Witiko

H81, S. 85b

Der Bischof schritt in das Krankengemach, ging zu dem Bette, kniete auf einen Schemmel nieder, und verrichtete ein Gebet.

Als er aufgestanden war, sagte der Herzog: "Du Freund meiner jungen Tage, Silvester, entbinde mich von meinen Sünden, wenn sie mir Gott verzeihen kann."

Der Bischof nikte stumm mit dem Haupte. Es wurden Vorbereitungen gemacht, und der Herzog empfing an dem Tage von dem Bischofe die lezten Tröstungen des Glaubens.
Am zwölften Tage des Monates Hornung verlangte der Herzog gegen Abend, daß die Männer in der Burg [darunter Witiko und sein Sohn Wladislaw] zu ihm gerufen wurden darunter W. und sein ältester S. Wl. Als es geschehen, und Wladislaw auf seinen Befehl näher an das Bett getreten war, sagte er zu ihm: "Mein erstgeborener Sohn Wladislaw! Du bist von dem deutschen Könige Konrad mit den Ländern Böhmen und Mähren belehnt [worden, und die] und von den Herren beider Länder [haben dich] auf dem Tage in Sadska [als ihren künftigen Herzog] anerkannt [worden]. Aber jezt haben sie auf dem Wysehrad deinen Vetter Wladislaw den Sohn meines [guten Bruders des] verstorbenen Bruders des Herzoges Wladislaw für meinen Tod zum Herzoge gewählt. [Schließe dich an den Herzog an] Unterwirf dich ihm, und gehorche ihm, daß das Unglük nicht werde, welches in meiner Jugend durch Zwietracht entstanden ist. Halte dich nicht zu Nacerat, die Bösen werden unter diesem Herzoge ihre Ziele nicht erreichen. Die Männer hier haben meine Worte gehört, und Adelheid wird sie meinen andern Kindern, wenn sie erwachsen sind, verkündigen. [Jezt entfernet euch] Nun könnt ihr euch entfernen."

Man ging schweigend auseinander.

Am dreizehnten Tage des Monates Hornung kamen noch mehrere Herren, und sie konnten einzeln oder zu zweien und dreien in das Krankenzimmer gelassen werden.

Am vierzehnten Tage des Monates Hornung schaute der Herzog immer stumm gegen das Fenster, welches nicht verhangen war, als sähe er gegen die
Randnotiz: Morgenländer in den |nach langen| Streken hin die vielen
Länder, in denen weithin die vielgestaltigen Zweige seines Stammvolkes wohnten, und als die Nachmittagschatten [in derselben] nach der nehmlichen Richtung [hin]zeigten, fingen seine Hände an, in der Wolle der Bärendeke zu suchen, sie strebten sich dann zu halten, der Bischof gab ihnen ein silbernes Kreuz, das sie festhielten, das Zimmer füllte sich immer mehr mit Menschen, die Ärzte wachten sorgsam, die Priester sagten leise Gebete, und als noch das Licht des Tages [noch] vollkommen leuchtete, that er noch mehrere tiefe Athemzüge, dann blieb der Athem stehen, die Lider sanken tiefer, und die Züge wurden starr.

Ein Arzt gab mit der Hand ein Zeichen, daß alles vorüber sei.

Der Bischof sagte mit zitternder Stimme: "Es gescheh ihm, wie er es verdient hat, ihm wird viel vergeben werden, weil viel an ihm gesündiget worden ist."

Adelheid ging gegen ein Kreuz des Heilandes, das in dem Zimmer stand, kniete nieder, und umschlang es mit ihren Armen. Ihr Angesicht war so bleich wie das des Todten, und ihre Augen lagen [noch] tiefer in den Höhlen als die seinigen. Wladislaw stand mit Zügen da, die [noch] weißer als eine getünchte Wand waren. Die andern Kinder hatte man in eine [entfernte] abgelegene Kammer gebracht.

Witiko entfernte sich, ging in sein Gemach, und ließ dort den Thränen freien Lauf, die aus seinen blauen Augen floßen.

Ein Eilbote jagte sogleich, nachdem der Herzog die Augen geschlossen hatte, aus dem Thore. Nacerat hatte seine Leute in der Burg, und an allen Orten zwischen Hostas Burg und Prag hatte er die besten Pferde, so daß Boten von einem Orte zum nächsten, und von da mit frischen Pferden, so sehr diese nur zu laufen vermochten, wieder zum nächsten fliegen konnten.

Auf diese Weise war es möglich, daß Wladislaw schon am siebenzehnten Tage des Monates Hornung auf den alten heiligen Stuhl der Fürsten von Böhmen gesezt werden konnte.

Wladislaw der Sohn des verstorbenen Herzoges Sobeslaw floh nach Mähren.

[Nun] Jezt kamen die ersten Männer der beiden Länder nach Hostas Burg: Nacerat, Zdik, Smil mit seinen beiden Söhnen, Ben der Kriegsanführer, Domaslaw, Slawibor, Nemoy, Znata, Milota, Soben und andere.
Randnotiz: die in den nahen Zupen waren, oder vor Prag hieher gingen(?)

Die Botschaft, welche der Bischof Zdik an den Herzog beantragt hatte, war vor dessen Tode nicht mehr zu Stande gekommen.

Der Leib des gestorbenen Herzoges wurde hierauf mit großer Pracht mit erlesenem Gefolge der besten Männer und unter dem Zuströmen der Völker, die an dem Wege wohnten, nach Prag gebracht. Der neue Herzog ging ihm bis vor das Thor der Stadt entgegen, und geleitete ihn mit seinen Würdenträgern den gesammten Priestern den Stadtherren Männern, die aus den entlegensten Theilen des Reiches ja aus fremden Ländern herbei gekommen waren, und mit allem Volke von Prag und dessen Umgebung zu den kirchlichen [Verrichtungen] Einsegnunen und zu seiner lezten Ruhestätte auf dem Wysehrad.
Randnotiz: wo er an der Seite seiner Eltern

¢Nachdem Sobeslaw an der Seite seiner Eltern niedergelegt worden war¢, ging eine Botschaft

Randnotiz: Als die Feierlichkeiten der Einsezung Wl. und der Bestattung Sobeslaws vorüber waren, wurde die Botschaft abgesendet,

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Federproben am Rand: Am 14t Tage Am und Wellenlinien und senkrechter Strich