Witiko

H309

Rowno antwortete: "Lebe wohl."

Dann rief Witiko zu den Männern, die in der Stube waren: "Seid gegrüßt ihr Krieger, und gehabet euch wohl. Wir werden bald wieder auf dem nehmlichen Boden stehen."

"Sei gegrüßt, und lebe wohl," riefen die Männer.

Dann ging Witiko aus der Stube. Rowno und mehrere Männer geleiteten ihn. Da er in dem Hofe war, bestieg er sein Pferd, und seine Begleiter bestiegen ihre Pferde. Deßgleichen sezten sich Rowno und seine Männer auf ihre Pferde, und da Witiko durch das Thor und über den Damm hinaus ritt, gaben sie ihm das Geleite, bis er bei seinem Zuge angekommen war. Dort grüßten ihn Rowno und die Seinigen noch mit kriegerischer Ehre, und wandten sich dann zu dem Thurme zurük. Witiko aber gab das Zeichen, die Hörner ertönten, und der Zug sezte sich wieder in Bewegung.

Er ging in dem Thale an dem Bache dahin, der gegen den Morgen floß.

Hie und da begegneten ihm Männer, die zu Rowno zogen.

Als der Mittag schon vorüber war, gelangte der Zug in die krumme Au. Von dort ging er zwischen den Felsen und der Moldau hinaus in freieres Land. Auf diesem Lande machte
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er ein Lager. Mehrere Männer saßen auf Steinen, mit denen die Äker eingefaßt waren, Andere saßen auf Stellen, welche schon der Schnee verlassen hatte, oder auf Dingen, die aus dem Schnee hervor ragten, und viele standen, und stüzten sich auf ihre Lanzen. Sie nahmen Nahrung hervor, und erquikten sich. Die Frauen und manche Männer, die ihnen halfen, machten aus Holz, das sie gesammelt oder aus Dingen umher gewonnen hatten, zahlreiche Feuer, daran man sich wärmen und Speisen bereiten konnte. Den Pferden wurde ihre Nahrung gereicht und ihr Trank aus der Moldau geholt.

Da dieses geschah, ritt eine Zahl von Männern von der krummen Au her gegen das Lager. Als sie an demselben angekommen waren, und man sie gefragt hatte, was sie wollten, sagten sie, Diet von Wettern sende sie, und sie müßten mit Witiko sprechen. Sie wurden zu Witiko geführt, und er sprach eine Zeit mit ihnen. Dann ritten sie auf dem Wege, auf dem sie gekommen waren, wieder zurük.

Als die Menschen und Thiere gerastet hatten und gesättiget waren, ging der Zug wieder gegen Morgen weiter. Er ging zwischen Felder und Wiesen und kleinen Wäldchen und zerstreuten Wohnungen hindurch, er ging an dem Orte Welesin vorüber, und kam gegen den Abend nach Daudleb. Als er dort auf den Feldern stehen blieb, ritt eine große Zahl von Männern über die Brüke zu ihm heraus. An der Spize dieser Männer war der alte Lubomir, dann war Rastislaw, dann war Widimir, dann war Wentislaw, dann war Kodim, und es waren Momir und Dis. Witiko erkannte unter den Männern auch Slawa und Radim und Hostiwil und andere. Hinter allen ritt der Priester in dem dunkeln Gewande, der bei der Vertheidigung von Prag gewesen war. Witiko war vor seinen Männern auf seinem Pferde. Hinter ihm waren die Reiter, und hinter den Reitern waren in einem großen Bogen die Fußgänger. Alle richteten ihre Angesichter gegen die, welche kamen.

Als die Reiter zu Witiko gelangt waren, hielten sie an. Lubomir saß auf einem schwarzen Rosse. Es hatte ein dunkles faltiges Gewand an, das von einem silbernen Gürtel gehalten wurde, auf dem blaue Steine waren. Sein Haupt trug eine schwarze Haube aus Sammet, von der aus einem großen blauen Steine eine kurze weiße Feder empor ragte. Unter dem Rande der Haube waren die weißen Haare zu erbliken. Das Pferd hatte eine dunkle Ausrüstung und Zäumung, die mit Silber besezt war.

Als nach seiner Ankunft einen Augenblik Schweigen gedauert hatte, hob er seine rechte Hand empor, fuhr mit ihr [zu] in einem Bogen gleichsam über die Männer, hielt sie dann ruhig aus dem faltigen Ärmel[, und sprach:] gestrekt, und rief: "Lubomir, der Zupan, begrüßt die Männer auf dem Boden seiner Zupanei, und seine Sippen begrüßen die Männer. Die Krieger wird er morgen begrüßen, wenn seine Krieger versammelt sind."

Dann ließ er die Hand wieder nieder sinken.

Dann rief er: "So viele die Zupenburg beherbergen kann, sind geladen, sich zu erquiken. Es werden Speisen und Getränke und Deken und Lagerzeuge und Geschirre und Pferdebedürfnisse auf das Feld heraus geschafft werden, und so mein Wort gilt, werden die Thüren der Häuser des Burgflekens geöffnet werden."

Auf diese Worte rief eine Stimme unter den Männern, die hinter Witiko waren: "Das ist der edle Zupan, und er ist in Prag gewesen, und wir sind ihm Dankbarkeit schuldig für das, was er biethet."

Es war die Stimme des Schmiedes, Peter Laurenz, gewesen, welche gerufen hatte.

"Dankbarkeit und Dank," rief eine große Zahl von Stimmen.

Dann wandte sich Lubomir zu Witiko, und sagte: "Du reitest wie ein Mann von diesen Männern vor ihnen. Sei gegrüßt, und wenn du mein Dach nicht verschmähst, so lasse es heute mit denen [unter] über deinem Haupte sein, die noch darunter eingehen wollen."