Witiko

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unwirksam zu machen geeignet schien. Die Verlängerung der Hauptbedekung hing nicht lose auf den Naken herab, sondern, lag ihm vielmehr dicht an, und wurde unter dem Wamse geborgen, welches von demselben Leder den ganzen Oberkörper knapp umhüllte. In den Achselhöhlen war der Zusammenhang des Stoffes wie durch einen Schnitt unterbrochen, so daß der Arm mit Leichtigkeit hoch gehoben werden konnte, und daß man bei einem solchen Emporheben auf die leinene Leibbekleidung des Mannes durch den Spalt hin ein zu sehen vermochte. Sonst war das Leder gleichmäßig und, wie er schien, in sehr großer Dike um den Körper gebunden und geschnallt. Seine Farbe war ursprünglich gelb gewesen, und wiewohl man nicht verkennen konnte, daß große Sorgfalt auf dessen Reinhaltung und Wiederreinigung verwendet wurde, so mußte man doch auch zugeben, daß sein Zustand von dem, in welchem es neu gewesen war, sich schon in einiger Entfernung befand. Es zeigte Wetterschaden und Spuren ausgetilgter Fleken. Ganz von demselben Leder war die Beinbekleidung. An der Hüfte hing ein Schwert. Eine Art Mantel oder Oberkleid von Tuch oder überhaupt einem Wollstoffe war zusammengeschnürt an den Sattel geschnallt, weßhalb man die Gestalt und das Wesen dieses Dinges nicht zu ergründen vermochte. So saß der Mann auf dem grauen Pferde. Weder eine Feder noch auch ein anderes Abzeichen war auf dem Haupte oder an einem anderen Theile des Körpers vorhanden. Die Hände waren blos, die rechte war frei, die linke führte [den] die Zügel. Das Pferd gehörte zu jener Gattung, wie sie aus dem tiefen Alpengebirge zum schweren Zuge oder sonst zu schwerem Dienste in das flachere Land heraus gebracht werden. Es hatte nicht die ganze Größe und Stärke jener Zugpferde, aber seine Hüften waren doch schwerer und seine Hufe größer, als eigentlich kriegerische Reiterpferde [von] edle[n]r Reiter<n> zu allen Zeiten zu haben pflegen. Sonst schien das Thier noch jung feurig geduldig und zuverläßig. Es war im frühen Vormittage, als der Mann durch die Schlucht hinaus ritt. Er sah gelassen vor sich hin. Er schaute weder nach dem einen Berge noch nach dem andern noch nach der Stadt zurük. Als er aus der Schlucht gekommen war, ging das graue Thier bei mäßiger Sommerwärme einen Berg hinan, einen Berg hinab, eine steile Lehne empor, eine steile Lehne hinunter, ein Wäldchen hinein ein Wäldchen hinaus, und ein immer größerer Bodenstrich legte sich zwischen den Reiter und die Stadt Passau.

In dem Orte Hauzenberg hielt er an. Die Häuser gingen sanft gegen eine Anhöhe hinan. Hier schien schon eine rauhere Luft zu wehen; denn während man in Passau sehr gute Äpfel zog, während die große Hängebirne von den Zäunen der Häuser und von den Latten an allerlei Felsstüken in jedem Herbste zahlreich hernieder hing, und der Bischof gar Aprikosen in seinen Gärten hegte, stand hier nur der Waldkirschbaum, er stand nur hie und da, er stand in einer in manchen Theilen zerstükten Gestalt, welche bewies, daß harte Stürme in den Wintern an den Ästen vorüber gegangen waren. In sehr schöner Gestalt dagegen in großer Menge in zarter Jugend und in hohem Alter stand die Eberesche umher, sie stand fast bei jedem Hause, mischte ihr Grün mit dem Grau der Dächer,
Randnotiz: das Grün des Laubes und das Roth der Beeren
und Merkmale an ihr zeigten an, daß sie im Herbste eine große Fülle der rothen Beerenbüschel in ihrem Laube haben werde. Da stand auch unter solchen Ebereschen eine große Herberge Die Herberge in Hauzenberg, in welcher Wanderer, die des Weges kamen, gerne einzukehren pflegten, hatte vor ihren Fenstern einen geräumigen Plaz, den man, wie heute noch derlei Pläze, die Gasse nannte. Sonst gingen an den Seiten des Hauses noch offene Schoppen vor, unter welche man Pferde führen konnte, die man eben nicht in den Stall thun wollte. Sogar im Freien konnte man Pferde an hohe Pflöke, welche zu diesem Behufe in die Erde gerammt waren, anbinden, und ihnen als Futterbehältniß einen jener

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