Witiko

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älteren und jüngeren Herren der Burg. Die Bischöfe gaben ihm schöne Gewänder und Gold zum Geschenke. Er gab den jüngeren Rittern Geschenke, und sie gaben auch ihm Geschenke.

Am anderen Tage, ehe noch die Menschen in der Stadt ihren Geschäften nachgingen, und die Thore und die Fensterleden geöffnet waren, ritt er mit Raimund über die schwache Anhöhe zu der Donau hinab. Saumpferde mit seiner Habe folgten. Auf dem Wasser stand an dem Ufer ein schöngebordetes Schif. Es hatte eine grüne Farbe und einen rothen Schnabel. Auf dem Schiffe stand ein Haus von einer andern grünen Farbe und mit rothen Zierathen. Es wurden Güter auf das Schif geladen, und Menschen gingen auf dasselbe. Witiko und Raimund ritten zu dem Schiffe, stiegen von den Pferden, führten die Pferde über eine Brüke in [dasselbe,] das Schif, brachten sie dort in ein Gelaß, in dem Borne und Heuleitern waren, und halfterten sie an. Dann wurde Witikos Habe in das Schif geladen. Hierauf sezten sich Witiko und Raimund auf eine Bank, die auf dem Dache des Schifhauses nach der Länge dahin ging. Als die Güterladung vollendet war, und alle Menschen sich auf dem Schiffe befanden, wurde die Brüke abgetragen, die Taue gelöset, und die Schiffer drükten mit Stangen den Schnabel vom Ufer. Als der Schnabel von dem Fahrwasser gefaßt worden war, wendete sich das Schif, und glitt auf dem Wasser hinunter. Die Steuemänner walteten auf ihrem Gerüste mit dem langen Baume des Steuers, und die anderen Ruder wurden in das Wasser gesenkt, und trieben das Schif vorwärts. Es fuhr an den Häusern der Stadt vorüber, an der Mündung der schwarzen Ilz vorüber, und in das breite Wasser hinunter, wo sich die Flüsse Inn und Donau berührten. Die Stadt Passau rükte zurük, der klippige Ilzberg rükte zurük, und das Schif ging in die Waldschlucht nieder, in welche Witiko mit den Bischöfen zur Jagd geritten war. Es war lauter Wald ohne eine lichte Stelle. An den Ufern waren Streifen Wiesen und Felder, und es stand hie und da ein Haus. Auf den Waldhöhen war manche Burg. Die Augen aller Menschen sahen auf die Burg Martspach, in welcher der Ritter Werinhart wohnte. An dem anderen Ufer stand in der Niederung auf einer grünen Wiese das Haus Marquards von Wesen, des Schenken des Hochstiftes Passau. Wo die obere und die untere Mihel in die Donau mündeten, waren feste Gebäude. Das rothschnablige Schif fuhr beinahe den ganzen Tag in der Schlucht fort. Als die Sonne schon gegen den Abend neigte, kam es mittagwärts in ebnes Land hinaus. Man sah hier in der Ferne die Alpenberge, wie sie Witiko von dem Walde des heiligen Thomas erblikt hatte. Wo die Waldschlucht endigte, war der Ort Aschach. Es wurde hier das Schif an das Ufer gelegt. Es wurde die Wassermauth gezahlt, es wurden Waaren ausgeladen und eingeladen, und Menschen gingen aus dem Schiffe, und andere kamen wieder auf dasselbe. Dann fuhr man weiter gegen breite Auen hinab. Man fuhr zwei Stunden zwischen den Auen fort. Dann kamen wieder Berge an den Fluß. Auf dem linken Ufer waren waldige Höhen. Auf dem rechten stand ein finsteres Waldhaupt empor, und die Leute sagten, dort sei die Burg der Herren vom Kürenberge, die man aber nicht sehen könne. Witiko zeigte Raimund das Waldhaupt, und sagte, [daher] von da stamme der junge Ritter vom Kürenberge, der mit ihm [in Passau] ein Knabe des alten Bischofes Regimar gewesen sei, und damals schön gesungen und die Fiedel gespielt habe. Das Schif fuhr eine halbe Stunde zwischen den Bergen[, d]. Dann kam es wieder in freies Land, und auf dem rechten Ufer lag die Stadt Linz. Das Schif wurde in dunkelm Abende an das obere Gelände der Stadt gelegt. Witiko und Raimund führten ihre Pferde über die errichtete Brüke auf das Land, und dort durch den Wasserthurm in die Stadt. In der Wasserherberge fanden sie Unterkunft. Ehe sie aber die Ruhe suchten, rüsteten sie die Pferde, und ritten, damit die Glieder derselben bewegt würden, eine Streke an der Donau abwärts, und dann in die Stadt. Sie ritten in der Stadt herum, und betrachteten, wo ein Schein aus den Häusern kam, die Gebäude und die wandelnden Menschen. Dann ritten sie in ihre Herberge, pflegten sich und die Pferde, und begaben sich zur Ruhe.

Als am andern Tage das erste Morgenlicht an dem Himmel war, fuhr das Schif wieder weiter abwärts. Witiko und Raimund saßen wieder auf der Bank des Daches. Das Schif fuhr gegen Auen hinab, und zwischen Auen fort. Nach zwei Stunden sah man auf dem rechten Ufer die Zinnen und Mauern der Stadt Ens, an welcher Stelle die alte Stadt Lorch gestanden war[, und wie]. Die Donau wurde nun ein großer Strom, weil die Flüsse Traun und Ens hinzu gekommen[, dann nach]1 waren. Und wieder nach zwei Stunden sah man
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1 Fortsetzung des getilgten Textes auf H 221/S.267b.