Witiko

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hatte ein dunkelbraunes Kleid eine schwarze Haube ohne Feder und einen langen weißen Bart. Er rief: "Ich bin Bolemil!"

Ein sehr tiefes Schweigen entstand nach seinem Rufe, und er sagte dann: "Ich hätte jezt noch nicht geredet, weil ich glaubte, daß unsere Redenszeit noch nicht gekommen sei, weil aber meine Vormänner gesprochen haben, und die Reihe mich trift, so sage ich Folgendes: Ich habe eine große Zahl von Jahren gelebt, und habe vieles gesehen. Ich habe noch den alten römischen Kaiser Heinrich den vierten gekannt, der den Streit mit dem heiligen Vater Gregor hatte, und der zu gleicher Zeit mit unserem Herzoge Wratislaw lebte, welcher Herzog ein König gewesen ist. Ich habe vor mehr als fünfzig Jahren Dienste gethan, als dieser Herzog zum Könige gekrönt worden ist. Ein solches Fest ist in Böhmen nicht gewesen, und wird nicht wieder sein: der Herzog und seine Ehegemalin Swatawa, die vor vierzehn Jahren gestorben ist, in königlichen Gewändern am [Sanct] heiligen Veitstage im Dome [zu Sanct] des heiligen Veit von dem Erzbischofe von Trier Egilbert gekrönt und gesalbt, Fürsten Bischöfe alle Lechen Böhmens und alles Volk zugegen, und der Ruf: "Dem von Gott gesalbten Könige Wratislaw dem großen und guten Heil und Segen". Es waren damals Gesänge, die man schier vergessen hat. Ich habe es erfahren, wie dieser König von dem Pferde stürzte und todt war. Ich habe seinen Sohn Bretislaw gekannt, welcher acht Jahre geherrscht hat, und dann im Walde bei Bürgliz ermordet worden ist. Ich habe die blutigen Kämpfe erlebt, welche um den Fürstenstuhl erfolgt sind, weil unter der Herrschaft Bretislaws die Alterserblichkeit aufgehoben worden ist. Ich habe Bretislaws Bruder und Nachfolger Boriwoy gekannt, der zuerst mit Ulrich von Brünn um die Herrschaft kämpfen mußte, und dann mit Swatopluk von Olmüz, dem er unterlag. Ich habe erfahren, wie Swatopluk in zweijähriger Herrschaft wieder mit Boriwoy um den Stuhl ringen mußte, wie er aus Wuth in diesem Kampfe das ganze Geschlecht der Wrse getilgt hat, und dann selber jenseits des Riesengebirges [durch einen Lanzenwurf] ermordet worden ist. Ich habe den zweiten Bruder Bretislaws den guten Wladislaw gekannt, der den blutigen Streit in Prag und in diesem [Hause] Schlosse mit Boriwoy und dem Könige von Polen dem Genossen Boriwoys um seinen Fürstenstuhl führen mußte. Ich lernte dann den dritten Bruder Bretislaws kennen unsern jezigen guten Herzog Sobeslaw, und bin mit ihm [noch] in der großen Schlacht bei Chlumec gewesen, die auch er schlagen mußte, damit er gegen die Ansprüche des schwarzen Otto Herzog in Böhmen bleiben konnte. So sind diese Dinge gewesen. Wir haben uns in der schweren Krankheit, die unsern Herzog getroffen hat, hier versammelt, damit wir, wenn ihn Gott ruft, eines Sinnes werden, nicht nur, daß jezt die tiefen Wunden nicht kommen, welche in das unglükliche Land und in seine Völker geschlagen wurden, wenn Nachfolgestreite ausbrachen, sondern auch, daß solche Dinge in der Zukunft nicht mehr möglich sind. Viele mögen mit diesem Gedanken hieher gekommen sein, manche, denen mehrere Erfahrung