Witiko

H254



"So gehe mit mir in meine Stube, hochehrwürdiger Bruder Zdik, und du auch, Witiko, bis eure Wohnung bereitet ist," sagte der Bischof von Passau.

Witiko sprach zu Raimund: "Du hast gesehen, was geschehen ist, gehe nun zu unsern Thieren, sie zu pflegen, und sei dessen gewärtig, was ich [weiter anordnen werde."] dich weiter heißen werde."["] Raimund [war stumm, und] ging durch die Thür hinaus.

Der Bischof von Passau berührte den Ärmel an dem braunen Gewande Zdiks, und führte ihn an diesem Ärmel in die [seidene] Stube von Seide. Witiko folgte. In der Stube führte der Bischof seinen Gast zu einem rothseidenen [Thronstuhle,] Stuhle, über dem ein Seidendach war, und nöthigte ihn, dort nieder zu sizen. Witiko wies er ein anderes seidenes Gesiedel an. Witiko sezte sich auch. Der Bischof aber ging zu einer silbernen Gloke, die an einem silbernen Wandarme befestiget war, und that mit einem silbernen Hammer einen Schlag auf die Gloke. Da dieses Zeichen erscholl, öffnete sich eine Thür, und ein Kämmerling, der ein Gewand von veilchenblauer und gelber Farbe hatte, trat herein.

"Rufe mir den [Vater] Vater Konstantin," sagte der Bischof.

Der Kämmerling ging wieder durch die Thür hinaus. Der Bischof sezte sich auf einen Stuhl neben Zdik. Nach einer Weile kam ein Priester in die Stube, welcher ein schwarzes Gewand an hatte, und eine silberne Kette auf der Brust trug.

Zu diesem Priester sagte der Bischof von Passau: "Ehrwürdiger Bruder Konstantin, und Meister im Hochstifte, der hochehrwürdige Oberpriester des Landes Mähren wird dieses Haus als Gast ehren, ich bitte dich, [leite Alles,] lasse ordnen, was zu dieser Absicht nothwendig ist."

"Ich werde meines Amtes walten," sagte der Priester.

Er verneigte sich vor den zwei Bischöfen, und ging wieder durch die Thür hin aus.

"Und nun sei noch ein mal in meinem Hause willkommen, Bruder Zdik," sagte der Bischof von Passau.

"Ich habe es gewußt, daß du dem flüchtigen Haupte ein Kissen geben wirst," antwortete Zdik, der Bischof von Olmüz.

"Was ihr dem geringsten eurer Brüder gethan habt, das habt ihr mir gethan," sagte der Bischof Regimbert.

"So ist es," entgegnete Zdik.

"Und weil die Geringen dem Heilande gleich sind, so müssen wir [die noch mehr] sie ehren, [die Gott geehrt hat.] und müssen sie ehren, wenn sie Gott heimgesucht hat. In deinem Sprengel sind die Sachen hoch gediehen, Zdik," sagte Regimbert.

"Ich habe meine Hand erhoben, und den Bann über das Land Mähren ausgesprochen, und irre nun flüchtig auf der Erde, und muß die[, welche] Menschen eines guten Herzens [sind,] bitten, daß sie mich geleiten und schüzen," antwortete Zdik.

"Und so segnet dich der Herr, begnadeter Bruder Zdik," sagte der Bischof Regimbert.

"Ich kann einen Segen nicht erkennen, weil ich eines Segens nicht werth bin," erwiederte Zdik.

"Du bist des Segens werth," sprach Regimbert, "weil du dem frommen Bischofe Adalbert[,] nach strebest, Zdik der einmal aus einem hohen Geschlechte [kommend] den Hirtenstab über eure Länder ergriffen hat[, nachstrebest. Und]. Dann aber hat dir der allgemächtige Gott [hat dir] die Huld gewährt, daß du schon zwei Male in Jerusalem gewesen bist, und an dem Grabe seines Sohnes gebetet hast. Und [er hat das Zeichen] dann hat er das Zeichen des Unglükes auf dein Haupt gesezt, daß er dich erhöhen wolle. Siehe, wie Hiob mehr bekam, als er je hatte, wie Jakobs Trauer um Joseph in Jakobs Freude über Joseph verwandelt wurde, wie David aus den Höhlen der Erde in die Gemächer des Königshauses [gehen durfte] ging, wie der Tempel nach der Gefangenschaft herrlicher wurde als vorher, wie die Schmach des Todes Petrus Rom zum Haupte der Christenheit erhob, wie die Verbannung und der Tod Gregors die Kirche mächtiger machte, als die Siege Heinrichs die Welt machen konnten: so verkläret der Herr das Haus des Glaubens durch Kümmerniß, und die Säulen, die dieses Haus tragen, werden glänzender sein, als sie vordem gewesen sind."

"Mir geziemt es nicht, so zu sprechen," sagte Zdik. "Ich bin ein Sünder, und habe Strafe verdient, und was gekommen ist, das ist die Strafe. Höre mich an, ehrwürdiger Bruder Regimbert. Seit langen Zeiten ist wegen den Sünden vieler die Hand des Herrn schwer auf unsern Ländern gelegen, und sie ist wegen der Sünden der Einzelnen auch auf die Einzelnen gekommen. Da unsere Völker noch Heiden waren, hat ihnen Gott, so [weit] weit er Heiden, die nicht an ihn glauben, beglüken kann, zuweilen Männer gesandt, die ihnen in ihrer Finsterniß beistanden. So war Zaboi, so war Lumir, so war Samo, so war Krok, so war [|Rustislaw| der Mährer, so war] die Frau Libusa, und so war Premysl, der Akerer und der Gatte Libusas. Von ihm ist ein Geschlecht gekommen, aus dem die Häupter des Landes wurden, die Wladyken, wie wir das Haupt eines Hauses den Wladyk nennen. Es sind [Nezamys] Nezamysl, Mnata, Woyen, Unislaw, Kresomysl, Neklan und Hostiwit gekommen. Sie sind lauter Heiden gewesen, da bei euch schon lange das Christenthum [[war] bestand] entstanden war. Dann ist Boriwoy gewesen, der ein Christ geworden ist, und dann sind sie lauter Christen gewesen. Sie haben sich Herzoge genannt, und sind geworden, wie bei euch Pipin von Heristal [gewesen ist] und Karl Martell und [wie] die andern, [gewesen]