Witiko

H89, S. 99a

"Ich werde jezt wohl eine gute Weile bei euch bleiben, Martin," sagte er zu dem alten Manne.

"Das ist sehr schön," antwortete dieser, "aber wie werdet ihr im Winter in dem armen Walde bleiben können?"

"Im Winter und vielleicht noch länger hinaus," sagte Witiko.

"Dann muß ja hier alles zurecht gerichtet werden," entgegnete Martin.

Er ging nach diesen Worten zur Thür der Stube, und rief hinaus: "Lucia, Lucia!"

Die Magd, welche er mit Bereitung von Speise für Witiko beauftragt hatte, kam herein."

"Lauf in die Häuser hinein," sagte er zu ihr, "und dinge, wen du willst, daß hier Ordnung gemacht werde; denn der Herr wird den Winter und den Sommer und noch länger bei uns bleiben."

"Da werde ich, wenn die Dinge in der Küche einmal ins Sieden kommen, zu Dorotheens Agathe gehen, daß sie uns mit ihrer Schwester hilft, so werden wir bald fertig sein," sagte die Magd.

"Thue das," erwiederte Martin, und sie ging wieder bei der Thür hinaus.

"Ich habe das Haus gleich gefunden," sagte Witiko, "und bin auf dem schmalen Pfade auf dasselbe zugeritten, ohne jemanden zu fragen."

"Es ist sehr leicht zu finden," antwortete Martin, "wenn man nur einmal seine Lage zu den andern Häusern weiß. Eure Mutter war ein einziges Mal hier, da ihr noch ein Wikelkind waret, und da sie mit euch ganz allein in der Welt geblieben war. Ihr seid aber nie hier gewesen."

"Jezt bin ich da," entgegnete Witiko.

"Möge es euch eine angenehme Herberge sein," sagte Martin.

"Es wird so sein," antwortete Witiko.

Er schnallte sein Schwert von seiner Seite, und legte es auf den Tisch. Er nahm die Pelzhandschuhe von seinen Händen, und legte sie zu dem Schwerte. Dann rükte er sich besser an dem Tische zurecht, stüzte seinen Ellbogen auf dessen Platte, und neigte sein Haupt in seine Hand.

Der alte Mann nahm sich einen Stuhl, trug ihn sachte in die Nähe des Ofens, und sezte sich auf ihn. Er sagte nichts, er fragte Witiko nicht einmal, woher er gekommen sei, und beide Männer schwiegen.

Nach einer Weile hörte man, daß die Thür, welche von dem Vorhause in den Schnee hinaus führte, auf geklinkt und wieder zugeklinkt werde, und gleich darauf sah man die Magd auf dem schmalen Schneesteige gegen die andern Häuser des Ortes eilen. Sie hatte nebst dem Kochen doch Zeit gefunden, sich anders zu kleiden; denn sie trug jezt ein sehr schönes rothes Rökchen, eine weiße Schürze, und hatte ein großes weißes Tuch um das Haupt und die Schultern gebunden.