Witiko

H242


Rand [desselben] [des Waldes] desselben gekommen war, theilte sich der Weg. Der eine Zweig [desselben] ging gerade zwischen den Stämmen empor in der Richtung gegen die drei Sessel [hin], der andere ging links an dem Saume des Waldes [und durch einen Theil desselben] fort. Witiko wendete sich gegen diesen Pfad. Da sah er in der Tiefe unten, in welche [der größere Theil des Wassers floß,] ein Arm des Wassers hinab floß, auf einem Steinbloke zwischen Gebüschen den Mann mit den schwarzen krausen Haupthaaren sizen, [den Heinrich, da Witiko das erste Mal in dem Waldhause gewesen war,] der einmal im Hauzenberge den Topf mit Draht um wunden, und [de] den Heinrich im Waldhause Wolf geheißen hatte. Der Mann blökte seine weißen Zähne gegen Witiko, lächelte, und wies [|wiederholend|] öfter mit seinem Finger in der Richtung des Waldsaumweges hin.

Witiko ging auf diesem Wege fort.

Er ging zuerst an dem Waldrande, dann [durch einen Theil des Waldes] zwischen Stämmen, dann wieder frei an dem Waldrande, immer aufwärts.
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Randnotiz: (Hier folgt die Beilage)1
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[2Es war eine Stelle, auf welcher ein sehr großer Granitstein ganz allein wie ein Fremdling aus dem weichen Grase empor stand. Der Stein war fast höher als eine Hütte im Walde. Man konnte von dieser Stelle weg über Ahorne und andere Bäume auf Heinrichs Haus und auf den entfernteren Wald sehen. Vor dem Steine war eine Bank aus Holz gezimmert. Neben der Bank stand an der Wand des Steines Bertha, die Tochter Heinrichs. Von ihren Füssen ging der grüne Rasen hinab zu grauen Steinen und Wald, zu ihrer Rechten ging der grüne Rasen eben gegen graues Gestein, und hinter ihr stand der dunkle Wald.

Sie war größer, vollkommener und schöner als sonst.

Wie damals ging das reichliche Gewand von dem Busenlaze zu den Knöcheln nieder, der Laz war aber nicht, wie damals, roth, sondern er hatte die dunkle Veilchenfarbe des Kleides, auch war über die Arme nicht Leinen, sondern Ärmel des Kleiderstoffes, und die braunen Haare waren nicht in Zöpfen, sondern in einem silbernen Neze.

So stand sie da, erglühend in der hohen Röthe des Angesichtes.

Witiko ging ihr näher.

Da er vor ihr stand, sagte sie: "Bist du gekommen, Witiko?"

"Ja, Bertha," sagte er, "und du stehst wieder wie mein Engel an dem Rande des Waldes, nur daß du nicht die Rosen hast."

"Es könnte ja auch ein anderer Kranz sein," entgegnete Bertha, "von dem Haidekraute des Waldes oder dem wohlriechenden Kunigundenkraute oder den grünen Blättern der Preußelbeeren."

"Die dunkelrothe Waldlose ist dein schönster Schmuk," sagte Witiko, "und sie ist das Zeichen meines Glükes. Bertha, du bist sehr schön geworden."]2

"Du bist auch schön geworden, Witiko," sagte Bertha, "und du bist zwei Jahre in dem oberen Plane jenseits des Waldes gewesen."

"Meine Mutter hat dort ein kleines Haus," antwortete Witiko.

"Und in dem Hause bist du gewesen," sagte Bertha, "du hast geholfen, kleine Arbeit zu [verrichten] thun, du bist zu [den] Leuten in [ihre] die Stuben gegangen, [du] und hast [die] Leute in deine Stube [ein]geladen, du bist auf deinem grauen Pferde die Wege um Plan [hin und her] geritten, du hast [einige] Nachbarn in dem Walde [und] [außer dem Walde] und fern des Waldes besucht, und [du] bist [oft] auf den Berg gegangen, auf welchem das rothe Kreuz steht."

"Ich habe von dem Berge auf die Wälder [geblikt] geschaut, die rings um ihn zu sehen sind," antwortete Witiko.

"Die Mädchen von Plan nennen den Berg Witikos Berg," sagte Bertha.

"Das habe ich nie gehört," entgegnete Witiko.

"Sie haben ihn [schon] so genannt, als du [noch] dort warest," erwiederte Bertha, "und nennen [ihn noch mehr so, seit du], [da] ihn so, da du fort warest. Du bist mit den Leuten des Waldes auf den Berg Wysoka und in die Stadt Prag gegangen [bist], und hast sie [dann] wieder in ihre Heimath zurük geführt [hast]."

"Woher weißt du den diese Dinge, Bertha?" fragte Witiko.

["Manchem Mann ist der Weg von der Moldau über den Wald zu uns herüber, nicht zu weit, mancher heilige
(1) [Mann]
(2) [Vater]
(3) Vater
geht sammeln in der Gegend herum, und unser Knecht Wolfram ist in allen Wäldern bekannt, er ist öfter in dem oberen Plane, bessert ihnen Werkzeuge aus, und bindet ihnen Töpfe."]

"Von der Moldau sind viele Wege herüber, mancher heilige Mann geht sammeln, und unser Knecht Wolfram kennt alle Fluren."

"Der Berg heißt der Kreuzberg," sagte Witiko.

"Du bist zu dem Herzoge Sobeslaw gegangen, und hast ihm treu gedient," sprach Bertha.

"Er ist [dem] unserm Lande[, von dem ich stamme,] ein gerechter und wohlthätiger Herrscher gewesen," sagte Witiko.

"Du bist zu ihm auf [seine] die Burg gegangen, da er sich zum Sterben [bereitete] rüstete," sagte Bertha, "und bist bei ihm geblieben, da sich die Herren [eurer Länder] zur Wahl eines Nachfolgers versammelten."
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1 Vgl. Beilage zu H S.242.
2 Die äußeren Tilgungsklammern zeigen die Streichung durch Schraffierung an.