Witiko

H76, S. 81c


lung neben ihren Sizen stand.

Zdik rief mit lauter Stimme: "Wladislaw der Sohn des lezten gestorbenen Herzoges Wladislaw ist von den Herren der Länder Böhmen und Mähren für den Tod des Herzogs Sobeslaw zum Herzoge dieser Länder gewählt worden. Die Wahl wird in die Pergamente eingetragen werden."

Ein Jubel entstand nun, der [die Ohren betäubte, und die Luft Zittern machte.

Man konnte ausrufen hören:] den Saal erzittern und die Luft beben machte. Nach langer Zeit konnte man erst die Rufe vernehmen: "Nun ist alles glüklich geendet!" "Nun ist wieder das Glük im Lande!" "Nun sind wir endlich einmal erlöset!" "Nun ist alles gut!"

Zdik gab ein Zeichen, daß er reden wolle.

Als man ihm mit Gewalt Frist zum Sprechen gemacht hatte, sagte er: "Ich glaube, daß aus uns eine Botschaft gewählt werden soll, welche dem Herzoge Sobeslaw Nachricht von der Wahl überbringt."

Nacerat stand auf, und sprach: "Ich meine, daß der Antrag gut ist, und schlage vor, daß wir uns in drei Tagen zur Berathung der Sache versammeln sollen."

"In drei Tagen, in drei Tagen," riefen alle.

Indessen war der Bischof von Prag Silvester aufgestanden, war in den freien Raum1 getreten, hatte sich der Versammlung zugewendet, und gab mit den aufgehobenen Armen Zeichen, daß er gehört werden wolle. Die Augen und die Angesichter wendeten sich ihm nach und nach zu, das Getöse nahm ab, und es wurde ruhiger. Er stand indessen da, sah die Versammlung an, und aus seinen blauen Augen rannen Thränen, und rollten über den weißen Bart auf die Kleider hinab.

Da es stille geworden war, rief er mit lauter Stimme: "Ich, Silvester der erwählte Bischof von Prag als oberster Seelenhirt des Landes Böhmen widerspreche der Wahl. Sie ist vor dem dreieinigen Gott eine Sünde. Und wenn der heilige Adalbert der unser Vorbild ist, sein Amt nieder [legte] gelegt hat, weil er nicht verantworten konnte, daß seine Unterthanen einige heidnische Gebräuche nicht ablegten, so kann ich nicht verantworten, daß die mir Anvertrauten freiwillig und feierlich das Gebot des Herrn verlezen, und lege mein Amt nieder. Mein Gebet wird nun fortan sein, daß Gott dem Lande nicht entgelten lasse, was seine besten Söhne gesündiget haben."

Er ging gebeugten Hauptes zu seinem Size, sezte sich auf denselben nieder, und schaute auf den Boden.

Nach seinen Worten war ein verworrene[r]s [Lärm] [Tosen] Geräusch in dem Saale entstanden, viele sprachen heftig, einige riefen[, xxx] gegen einander, manche sagten, es sei alles vorüber, und gingen bei den Thüren [des Saales] hinaus.

Zdik trat zu dem Bischofe Silvester, legte ihm beide Hände auf die Schultern, schaute ihm in das Angesicht, und sprach: "Mein Vater und Freund, mit dem ich zu Jerusalem an dem Grabe des Herrn gebetet habe! Es ist keine Sünde. Eher hat Sobeslaw gefehlt, daß er
(1) nur an die Seinen ge[dacht hat.]t
(2) [unst]st nur an die Seinen ge[bunden hat, wenn sie auch noch nicht fähig sind.t]st
(3) nur an die Seinen gedacht hatst<.>
Unser Erwählter wird das Land von dem Untergange retten, und [die werden arg getäuscht sein,] die auf ihn eigennüzige [und xxx] Hoffnungen gebaut haben[."], werden zu Schanden werden."2

Silvester wischte sich mit seinem Kleide die Thränen ab, und sagte: "Mein Sohn. Es ist doch eine Sünde. Und wenn Gottes Barmherzigkeit durch euren Erwählten das Land auf den Gipfel des Heiles führt, so wird doch die Strafe auf die Häupter des Meineides fallen."

"Es geschehe, was muß," sagte Zdik, "ein jeder kann nur nach dem gestraft werden, was er gesündiget hat."

"So ist es," sagte
Randnotiz: antwortete
Silvester<,> stand auf, und schikte sich an, den Saal zu verlassen. Eine Schaar von Priestern näherte sich ihm, umringte ihn, und er trat in ihre Mitte bei einer Thür hinaus.

[xxx] Die Versammlung [eilte nun, aus dem Saale zu kommen] begann die Stätte der Berathung zu verlassen.

Witiko erhob sich von seinem Size, und schritt bei der Thür, durch welche er hereingekommen war, in das Vorgemach hinaus. Dort fand er noch den Priester, der ihn hergeleitet, und hier auf ihn gewartet

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2 Zuvor mit Stift korrigiert

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