Witiko

H78, S. 83b

Er schlug die Richtung nach Mitternacht ein, und ritt in einem großen Bogen gegen Hostas Burg. Er gestattete sich an verschiedenen Stellen nur so viel Aufenthalt, als unumgänglich zur Stärkung und zum Ausruhen des Pferdes nothwendig war. Die Nachtherberge machte er so kurz, als es nach seiner Kenntniß der manigfaltigen Wegstreken und nach dem Lichte, das der Himmel auf dieselben herab sendete, möglich war.

Am neunten Tage des Monates Hornung traf er in Hostas Burg ein.

Der Herzog ließ ihn sogleich vor sich bescheiden.

Witiko trat vor das Bett, grief mit seiner rechten Hand in sein Lederwamms, zog das rothsammetne Beutelchen hervor, und reichte es dem Herzoge. Der Herzog nahm es, öffnete es, zog das Kreuzlein heraus, sah es einen Augenblik an, stekte es dann wieder in das Beutelchen, und legte es mit demselben in den Holzschrein hinter dem Bette.

"Bringst du mir die genaue Nachricht?" fragte er hierauf den Jüngling.

"Die ganz genaue," antwortete Witiko.

"So rede," sagte der Herzog.

"Am vierten Tage des Monates Hornung," entgegnete Witiko, "ist in einer großen Versammlung auf dem Wysehrad, zu welcher viele hohe und niedere Herren der beiden Länder gekommen waren, auf einen Antrag des Znata des Sohnes des Tas dann auf eine lobpreisende Anrede Zdiks des Bischofes von Olmüz und auf eine Anrede Nacerats des andern Sohnes des Tas Wladislaw der Sohn deines erlauchten verstorbenen Bruders des Herzoges Wladislaw für den Fall, daß diese Krankheit für dich tödlich werden sollte, zum künftigen Herzoge von Böhmen und Mähren gewählt worden."

"Und von welchem Gewährsmanne hast du die Kunde ¢hiervon¢?"1 fragte der Herzog.

"Von mir selber," antwortete Witiko, "ich bin in der Versammlung zugegen gewesen."

"Du bist in der Versammlung gewesen," fragte der Herzog, "wie hat das geschehen können?"

"Der hochehrwürdige Bischof Silvester hat mir erwirkt, daß sie mich anhören," sagte Witiko, "und da habe ich ihnen meine Bitte, daß sie mich in der Versammlung als Hörer anwesend sein lassen ¢möchten¢2, vorgetragen, und sie haben dieselbe erfüllt."

"Es ist mir um dich leid, mein Sohn , daß ich nicht länger lebe," entgegnete der Herzog, "und was hat der Bischof Silvester gesagt?"

"Er hat die Wahl verdammt," entgegnete Witiko, "und als sie nicht vernichtet wurde, hat er sein Amt nieder gelegt. Er läßt dir melden, daß er bald zu dir kommen werde."

"Er ist willkommen," antwortete der Herzog, "und was haben die andern gethan?"

"Der alte Leche Bolemil hat eine lange Rede für dich gehalten," antwortete Witiko, "und der alte Diwis hat für dich gesprochen, das Volk ist zusammen gelaufen, und Wladislaw ist mitten im Hofe zu Pferde gewesen."

"Und du bist gleich nach der Wahl fortgeritten?" fragte der Herzog.

"Ich habe nur mein Pferd besorgt," entgegnete Witiko, "und habe dann den Weg nach dieser Burg gesucht."3

"Es ist gut," sagte der Herzog, "tretet ein wenig näher, ihr andern."

In dem Gemache war ¢noch¢ Adelheid die Gemalin des Herzogs die Tochter des ungrischen Herzoges Almus, dann war eine junge Frau in dunkeln Schleiern zugegen Maria die Tochter des Herzogs ¢Sobeslaw¢4 Gemalin Leopolds des Markgrafen von Österreich, dann war Wladislaw da der junge Sohn des Herzogs, welcher in Sadska als der künftige Herzog von Böhmen und Mähren anerkannt worden war, ein Jüngling mit den lichten cechischen Haaren und blauen Augen, ¢dann war der Abt von Ostrow zugegen¢, es waren mehrere böhmische Herren da, zwei Priester, Ärzte und einige andere Männer.
Randnotiz: 2 Priest, 2 Arzt, und einige böhmische Herren

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3 Am Rand die Anmerkung: kürzer

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