Witiko

H4, S. 6


Reiter der Trog rein genug war, schüttelte er in einer Schwinge herbei gebrachten Haber, damit er ziemlich vom Staube, den er etwa haben mochte befreit werde, und gab mit eigener Hand Haber aus der Schwinge für das graue Pferd in eine Abtheilung des Troges. In die andere that er reines Heu. Das Pferd begann lebhaft zu fressen, und der Reiter blieb vor ihm stehen, und sah ihm zu. Er mischte von Zeit zu Zeit neuen Haber in das Behältniß, wenn das Pferd ihn verzehrt, und dann ein Weilchen am Heu gefressen hatte, dann that er wieder Heu hinzu, nachdem der Haber verzehrt worden war. Er wühlte dabei mit der eigenen Hand in den zwei Nahrungsmitteln herum. Als das Thier mit dem Essen lässiger wurde, und umzubliken begann, verlangte er Wasser für dasselbe. Als es in einem weiten Holzgefäße gebracht worden war, prüfte er es selber mit der Hand um seine Frische und ließ es ihm dann vorstellen. Da das Pferd getrunken hatte, gab er ihm wieder Nahrung, der es jezt neuerdings mit Freude zusprach. Während das Pferd trank, hatte der Wirth, der zu den zwei Männern getreten war, gesagt: "Ist es denn wahr, Eberhard, daß du den fremden Mann kennst, da du ihn Feldhauptmann geheißen hast?" (Anmerkung Hüllers: Neben der Textstelle Reiter der Trog bis geheißen hast."1
Randnotiz: sind 17? Pfennige und das Ausschwemmen des Troges sind 3 Pfennige.

"Ich kenne ihn gar nicht," erwiederte der mit dem grauen Barte, "und habe ihn nur so genannt."

"Ihr habt doch immer einen guten Trunk, alter Cajetan," sagte der mit dem rothen Barte, "und es labt sehr, davon zu kosten."
Randnotiz: [wenn ihr ein Feldhauptmann seid, oder etwas dergleichen - dergleichen bin ich nicht ihn ausforschen,]

Der Reiter kümmerte sich nicht um diese Worte.

Da war es ihm, als träte ein Schatten vor ihm auf die Erde, er wendete sich um, und sah in einiger Entfernung den Mann mit dem kurzen wollig struppigem Haupthaare neben sich stehen, welcher auf der Gassenbank einen Draht um einen Topf gelegt hatte. Der Mann sah den Reiter mit dunkeln Augen an.

"Das ist ein starkes Thier," sagte er.

Der Reiter blikte den Mann eine Weile an, dann antwortete er ihm: "Es ist stark, kennst du die Pferde."

"Nicht gar so gut; aber ich kenne sie doch ein wenig, und habe die Freude daran," entgegnete der Mann.

"Nun, und da hast du auch an diesem da Freude?" sagte der Reiter.

"Weil ich gar nie, eins gehabt habe, so muß ich mir an fremden Pferden Freude machen," erwiederte der Mann, "und das Eure gefällt mir, und ihr gebt ihm selber so gut zu freßen, und bewacht es, daß es die rechte Treue erhält."

"Das muß man wohl für ein gutes Thier thun," antwortete der Reiter.

"Und ihr habt den eigenen Mantel darauf gelegt," fuhr der Mann fort, "damit es nach dem scharfen Ritte sich nicht verkühle, daß es langsam die Wärme verliere, und dann zu Nahrung und Trank in Bereitschaft sei."

"Da sehe ich ja wohl, daß du die Pferde nicht kennst," sagte der Reiter, "nach einem scharfen Ritte muß man das Thier nicht mit einem Mantel bedeken und stehen lassen, sondern es langsam ausreiten, und gemach langsamer und langsamer, wie man sich dem Orte nähert, an dem man es stehen lassen will. Wenn man aber bis zu dem Orte scharf reitet, oder es so thun muß, so kann es nicht anders sein, als daß man das Pferd nach dem Ritte noch mit der eigenen Hand führet, und zusieht, wie schnell das sein muß nach der Erhizung des Thieres, und wie es immer langsamer werden darf, da es sich erholt, und wie man es erst dann stehen lassen kann, und es gut bedeken muß. Ich reite, wenn ich mit dem Pferde da reise, immer nur Schritt für Schritt, weil das Thier mehrere Tage hindurch angestrengt werden muß. Da darf seine Kraft nicht verwendet werden, daß man eher an einen Ort kömmt. Ich komme später, viele Tage später an, und habe ein gutes Pferd. Das Thier weiß es, und dankt es einem in anderen Dingen. Wenn ich es übe, daß es weiß, was es in der Noth zu thun [hatte] habe, und daß es dann die Kraft besizt und aufwendet, wenn ich es da tummle, seitwärts werfe, zum raschen Stehen bringe, in heißen Ausgriff seze, so begreift es alles, was es [zu] thun [hat] soll, ist folgsam, und sucht die Dinge zu lernen, die ihm brauchbar sind. Es bereitet sich mit mir vor und wird in der Gefahr erst ganz das Rechte thun."2
Randnotizen: Das sagt er dem Mädchen Bertha, (habt ihr euch auch geübt?) Hierher gehörts.
"Ihr bereitet euch also mit dem Pferde zum Kampfe?" fragte der Mann.

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