Sprache hat sich im Vergleich zu den Namen verändert? Wie und warum? Wer waren die Akteure? Wo ließen sie sich nieder? Welchen Einfluss hatten sie auf ihre Umwelt? Trafen gar mehrere Ethnien aufeinander? Wie beeinflusste das die Namengebung? Was können wir über das Tun und Denken der Siedler herauslesen? Solche und ähnliche Fragen sind Gegenstand nicht nur einer Wissenschaftsdisziplin und insofern sind sie prädestiniert für eine interdisziplinäre Herangehensweise.

Der Projektteil "Onomastics in Mining" hat sich zur Aufgabe gemacht, derartige Fragestellungen im interdisziplinären Kontext besonders im Bezug auf den Bergbau zu beantworten und gemeinsam Lösungsansätze zu finden. Dabei sind es vor allem Toponyme (Orts- und Flurnamen, u. U. auch Haus- und Hofnamen), die hier Auskunft über die Orte des Geschehens geben, indem sie etwa einstige Abbau- und Verhüttungsstätten und die dazwischen liegende Infrastruktur nachzeichnen. Anthroponyme (Personennamen) wiederum ermöglichen es, sozio-kulturelle Aspekte aufzuzeigen: so lassen sich etwa in montanistischem Kontext stehende Berufsgruppen nachweisen, die beispielsweise über die Sozialstruktur der vom Bergbau geprägten Siedlungen Aufschluss geben. Auch die meist im Dunkeln liegenden Beginnphasen der Abbautätigkeit können dadurch erhellt werden. Des Weiteren lassen sich durch Herkunftsnamen Siedlungsdynamiken greifbar machen, um somit einen wesentlichen Beitrag zur Frage nach der Herkunft der Bergarbeiterschaft zu leisten.

Die Sammlung des Namenmaterials erfolgt zum einen auf synchroner Basis: mit Hilfe der lokalen Bevölkerung wird das rezente Namengut erhoben, verortet, georeferenziert und in einer Datenbank erfasst. Zum anderen ermöglichen Quellenstudien eine Einbettung in den historischen Kontext: wann tauchen erste bergbaurelevante Namen auf? Was benennen sie? Was bedeuten sie? Die Verknüpfung der synchron bzw. diachron ausgerichteten Sammlungen und die Einbettung in unsere montanistischen Fragestellungen lässt ein umfassendes Bild der Namenlandschaft und damit der Sprach-, Kultur- und Soziallandschaft in den key areas zu.

Vermessung, Geoinformation und Datenmanagement

Geoinformationssysteme (GIS) und die Vermessung begleiten den gesamten Ablauf der Erfassung von thematischen sowie geometrischen Daten während der gesamten Dauer des FZ HiMAT.

Die Verwendung von Luftbild- und Nahbereichs-Photogrammmetrie, 3D-Scanning (airborne und terrestrisches Laserscanning), Kartographie und die graphische Darstellung (Visualisierung in Plänen, Karten und in 3D-Modellen) von erkannten historischen Strukturen, Minen, Gebäuden, archäologischen Grabungen und archäologischen Funden ist bedeutend für die Dokumentation, Archivierung, Publikation und das Verstehen der komplizierten Interaktionen und Wechselbeziehungen zwischen den Disziplinen. Da diese unterschiedlichen Messtechniken Daten in verschiedener Auflösung und Genauigkeit liefern, ist die Entwicklung geeigneter und erfolgversprechender Verfahren zur Zusammenführung dieser heterogenen Daten in einem gemeinsamen Koordinatenrahmen eine komplexe Aufgabe.

Die Erfassung der thematischen Daten aller Gruppen muss durch räumliche Registrierung ergänzt werden, um Daten liefern und abzuspeichern, die in einem beliebigen räumlichen Zusammenhang weiterverwendet werden können. Geoinformationssysteme (GIS) müssen entwickelt werden, um diesen räumlichen Bezug zu erstellen, zu archivieren, zu analysieren und darzustellen. Eine graphische Benutzerschnittstelle (GUI) erlaubt den Zugang zur gesamten Datenbank über den räumlichen Bezug (Koordinaten). Umgekehrt erlauben die dieserart erstellten Datenbanken - in der Verbindung mit Geobasisdaten – die Darstellung ihres thematischen Inhalts in beliebigen Karten und Plänen. Unterschiedliche Projektteile/Benutzergruppen können so die gleichen Karten für unterschiedliche Fragestellungen verwenden, sie ändern und ihre eigenen Daten mit den Resultaten anderer Gruppen verknüpfen und aufeinander beziehen. So war der Aufbau eines leistungsfähigen Geoinformationsystems für das gesamte Projekt von der Planung des Projektes an notwendig, um zu garantieren, dass von Anfang an alle vorhandenen Daten von allen Projektpartnern gemeinsam verwendet werden können.

Die oben genannten GIS-Datenbanken können natürlich auch mit historischen Karten und Plänen überlagert werden, sobald diese mit den gespeicherten Daten in ein gemeinsames Koordinatensystem transformiert worden sind. Derart war eine kombinierte Darstellung der vorhandenen thematischen oder auch aktuellen topographischen Daten - innerhalb der alten Karten - möglich und hat z.B. das Potential, auch historische Veränderungen in der Oberflächengeometrie wie z.B. das Volumen von Abraumhalden, der Erosion etc. zu berechnen und sichtbar zu machen.

Nach oben scrollen