Witiko

H259


kam alle Herrschaft in Sicilien und Apulien an diesen zweiten Roger. Er wurde dann König und vor zwölf Jahren in der heiligen Weihnachtzeit von dem Gegenpapste Anaklet durch einen Kardinal in der erzbischöflichen Kirche in Palermo gesalbt. Der im Himmel selige Kaiser Lothar hat wohl[, da er] nach seine[n]m Krönungszug nach Rom [machte,] das ganze Land Italien erobert, und Roger auf Sicilien zurük gedrängt, und den heiligen Vater Innocenz gegen Anaklet auf seinen Stuhl nach Rom geführt; aber da Lothar nach Deutschland zurük gezogen, und auf dem Wege gestorben war, eroberte Roger wieder alle Länder des untern Italien[s], und wurde von dem heiligen Vater Innocenz als König von Apulien, [K]Calabrien, [K]Capua und Sicilien [an]erkannt. Und [so steht jetzt] da steht er nun, der Enkel des Mannes Tankred [aus dem Lande Normandie vor den Menschen da, angehörig einem gewaltthätigen Geschlechte, das nicht zurük weicht, zu nehmen, was zu nehmen ist.], als ein gewaltiger Herrscher da, bereit, Alles zu nehmen, und sei es so viel, als [nur] eines Menschen Haupt zu denken vermag. Und [siehe, mein geehrter Bruder Zdik,] wie sind die Sachen indessen in dem oberen Italien [geworden?] gediehen? Wenn man mit Worten [noch] den Kaiser [gelten läßt,] nennt so achtet [mit] in Thaten niemand [auf ihn] sein. Die Begierden [suchen ihre Beute] herrschen, und Venedig kämpft mit Ravenna, Florenz und Pisa mit Lucca und Sienna, Verona und Vicenza mit Padua und Treviso, Bologna mit Modena, und die Herren in dem Lande [mischen sich ein] sind dabei, und der Markgraf von Tuscien steht zu den Florentinern [bei], der Graf Guido zu den Feinden derselben, und [dabei] es erheben sich Räuberhorden, die den Freund und den Feind plündern, und Bischöfe und Äbte anfallen. Und hat nicht der Abt von Clugny, der auch von Räubern ergriffen worden war, an den König Roger geschrieben: O, wenn nur das arme Land [mit seinen anliegenden Theilen] deine[r]n [Herrschaft] Befehlen unterworfen würde? Und sind nicht diese Worte bekannt gemacht worden? Wenn nicht ein deutscher König [und römischer Kaiser kömmt, und das Land in die Hand nimmt, und fest hält,] zu retten k[ö]ommt, so wird [es] Roger [ergreifen, wird es in den Armen halten, wird Mehreres hinzu fügen, wird] das Land ergreifen, es mit einem Arme halten, und mit dem andern über die Alpen[berge nach den deutschen Gauen] langen, und [die Erde zu] Alles verschlingen streben[.]<,>["] oder Alles wird zerfallen."

"So ist es, hochehrwürdiger Bruder Regimbert," sagte Zdik, ["wer sich erhebt,] "das Erhobene wird gedemüthigt [werden], [wer klein ist,] das Kleine wird erhoben[, das Große zerfällt, und das Kleine wird eine Macht. Wie]<.> So stark wie dieser Roger [ist, wie], Robert [und], Boemund [gewesen sind, und], Wilhelm und Drogo, [so] sind noch andere auf dieser Welt, und wer weiß [es], ob nicht der deutsche König und römische Kaiser schon unter uns wandelt, der die [Wendung bringt] Rettung bringt."

"[Wenn] Konrad [die Zwiste wegen Baiern und Sachsen geendigt haben wird," sagte Regimbert, "so] wird [er] jezt auf seinen Römerzug gehen,<"> sagte Regimbert, "auch preisen viele den Knaben Friedrich [sehr]."

["] "Was ist Alles [ist klein] vor den Augen Gottes," antwortete Zdik, "Geschlechter steigen in die Grube, andere breiten sich aus, Reiche vergehen, und [Reiche] werden. Bei uns sind Männer von dem Herzogstuhle in das Elend gegangen, andere von dem Pfluge zur Herrschaft, Städte und Stämme haben gebothen und sind [[vergangen. Stämme haben gewaltet, und sind uns gerettet worden, und die Erde hat gegrünt und geblüht wie vorher.] verschwunden.] dahin. Aber Gott wirkt durch [[den Arm des] die Hand hoher Menschen Wunder,] die Menschen Wunder, welche leuchten von dem Aufgange bis zu dem Untergange, und welche nicht vergeßen werden, wenn [er] wir sie auch durch Unreinheit des Herzens [verloren gingen."] verlieren [sollten."]."

"Du sagst es, Bruder Zdik," antwortete Regimbert, "[es] das ist die Befreiung des heiligen Landes von der Schmach der Entweihung durch den Eifer [und die Waffen] [schwacher Menschen] gebrechlicher Menschen. Das ist das Wunder, das vor unserer Zeit geschehen ist, und das [in unsere Zeit herein leuchtet.] nicht vergessen werden kann. Es ist mein Gebeth beim Tage, meine Betrachtung in der Nacht, und mein [Himmelst]Traum in dem Schlafe[.], daß ich einmal [dahin] in das Land gelange. Ich erzähle mir, und wiederhole mir, wie es sich wundervoll zugetragen hat. Da ist ein Mann mit einem kleinen Körper,
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Randnotiz: (Hier folgt die Beilage)1
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[2mit schwarzen Wangen und mit nakten Füssen, Peter, der arme Einsiedler, zu dem heiligen Vater Urban gekommen. Er hat gesagt, daß er nach Jerusalem gegangen ist, er hat erzählt, daß er in den christlichen Ländern auf seiner Pilgerreise gepflegt worden ist, und daß ihm vornehme Frauen die Füsse gewaschen haben; denn es hat sich ausgebreitet, daß die Pilgerungen zum Heile der Seele dienen, um frömmer zu werden, oder sich von Schuld zu lösen, oder sich heilige Überbleibsel zu holen, welche ewigen Segen bringen, und viele Menschen sind nebst ihm nach Jerusalem gepilgert, und immer mehrere pilgern hin, um des Heiles erneut theilhaftig zu werden. Und je mehr Menschen nach Jerusalem gezogen sind, um so mehr [zogen] sind die Ungläubigen über die christlichen Länder in Asien gezogen, und brachten sie bis an das Meer in ihre Gewalt. Und da [wurden] sind die Pilgerungen zur Gefahr und zum Schreken geworden. Und die christlichen Pilger haben sich durch die Schreken nicht abhalten lassen. Siegfried, der Erzbischof von Mainz, Otto, der Erzbischof von Regensburg, Günther, der Erzbischof von Bamberg, Wilhelm, der Bischof von Utrecht mit großen Geleiten sind angefallen worden, und verloren Habe und [Leute] Männer. Eine schöne Äbtissin ist zu Tode entwürdigt worden. Von sieben Tausend Christen, die eine Wallfahrt unternommen haben, sind fünftausend getödtet worden. Theoderich, der Graf von Trier, welcher Kuno, den Erzbischof von Köln, erschlagen hatte, ging, um die schwere Schuld zu sühnen, nach Jerusalem, und ist nicht wieder zurük gekehrt. Die pilgernden Herren von Wulfenberg, von Thal, von Bingen sind verschollen, und ist nie mehr etwas von ihnen gehört worden. Die Türken schändeten die heiligen Orte, die Kirchengeräthe wurden zerstört, die Priester geschlagen und mißhandelt, der Patriarch wurde [bei Haar und Barth] den Haaren und dem Barte zu Boden geworfen, und wenn die armen Pilger den Zins nicht bezahlen konnten, um in die heilige Stadt kommen zu dürfen, wurden sie zurük gejagt, und die Christen konnten ihnen nicht helfen, weil sie selber beraubt und geplündert worden waren, und [weil] die Pilger konnten nicht gepflegt werden [konnten], [so] und3 mußten [sie] oft auf der Heimreise verschmachten. Und der Patriarch Simeon hat ihm Briefe gegeben, in denen [a]Alles geschrieben stand, was die Christen für Qualen erdulden mußten, und die Priester haben ihm Briefe gegeben, und unzählige Leute haben ihm Briefe gegeben. Und er ist wieder in das Abendland gezogen, und ist zu dem heiligen Vater gezogen, um ihm zu erzählen, was er gesehen hat, und um ihm die]2
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1 Vgl. Die Beilage zu H S.259.
2 Die äußeren Tilgungsklammern zeigen die Streichung durch Schraffierung an. Fortsetzung des getilgten Textes auf H S.260.
3 Ausgeschrieben.