Witiko

H252



Da dieses geschehen war, bestellte Witiko Speise und Trank für sich und seine Begleiter.

Als sie die Speisen [auf den Tisch gebracht worden waren, als sie die Männer] verzehrt hatten, und als [auch] die Pflege der Pferde vollendet war, ritten sie wieder weiter.

Sie ritten in einer Richtung zwischen Mittag und Abend an Gehölzen, Waldhütten, kleinen Wiesen und Feldern vorüber, und kamen, da die Sonne sich zu ihrem Untergange neigte, gegen die Stadt Passau.

Sie ritten über den Hals an die Ilz hinab, neben der Ilz an die Donau hinaus, dann zwischen der Donau und den Felsgesteinen eine Streke dem Wasser entgegen, bis sie zu einer Brüke kamen. [Sie] Dann ritten sie über die Brüke in die Stadt.

Witiko ritt durch eine lange Gasse, die zwei andern folgten ihm.

Er gelangte aus der Gasse auf einen freien Plaz, der über die andere Stadt erhöht war. An einer Seite dieses Plazes stand die große Kirche des Hochstiftes Passau. Witiko ritt an der Kirche vorüber in der Richtung gegen Morgen von dem Hügel abwärts. Da kamen sie an ein sehr großes Haus, das eine dunkle Farbe hatte, und in [starken] breiten Gliedern gebaut war. Witiko hielt an einer Pforte dieses Hauses an, neigte sich von dem Pferde, und schlug mit dem eisernen Klöppel, der sich an dem Thore befand, drei Male auf die Eisenschiene, auf welche der Klöppel paßte. Es öffnete sich hierauf ein kleines Thürchen in dem Thore, und unter dem Thürchen stand ein Mann, der eine veilchenfarbene Haube und ein veilchenfarbenes Mäntelchen hatte, sonst aber in ein gelbes Wamms und in gelbe Beingewandung gekleidet war. Er hatte weiße Haare und einen weißen Bart. Dieser Mann sagte: "Was begehret ihr?"

"Wir begehren zu dem hochehrwürdigen Bischofe von Passau," sagte Witiko, "da wir ihm Nachrichten bringen."

["So] "Ich hätte [ich] es[, wie ich der Thorwart bin,] nicht geglaubt," antwortete der Mann, "daß ihr so bald wieder kommen werdet, Witiko, weil ihr einen so großen Schmerz um den Tod des Bischofes Regimar empfunden habt, und weil ihr [an einem Tage] fort geritten seid. Wie ist es euch denn ergangen[, Witiko?"]?"

"Ich würde dir schon meine Schiksale erzählen, Odilo," sagte Witiko, "aber jezt ist mir daran gelegen, zu dem Bischofe zu gelangen."

"Wenn ich sagte, daß ich nicht eine große Freude habe, euch [mit so rothen Wangen] wieder zu sehen," antwortete der Mann, "so wäre es eine Lüge. Und zu dem hochehrwürdigen Bischofe werde ich euch weisen; denn er schenkt mir das Vertrauen, [[|das|] wie es] das mir der selige Herr Regimar geschenkt hat. Und ist denn der Krieg aus, in welchem [sie die Heiligen verbrennen?"] ihr gewesen seid?"

"Jezt ist er aus," sagte Witiko, "und ich weiß, [was] daß du in dem Hause [hier] als der Thorwart [angesehen bist, und du wirst uns das Thor öffnen, daß wir ein reiten,] viel giltst, und du wirst uns das Thor öffnen, daß wir einreiten, die Pferde unterbringen, und zu dem hochehrwürdigen Bischofe gehen können. [Du weißt es, wer ich bin, Odilo."]"

"Ja," sagte der Mann, "und ich habe mit dem hocherhabenen Bischofe von euch gesprochen, wie [du] ihr klug gewesen [bist,] seid und tapfer sein [wirst] werdet. Und wenn ihr meint, daß ich einem Freunde, der an mein Thor klopft, die Gastlichkeit verweigere, so irret ihr euch. [Ich verweigere sie nicht."]"

[Nun] Er wendete sich [der Mann] in dem Thürchen um, und rief nach Innen: "Hanns!"

"Ja," ertönte im Innern eine sehr starke Stimme.

"Schließe auf," sagte der Thorwart.

Hierauf rasselten hinter dem Thore Eisenstangen, der andere Flügel, in welchem sich kein Thürlein befand, wurde geöffnet, und ein sehr großer junger Mann stand an dem Flügel. Er hatte wie der Thorwart ein veilchenfarbenes Mäntelchen [um]; aber auf seinem Haupte war eine Eisenhaube, um seine Brust ein Harnisch und an seinen Beinen Schienen.

Witiko und seine Begleiter ritten [durch das offene Thor] an dem Manne vorüber in einen großen Hof. Dort hielten sie an, und stiegen von den Pferden. Der Thorwart und der junge Mann gingen ihnen nach.

"Hanns," sagte der Thorwart, "rufe die Stallbuben, und gehe zu Rudolph dem Steiner."

Der junge Mann rief gegen die Vertiefung des Hofes, und ging dann in das Gebäude.

Es kamen drei Stallbuben, und wollten die Pferde hin weg führen.

"Wartet noch," sagte Witiko.

Die Stallbuben und alle andern blieben bei den Pferden stehen.

Hanns kam wieder aus dem Gebäude, und ein ritterlich gekleideter junger Mann ging neben ihm.

Da sie herzu gekommen waren, sagte der Thorwart: "Dieser ist der Schüler Witiko, und sie haben für den hochehrwürdigsten Bischof Nachrichten. Ich empfehle Witiko."

"Sei mir gegrüßt, [Falke,] du treues Blut," sagte der ritterlich gekleidete Mann.

"Sei gegrüßt[.], Rudolph," sagte Witiko, "wir sollten zu dem hochehrwürdigen Bischofe."