Witiko

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"So [muß] werde ich [es] [daher] also thun," entgegnete der Mann.

"Thue es, mein [lieber Bruder] Freund," sagte der Reiter.

Das Pferd war indessen mit [der Einnahme] seiner Nahrung lässiger geworden, und hatte öfter umgeblikt. Der Reiter [hatte] ließ ihm Wasser bringen [lassen], und [mischte ihm jezt, da es getrunken hatte,] tränkte es, dann mischte er ihm wieder etwas Haber in seine Kufe. Während es denselben verzehrte, blieb er dabei stehen. Der Krauskopf blieb auch stehen, und sah zu. Als das Pferd fertig war, wurde es noch einmal getränkt, [dann] und der Reiter wischte ihm [der Reiter seine] dann die Lippen ab, und die Kufe wurde seitwärts gestellt. Hierauf ging der junge Mann zu seinem Tische, und verlangte nach dem Wirthe. Als dieser erschienen war, fragte er ihn: "Was bin ich euch schuldig?"1

"Die Zehrung macht siebenzehn Pfennige, und das Waschen des Troges macht drei Pfennige," sagte der Wirth.

Der Reiter nestelte auf der Brust ein wenig sein Wams auf, und zog ein Beutelchen heraus. Er las aus demselben den Betrag, reichte ihn hin, [und stekte das Beutelchen wieder zu sich.] zog das Beutelchen zu, und barg es wieder in seinem Wamse. Dann begab er sich zu seinem Pferde, zäumte es, schnallte den Mantel, führte es ein wenig gegen die Gasse vorwärts, und bestieg [auf] es. Der Krauskopf war mit ihm gegangen, und sah überall zu. Da der Reiter auf dem Pferde saß, richtete er sich auf demselben zurecht, ritt [er] gegen den Wirth[, der auch auf der Gasse stehen geblieben war], und sagte: "Ich danke euch, lieber Herr, für die Bewirthung, und wünsche, daß euch Gott behüte[. Und er behüte auch], und alle, die [hier] bei euch sind."

"Ich danke auch," antwortete der Wirth, "und wünsche euch desgleichen, und reitet glüklich."

Der Reiter [richtete sich auf seinem Pferde zurecht, und] ritt nun langsam [seines Weges] von der Gasse
[fort. Nicht nur der Wirth und der Krauskopf sahen ihm nach, sondern auch das Mädchen mit den lichtgelben Zöpfen war aus dem Hause gekommen, und mehrere andere Mädchen standen an der Mauer desselben, und sogar der Kärner und der Landmann waren aufgestanden, und sahen nach, wie der junge Reitersmann fort ritt. Die zwei Männer, der Graukopf und der Rothbart, sassen an ihrem Tische und tranken

Der Reiter ritt von der Gasse weg gegen Morgen. Seine Strasse führte ihn an einer Reihe von Ebereschen vorbei, dann an dem Wiesengehege dahin, dann ging der Weg über eine kleine Anhöhe hinab, und man konnte das Pferd und den Mann nicht mehr sehen. In dem Verlaufe des Thales schlug der Reiter einen Weg, der von der Strasse gegen Mitternacht abzweigte, ein, und ritt gegen Mitternacht vorwärts.

Er ritt nun immer in der hauptsächlichen Richtung gegen Mitternacht.

Es waren in der bebuschten Gegend stets noch freie Stellen, auf denen kleine Felder gereutet waren, von Steinmauern umfangen, es waren Wiesenstellen, es waren Häuschen, hie und da begegnete dem Reiter ein Landmann, und zuweilen sah er Kühe oder Ziegen oder Schafe in den Gräsern unter den Gebüschen. Aber das Land wurde immer bergiger, und die Rüken wurden bedeutender. Wasser rauschten in den Thälern, der Waldwuchs mehrte sich, und die Spuren der Bewohner verloren sich nach und nach gänzlich. Das Gehölze wurde dichter hochbestandner und verworrener. Es wäre nun an sehr vielen Orten nicht mehr freie Wahl des Reiters gewesen, langsam zu reiten; er mußte es. Auf schmalen Wegen zwischen großen Steinen Granites oder an hohen diken Stämmen, welche die Wurzeln wie ein Geflechte über die Oberfläche der Erde legten, oder an nassen Stellen, welche sumpfigen Boden vermuthen ließen, führte ihn seine Wanderung fort. Das Pferd grif behutsam mit seinen Hufen die Pläze, auf denen es fußen konnte, es sezte seine Tritte neben den Wurzeln und dem Steingerölle, und es ging langsam über die Streken, an denen eine Auswahl der Tritte nicht mehr möglich war.

Während dieser beschwerlichen Wanderung hatte sich die Sonne immer mehr und mehr gegen Untergang geneigt. Pferd und Reiter schienen schon ermüdet.

Endlich, da es Abend war, und der Himmel gegen Untergang glänzte, langte er auf der Höhe eines Berges an. Der Berg war sehr lange, vielleicht mehrere Wegestunden lange, von Untergang gegen Morgen gestrekt. Man sah von ihm aus über ein Thal hinüber gegen Mitternacht den großen Wald, von dem oben gesagt worden ist, daß er die Wasserscheide bildet. Hoch über alle Bäume ragte auf der Schneide des Waldes ein Fels empor, die drei Sessel. Weiter gegen Morgen waren wieder Riffe und Fels, der Blökenstein, dann war breiter diker dunkler Wald. Der Reiter]2
weg, den Krauskopf, und die ihm nachsahen, hinter sich lassend. Er ritt in der Richtung zwischen Morgen und Mitternacht fort. Er ritt wieder eine Lehne hinan, eine Lehne hinab, ein Wäldchen aus ein Wäldchen ein, der Boden wurde immer unwirthlicher, und war endlich mit Wald bedekt. Der Weg hatte Wurzelgeflechte und Granitsteine, und das Pferd sezte behutsam seine Hufe.

Da es Abend geworden war, kam der Reiter auf der Schneide eines langen von Abend gegen Morgen gestrekten Berges an. Derselbe ging mit lauter Wald in ein enges Thal hinab, und unten blizte ein Wässerlein. Jenseits ging wieder ein noch höherer und mächtigerer Wald empor, und auf seinem Rande ragte ein Steinblok in die Höhe. - Der Reiter hielt ein Weilchen an, und sah auf den Steinblok hin.

Dann ritt er in dem Walde, der vor ihm lag, hinunter. Er ritt unter den Ästen der Bäume, die um ihn waren, dahin, und mußte sich vor manchem büken, welcher zu niedrig war. Nach einer Zeit kam er bei einem rothen Kreuze an. Er3
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1 Bogenzeichen des Setzers mit Vermerk "Sig2"
2 Fortsetzung des getilgten Textes auf H S.10
3 Fortsetzung des Textsatzes auf H S.10