Witiko

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aus und eingegangen, ja sogar ein Trunk wurde hie und da gereicht. Zu Witiko kam aus den hinteren Reihen Welislaw hervor, reichte ihm die Hand, und sagte: "Erinnerst du dich meiner noch?"

"Du bist Welislaw," antwortete Witiko.

"Ja," erwiederte Welislaw, "wir werden wohl in unseren Meinungen Gegner sein; aber du bist heute wieder [gerade so] wie bei Chynow, und das freut mich."

"Ich weiß nicht, ob wir in unsern Meinungen Gegner sein werden," antwortete Witiko, "ich habe gar keine Meinung, ich erwarte nur die [Sachen."] Dinge."

Auch der Sohn des Nacerat kam zu Witiko hervor. Er war in himmelblauen Sammet gekleidet, und hatte auf der schwarzen Haube wieder eine weiße Feder wie bei Chynow. Er sprach zu Witiko: "Ich habe dir ja gesagt, daß wir wieder zusammen kommen [und uns gut sein werden. Das wird heute noch mehr werden; denn es wird etwas geschehen, das eine große Wirkung hervor bringen wird."

"Ich bin nur zum Hören da," entgegnete Witiko.

"Ich habe heute gesehen, daß du deine Vorsäze nicht aufgibst," sagte der Sohn des Nacerat.

"Thust du das?" fragte Witiko] [werden] werden. Du bist hartnäkig, Witiko, und gibst nicht nach."

"Gibst du nach?" fragte Witiko.

"Wenn es sein muß, thut es jeder Mensch," entgegnete der andere.

"Nur ist für den [e]Einen [Menschen das Muß] leichter ein Muß da als für den andern," sprach Witiko.

Auch Casta kam herzu, und sagte: "Sei mir gegrüßt, Witiko!"

"Ich entsinne mich deiner nicht mehr," antwortete Witiko.

"Ich bin Casta," sagte der andere, "und bin bei Chynow im Zuge zu weit zurük gewesen, als daß du meiner noch gedenken könntest. Du bist heute hier glüklich gewesen."

"Nu[n,]r die Sache ist [nur so gewesen] es," sagte Witiko.

Als die Erholung der Versammlung eine [geraume] Weile gedauert hatte, geschah [endlich] wieder das dreifache Zeichen mit der Gloke, und als die Thüren geschlossen waren, die Reihen sich geordnet hatten, und Stille eingetreten war, trat Zdik langsam vor, richtete sein Angesicht gegen die Versammlung, sah sie eine kurze Zeit an, und sprach dann: "Liebe Ehrwürdige Treue! Es ist der Augenblik gekommen, in dem wir die große Frage über die Ruhe und das Heil des Landes entscheiden sollen. Möge der Segen des allerhöchsten Herrn der Heerschaaren über diesen Häuptern sein, daß beschlossen wird, was gerecht und heilsam ist. Unser erlauchter edler und umsichtiger Herzog Sobeslaw, welcher fünfzehn Jahre in diesen Ländern geherrscht hat, ist so schwer erkrankt, daß das Ende seines irdischen Lebens nahe bevor zu stehen scheint. Die Heilkundigen sagen, daß er in kurzer [Frist] Zeit die Erde verlassen wird. Nun ist, wie uns der ehrwürdige Leche Bolemil deutlich zu Gemüthe geführt hat, in den eben vergangenen Zeiten, wenn ein Wechsel in den Herrschern statt gefunden hat, so Schweres eingetreten, daß wir sehnlich wünschen müssen, solches jezt zu vermeiden. Aber die Herrschertage der lezten zwei Herzoge des gütigen Wladislaw und des klugen und gerechten Sobeslaw haben auch gezeigt, daß nicht blos bei einem Wechsel der Herrschaft die Übel ferne bleiben sollen, sondern daß auch bei ihrer Dauer der Saamen des Glükes [der Menschen, die] unter dem Schirme des Herrschers [wohnen,] aufgehen, wachsen und [sich] gegen die Zerstörungslüste der Einzelnen [entwikeln möge] erstarken müsse. Für diejenigen, welche aus verschiedenen Theilen des Landes herein gekommen sind, und in großer Zahl nur der heutigen lezten Versammlung beiwohnen, sage ich: Es sind