Witiko

H32, S. 39c

"Ich weiß das; aber Angelobungen können umgeändert werden, wenn ein Prinz sich recht bemüht," antwortete Witiko.

"Du denkst übel von unsern Prinzen," erwiederte der Scharlachreiter, "wenn du meinst, daß sie Sazungen verlezen werden."

"Ob sie Sazungen verlezen, oder ob es andere thun, weiß ich nicht," sagte Witiko, "lassen wir die Prinzen, und reden wir von dir. Ich weiß nicht, ob du ein höherer oder niedrerer Stand von Böhmen bist, ob du auf dem Landtage von Sadska gewesen bist, und dem Herzoge etwas versprochen hast. Aber was versprochen worden ist, und was der Herzog geordnet hat, das hindert nicht, daß man sich dächte, wie es wäre, wenn man die höchste Gewalt hätte. Und über diese da, welche hinter uns reiten, übst du ein Ansehen aus."

"Es mag das sein, wie es will," entgegnete der Scharlachreiter, "uns junge Männer hat man nicht nach Sadska gerufen, dorthin sind die gereiften Alten gezogen, und was diese gestiftet haben, das werden wir halten, wenn sie es wollen. Indessen leben wir nach unserm Sinne, und wenn du glaubst,daß diese da um mich in einigen Dingen mir gefällig sind, so ist das ihre Sache. Wir treiben in diesen Tagen die Jagd, und treiben sie in höherem Gemüthe. Wenn die andern meinen, sie freuen sich, wenn sie schlemmen, und wenn sie der Jagd obliegen, um das Wild zu genießen, so ist uns der Becher nur ein Zugewürz, und wir suchen das starke Wild, und fällen es, ohne an einen andern Zwek zu denken, so wie wir die Mädchen mit unsern Worten gewinnen, um sie in Ehre zu behandeln. Sind da schöne Jagdgründe, wo du zu Hause bist?" 1

"Ich gehöre in den äußersten Mittag Böhmens," antwortete Witiko, "und dort sind große und ausgebreitete Wälder."

"Ich kenne sie," sagte der Scharlachreiter, "sie sind sehr groß; aber sie sind zur Jagd wenig ersprießlich, weil sie fast undurchdringlich sind, und weil in ihnen wegen des Wurzelgeflechtes der Sümpfe und des Steinbodens Roß und Mann kein Fortkommen findet."

"Ja, sie sind fast undurchdringlich," antwortete Witiko, "und die Herzoge von Böhmen werden wenig in jenen Streifen gewesen sein."

"Die Landgedinge des Herzogs nüzen ihm dort nicht viel," erwiederte der Scharlachreiter, "weil sie unwirthbar sind, und ihre Dinge nicht zu Werthe gebracht werden können."

"Die Unwirthbarkeit wird dem menschlichen Geiste und den menschlichen Thaten weichen, und ihre Dinge werden Nuzen bringen," sagte Witiko, "die Länder an der knabenhaften Moldau sind schön und erhebend. Ich habe sie durchzogen, und habe Höhen und Steinzungen von Wasser umflossen gesehen, auf denen ein Waldschloß herrlich stehen würde."

"Du baust auch Schlösser auf Höhen?" sagte der Scharlachreiter.

"Wie es kömmt, auf Höhen und Felsen," sagte Witiko<.>

Nach diesen Worten wendete sich der Scharlachreiter auf seinem Pferde um, und rief: "Meine Freunde, dieser da sagt, daß der Mittag unseres Landes so schön sei, während man sonst gemeint hat, daß auf armseligem Gesteine die moosige Tanne und die kahle Erle wachsen."

"Nein, es sind die schönsten Waldgewächse dort," rief Witiko dazwischen.

"Wie wäre es," fuhr der Scharlachreiter fort, <">wenn wir ein mal, da wir alles durchstreift haben, und lange Weile fühlen dahin gingen, um zu jagen? Was sagst du Odolen?"

"Meine Meinung ist immer die," antwortete Odolen, "daß es Lohn ist, wenn man der Ungefügigkeit eines Waldes bei kommen muß, um seine Thiere zu erlegen. Und wenn wir den Mittag zur Jagd tauglich machen, so sind wir die ersten, die dieses Land besiegt haben. Der Feind wird immer mehr werth, je mehr Berge man umwerfen muß, um zu ihm zu gelangen."

"Und was meinst du, Welislaw?" fragte der Scharlachreiter<.>

"Ich meine, daß wir diese Mühsal suchen sollen," erwiederte der Gefragte.

"Und du Sohn des weisen Nacerat?" fragte der Scharlachreiter.

"Wir finden dort neue Begebniße," sagte der Angeredete.

"Und ihr andern?<"> fragte der Scharlachreiter.

"Wir ziehen ein mal hin," riefen mehrere Stimmen.

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