Witiko

H33, S. 42b


Da sprang das Haupt der Wrse, der die andern anführte, hervor, und sagte: "Dich will ich nicht tödten, daß du kein Martirer wirst; aber an deinen Brüdern und deinem Hause will ich mich rächen bis in das lezte Glied." Dann eilten sie von dannen, und da sie durch Verrath den Aufenthalt der Schuldigen erfahren hatten, rannten sie dorthin, und drängten das Kloster durch Gewalt und Versprechungen, bis das Weib heraus gegeben wurde. Da ihr Gatte sich weigerte, sie zu tödten, so ließen ihr die Wrse von einem gemeinen Diener den Kopf [abschlagen] abhauen. Zürnend weinend und die Wrse mit seinem Fluche belegend verließ Adalbert sogleich Prag und Böhmen und begab sich nach Rom. Die Wrse begannen nun die Fehde gegen die Brüder Adalberts, deren noch fünf im Lande waren, die das ungetheilte Erbe Slawniks besassen, und in der väterlichen Burg Libic wohnten. Der Kampf dauerte lange, wurde unterbrochen, fing wieder an, und da die Slawnike endlich alle ihre Besizungen bis auf Libic verloren hatten, wurde auch dieses belagert und erstürmt. Als alle tapfere Gegenwehr der Slawnike vergeblich war, ertheilte ihnen der Abt des Klosters Brewnow Anastasius, welcher ein alter Freund des Hauses und eben in demselben gegenwärtig war, den Rath, sich in die Kirche zu flüchten. Alle Nachkommen Slawniks Männer Weiber und Kinder begaben sich in die Kirche zu dem Altare. Mit Versprechungen lokten sie ihre Feinde hervor, und mordeten sie dann alle ohne Unterschied. Was man an Dienern und Männern der Ermordeten in der großen Burg fand, wurde in die Leibeigenschaft abgeführt. Der Abt Anastasius floh nun aus Böhmen nach Ungarn, und kehrte nie wieder zurük. Das war eine alte That der Wrse, ehe man noch das tausendste Jahr des Heiles zählte. Sie nahmen nun auch die Güter der Slawnike, und ihr Haupt wohnte in späteren Zeiten oft in Libic. Drei der Slawnike waren dem Untergange ihres Geschlechtes entronnen: Adalbert, welcher in Rom war, Radim sein jüngster Bruder, welcher ihn begleitet hatte, und Sobebor, der älteste, welcher, als einmal die Fehde ruhte, in einem böhmischen Heere mit dem jungen Kaiser Otto dem dritten gegen die aufrührerischen Nordslawen gezogen, mit dem polnischen Herzoge Boleslaw bekannt geworden, und nach Polen gegangen war, wo er später Ehren und Reichthümer erlangte; aber das Haus erhob sich nie wieder, und blieb erloschen. Es war damals ein Prinz des Hauses Premysl, Boleslaw Rothhaar, der die Wrse sehr begünstigte, und mit ihnen sogar gegen die Slawnike gekämpft hatte. Als er den Herzogstuhl bestieg, waren ihm die Wrse die nächsten. Einem gab er sogar seine Tochter zur Gattin. Boleslaw Rothhaar war aber ein werthloser Mann, er verlor die Nebenländer Böhmens und war wüthig gegen Hohe und Niedere. Da brach die Empörung im dritten Jahre seiner Herrschaft gegen ihn aus, und die Wrse standen an der Spize. Er mußte fliehen. Als er später wieder auf kurze Zeit zur Macht gelangte, lud er in der Fastnacht, wo sich alle in Prag erlustigten, die hervorragendsten Männer des Landes, darunter vornehmlich einige Wrse zu sich, und da er sie durch Freundlichkeit getäuscht hatte, überfiel er sie mit seinen Häschern, stieß seinem Schwiegersohn zuerst selbst den Dolch in den Leib, und tödtete dann alle, die er fürchtete. Er wurde aber noch in demselben Monat von dem polnischen Herzoge Boleslaw geblendet, und starb unbeklagt nach Jahren in einer entfernten polnischen Burg. Wohl siebenzig Jahre später, als der König Wratislaw herrschte, waren Wrse wieder in Ansehen: Buc Cac Dobromil Tista und andere. Da jedoch dessen Sohn Bretislaw folgte, wurden wieder die zwei mächtigsten Wrse aus dem Lande verbannt, Mutina, der bisher der vertrauteste Diener Bretislaws und Zupan von Leitmeriz gewesen war, und Bozey, das Haupt der Wrse, Herr auf Libic und Zupan von Saaz. Der Herzog hatte bei der Belagerung und Eroberung der polnischen Feste Brdo ein Einvernehmen der Wrse mit den Feinden bemerkt. Vier Jahre später, da man das Jahr 1100 schrieb, als dieser Herzog Bretislaw einmal in der Abenddämmerung des heiligen Thomastages von der Jagd in
(1) de[n] Wäl
(2) dem W[ä]<a>lde
von Bürgliz gegen seinen Hof in Zbecna zurük kehrte, und man ihm in dem Dunkel der Wälder mit Fakeln entgegenging, sprang ein Mann, Namens Lorek aus dem Dikicht hervor, und stieß ihm mit Gewalt einen Jagdspieß in den Leib.