Witiko

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zum Weibe, und die Wrse waren die Nächsten an ihm. Aber Boleslaw verlor alle Nebenländer des Reiches, und war wüthig gegen Hohe und Niedere. Da brach die Empörung aus, und die Wrse waren die Ersten gegen ihn. Er mußte entfliehen. Dann kam er wieder zur Macht, und lud in der Fastnacht, in der alle sich erlustigten, die vornehmsten Männer des Landes und auch Wrse zu sich, und da er sie durch Freundlichkeit getäuscht hatte, überfiel er sie mit seinen Häschern, stieß seinem Schwiegersohne zuerst selber den Dolch in den Leib, und tödtete alle, die er fürchtete. Er wurde aber noch in dem nehmlichen Monate von dem polnischen Herzoge Boleslaw geblendet, und starb nach Jahren unbeklagt in einer entfernten polnischen Burg. Als der Herzog Wratislaw als König in diesem Lande herrschte, etwa siebenzig Jahre später, waren die Wrse wieder in Ansehen: Buc, Cac, Dobromil, Tista und andere. Da jedoch der Herzog Wratislaw gestorben war, und sein Sohn Bretislaw auf dem Herzogstuhle saß, wurden die zwei mächtigsten Wrse aus dem Lande verbannt: Mutina, der bisher der Freund des Herzogs und Zupan von Leitmeriz gewesen war, und Bozey, das Haupt der Wrse, Herr auf Libic und Zupan von Saaz. Der Herzog hatte nehmlich erfahren, daß sie bei der Belagerung der polnischen Veste [Bredo] Brdo im Einverständnisse mit dem Feinde gewesen waren. Als vier Jahre nach dieser Verbannung verflossen waren, da man das Jahr 1100 schrieb, und der Herzog Bretislaw in der Abenddämmerung des heiligen Thomastages von der Jagd in den Wäldern von Bürgliz gegen seinen Hof in Zbecna zurük kehrte, und man ihm in dem Dunkel der Wälder mit Fackeln entgegen ging, sprang ein Mann namens Lorek aus dem Dikichte hervor, und stieß ihm mit Gewalt einen Jagdspieß in den Leib. Der Leche Cosmas hat aufgeschrieben: "Wie ein Stern vom Himmel fiel der hohe Fürst in dem Walde zu Boden." Seine Mannen kamen zu spät, und hoben den Sterbenden empor. Man rannte dahin, den Mörder zu suchen, und fand ihn mit seinem Pferde in einen Graben gestürzt von dem eignen Schwerte durchbohrt. Ob mit Absicht, weil er der Verfolgung nicht entrinnen konnte, oder aus Unglük, konnte man nicht mehr erkennen. Es war der Glaube verbreitet, daß der Mörder von den verbannten Wrsen Bozey und Mutina angestiftet gewesen sei. Und als nach Bretislaw sein Bruder Boriwoy den Fürstenstuhl inne hatte, wurden die Wrse zurük gerufen, und sie dienten treu. Da aber der Vetter Boriwoys, Swatopluk von Olmüz, nach dem Herzogstuhle strebte, da er einen falschen Boten an Boriwoy abgeschikt hatte, der ihm seine Feinde nennen mußte, und ihm die Wrse nannte, und da Boriwoy mißtrauisch wurde, und den Wrsen Bozey zweimal zu fangen strebte, fielen die Wrse von ihm ab, gingen zu Swatopluk, halfen ihm siegen, und den Fürstenstuhl besteigen. Boriwoy mußte nach Polen fliehen. Ein Jahr darauf ging Swatopluk mit einem Heere zu seinem Gevatter Heinrich dem Fünften dem Könige von Deutschland gegen Kolomann den König von Ungarn. Er ließ als Schuz des böhmischen Landes den Herren Wacek und den Wrsen Mutina mit Heeresmacht zurük. Vor Preßburg kamen Swatopluk und Heinrich zusammen. Swatopluk hatte alles nieder geworfen und zerstört, was ihn an der Annäherung an Preßburg hindern konnte, und er strebte nun mit Heinrich die Stadt und die Veste zu gewinnen. Da kam ein Bote, welcher meldete, daß der polnische König Boleslaw, der ein Freund der Ungarn war, mit Boriwoy in Böhmen eingefallen sei, daß er Wacek und Mutina besiegt habe, und die Zupen verwüste, und ein geheimer Bote von Wacek kam, der sagte, daß Mutina mit dem Feinde verstanden sei, daß er sich Boriwoy günstig erweise, daß er nur zum Scheine gekämpft habe, und daß er heimlich zu seinem Vetter Nemoy gegangen sei, der ein Anhänger Boriwoys ist. Swatopluk mußte von Preßburg zurük, und der König Heinrich mußte auch fort.