Witiko

H39


[(zu 39 Witiko)]1

"Ich werde nicht das Banner tragen," sagte Witiko, "aber ein ruhmreicher Herzog von Böhmen wird es tragen lassen."

"Vielleicht dein Sobeslaw?" sagte der Scharlachreiter.

"Vielleicht Sobeslaw, vielleicht der, der nach ihm kommt," entgegnete Witiko.

"Warum hat er dann den König Lothar, als er ihn bei Chumec geschlagen und eingeschlossen hatte, entkommen lassen, und sich begnügt, Herzog von Böhmen zu sein?" sprach der Scharlachreiter<.>

"Das wird er wissen," entgegnete Witiko, "und er wird wissen, warum er zu den Deutschen steht, das hindert nicht, daß er unser Volk einmal ruhmvoll nach Außen führt."

"Also reitest du nicht aus dem Lande der Königin von Saba oder aus Ophir daher, sondern gehörst zu unserm Volke, wie du sprichst," sagte der Scharlachreiter.

"Du siehst, daß ich nach Mitternacht reite, also komme ich vom Mittage her," entgegnete Witiko<.>

"Wir reiten ja alle mit dir nach Mitternacht, also kommen wir vom Mittage her," erwiederte der Scharlachreiter.

"So ist es auch," sagte Witiko, "und es ist nur, wer weiter her kömmt."

"So pilgerst du vielleicht von dem Walde heraus, in welchem Tannen und Moosbeeren wachsen," sagte der Scharlachreiter.

"Tannen und Moosbeeren und anderes," sagte Witiko, "und wo manche Stelle zu einer edlen Waldburg für einen genügsamen Mann ist."

"Dort begnügen sie sich mit Fröschen," sagte der Scharlachreiter.

"Sie begnügen sich mit Fröschen," antwortete Witiko, "und das ist ein Vorzug."

Der Scharlachreiter wendete sich bei diesen Worten halb auf seinem Pferde um, und rief auf seine Begleiter zurük: "Wie wäre es, Freunde, wenn wir einmal in den Mittagwald unseres Landes jagen gingen, aus dem die schöne Moldau kömmt, der Ledermann hier meint, es wäre nicht so schlecht dort."

"Wenn die Wölfe und Bären und Hirsche im Winter dort nicht erfrieren, so müssen ihrer genug sein," rief der schöne Jüngling, welchen der Scharlachreiter den Sohn des Nacerat geheißen hatte.

"Und wir dringen mit der Lanze in der Hand und mit festen Stiefeln an den Füssen durch Gestein und Moor und Wurzelgeflecht," rief der, welchen der Scharlachreiter Welislaw genannt hatte.

"Wer weiß, ob dort schon einmal eine Jagd, wie sie die Vorschrift fordert, abgehalten worden ist," rief Odolen an der Seite Witikos, "und wenn wir die ersten sind, die eine Kunstjagd dort einführen, so haben wir Ruhm, und mehr Ruhm, je mehr wir überwinden müssen. Der Sieg gilt erst recht, wenn man Berge umwirft, um zu dem Feinde zu gelangen."

"Du tränkest einen Fluß aus, um zu ihm zu kommen," sagte der Scharlachreiter.

"Das wäre viel zu langsam," rief Odolen entgehen, "ich wirf mich mit unsern Leuten hinein, und schwimme hinüber."

"Wir gehen hin," rief der, welcher von dem Scharlachreiter Ben geheißen worden war, "weil wir noch nicht dort gewesen sind."

"Und Wurzeln Kräuter werden wir wohl finden, daß wir eine Würze haben, wenn wir uns einen Dachs zum Essen braten müssen," rief der, welcher Casta genannt worden ist.

"Und die Bärenfelle bringen wir den Frauen und Jungfrauen zu weicher Hülle," rief einer der Söhne Smils.

"Ja, deiner Mutter zum Füssewärmen," sagte Welislaw.

"Wir gehen einmal hin," rief der Scharlachreiter, "den Tag können wir noch verabreden, wer weiß, was wir da finden und erfahren, und der alte Cosmas lebt ja auch nicht mehr, unsere Sitten lateinisch zu tadeln, da er die der alten Zeiten preist."

"Wir gehen hin," rief eine Stimme.

"Wir gehen dahin," rief eine andere.

"Ja,ja," rief wieder eine.

"Und unsre Sitten sind wahre reine weite Lämmlein gegen die Wölfe, die gewesen sind," sagte der Scharlachreiter, indem er sich auf seinem Pferde wieder nach vorwärts wendete, "wenn Cosmas
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1 Ursprünglich als Beilage zu Seite 39 (vgl h32) gedacht