Witiko

H235, S. 412

stellte seine Gezelte mit seinem Bruder Diepold und dem Bischofe Daniel in dem Kloster des heiligen Dionysius und um dasselbe herum auf, in der Richtung zwischen Morgen und Mitternacht von der Stadt. Etwas weiter von ihm entfernt gegen den Abend hin standen die Gezelte [xxx des Pfalzgrafen] Konrads, des Pfalzgrafen am Rhein, und Friedrichs, des Herzoges von Schwaben. Von dem Kaiser gegen Mittag hin waren die anderen Fürsten, und in der Richtung zwischen Mittag und Abend [hin] waren die, welche dem Herzoge von Schwaben zugetheilt worden waren, der Markgraf von Montferrat und die Männer aus Verona, Brescia und Mantua. Witiko ordnete seine Leute in dem Theile des böhmischen Lagers, der ihm zugewiesen worden war, wieder in ein eigenes Lager. Jeder Obmann mußte in der Mitte seiner Abtheilung sein, und alle Obmänner mußten einander und Witiko schnell Nachricht geben können. Die Reiter waren an der rechten Seite der Fußgänger. Von ihnen rechts waren andere Reiter des Waldes, und dann waren wieder andere Reiter des Königs Wladislaw. Witiko hatte sein Gezelt zwischen seinen Fußgängern und Reitern. Seine Männer mußten so in Bereitschaft sein, daß sie stets in den Kampf treten konnten. Insbesonders mußten die Reiter gerüstet sein, im Augenblike die Pferde zu besteigen und fort reiten zu können. Für Nahrung sorgte Witiko gleich nach der Errichtung des Lagers, und er sorgte, dass sie immer zu rechten Zeiten in den künftigen Tagen seinen Männern zukomme. So waren nun seine Männer in dem Lager, und harreten der Dinge, die kommen sollten. Und sie betrachteten die große schöne Stadt wie sie einst Prag betrachtet hatten. In Prag waren sie auf den Zinnen gewesen, um die Stadt vertheidigen zu helfen, hier waren sie in dem Lager, um die Stadt erobern zu helfen.
[Am Abende dieses T] Gegen den Abend dieses Tages kam Urban in das Gezelt Witikos, und sagte ihm, ein Bote sei gekommen, das Lager Konrads, des Pfalzgrafen und Friedrichs, des Herzogs von Schwaben, sei von den Mailändern überfallen worden, und der Pfalzgraf sei in großen Nöthen, und bitte um schleunige Hilfe.
"Laßt alle Reiter auf die Pferde sizen," rief Witiko.
Das Zeichen des Hornes tönte, und die Reiter eilten, sich in Bereitschaft zu sezen.
Zugleich kam auch der Befehl des Königs, mit ihm in das Lager des Pfalzgrafen zu reiten.
Witikos Reiter schlossen sich an ihrer linken Seite an die Reiter des Königs an. Der König führte die Schaaren, und sie ritten in größter Schnelligkeit gegen das Lager Konrads. Wie die Reiter Witikos gelernt hatten, im Walde durch Gebüsche und über Gebüsche hinweg zu reiten, so ritten sie jezt über Verwallungen der Weingehege, über Umfriedungen der Gärten, und über das Ungleiche und Ungewohnte des Bodens [hin] dahin. Der König brach unter dem Schalle seiner Zinken und Pauken in das Lager Konrads. Als die Männer Konrads den Schall der Zinken und Pauken ihres Freundes, des Königs hörten, erhoben sie ein Freudengeschrei, und kämpften ermuthigter und fröhlicher. Witiko führte seine Waldreiter fest und geschlossen in die Feinde, der König stürzte mit den Seinigen in sie, leistete denen, die im Gedränge waren, schnell Hilfe, und übte die Thaten eines tapferen Kriegers und guten Führers. Er stieß mit seinem Speere den Fahnenträger der Mailänder Tazzo de Mandello, und ebenso den Vicegrafen Gerhard. Witiko drängte an die Seite des Königs, er rief die Befehle an die Seinigen, und kämpfte selber vorwärts, und die Reiter des Waldes waren mit ihren Waffen [beh] behende gegen die Mailänder, wie sie es sonst gegen die Bären ihres Waldes hatten sein müssen. Bald war Witiko bei dem Könige, und sie drükten die Feinde rükwärts. An der anderen Seite des Königs war Odolen und Welislaw und Kochan und Predbor und Bogdan. Die Männer Konrads erhoben erneuerten und erhöheten Grimm, und wenn die Tapferkeit der Mailänder auch wie ein strahlender Glanz leuchtete, so mußten sie doch weichen. Sie flohen gegen die Stadt. Der König verfolgte sie. Odolen rief, mit den Mailändern könne man zugleich in die Stadt dringen. Aber es kam die Finsterniß der Nacht, und der Kampf mußte enden.
Noch in der Nacht und als das Morgengrauen des Tages kam, sorgte man für die Verwundeten und Todten. Es hatten manche Männer des Pfalzgrafen Konrad und des Königs Wladislaw ihr Leben verloren. Die Reiter des Königs brachten die entseelten Körper der edlen Herren Mikus, Otto, Zwestec, und [Gerhard] Herart in das Lager, und der Bischof Daniel bestattete sie mit dem Beistand seiner Priester und in der Gegenwart des Königs und seiner Führer und vieler Krieger in der Abtei Chiaravalle neben der Stelle, wo der Graf Ekbert von Pütten ruhte.
An diesem Tage sah der König mit den Seinigen, daß die Mailänder an der Stelle ihrer Stadt, gegen welche die Schaaren des Königs lagerten, die Befestigungen ihrer Mauer zu verstärken begannen, und in den folgenden Tagen sah man, daß sie diese Befestigungen vermehrten, und daß sie von oben herab ihre Thore mit Steinen verschütteten, und nur ein kleines Pförtchen frei ließen.
Der Kaiser berief die Fürsten zu einem Rathe. Manche waren bekümmert, wie man eine so große und wohlbefestigte Stadt einnehmen werde. Darauf sprach der Kaiser: "Weil sie so groß ist, wird sie bald in unsere Gewalt fallen. Sie braucht so viele Dinge zu ihrer Ernährung, daß bald der Mangel in ihr sein wird. Und die Mailänder haben selber diese Frist verkürzt. Unsere Kundschafter haben uns gesagt, daß viele Landleute in die Stadt geflohen, und von den Mailändern aufgenommen worden sind. Dadurch ist die Zahl derer, welche verzehren, größer geworden. An uns ist es nun, daß wir die Stadt von aller Zufuhr verschließen, und dass wir, wenn die Mailänder hervor brechen, sie stets zurükschlagen. Darauf, meine ich, müssen wir unseren Rathschluß fassen."
Wladislaw, der König von Böhmen, wurde zuerst um seine Meinung gefragt. Er stimmte dem Kaiser bei. Dann sprachen die Erzbischöfe, die Herzoge und Fürsten die nehmliche Meinung aus.
Darauf wurde berathen, wie man die Lager zur Umschließung der Stadt stellen müsse.
Die Lager wurden nach dem Beschlusse näher an einander gerükt, und der Kreis um die Stadt wurde kleiner. Zwischen den Lagern und in der Umgegend streiften Schaaren, dass sie Alles weg nähmen, was für die Stadt bestimmt wäre. Die böhmischen Reiter zerstörten in der Umgegend Schlösser, machten Beute, und brachten Gefangene herein. Die Krieger von lombardischen Städten, gegen welche Mailand feindlich gewesen war, übten Rache und zerstörten rings um Felder und Gärten bis auf den Grund. Die Mailänder kamen oft heraus, und es waren an verschiedenen Theilen und in verschiedenen Lagern Kämpfe. Aber sie konnten den Kreis nicht durchbrechen oder zerstören.
Es war ein starker Thurm außerhalb der Stadt, welcher der römische Bogen genannt wurde, weil die Sage war, daß die Römer einmal den Thurm zur Erinnerung an ihre Eroberung Mailands gebaut haben. Auf diesem Thurm waren Mailänder mit Kriegswerkzeugen, und thaten dem Heere des Kaisers großen Schaden. Also suchte er den Thurm zu erobern. Aber beinahe acht Tage verteidigten ihn die Mailänder. Da stürmte der Kaiser das römische Thor und Tonsathor, durch welche der