Witiko

H226, S. 295a


"Männer und Frauen, Jünglinge und Jungfrauen unserer Heimath! Wir haben einen sehr schönen Theil des Landes, in dem wir wohnen. Die Bäche rinnen von den Bergen, und sind so klar wie das Licht, das auf sie nieder scheint, [xxx] die Moldau wandelt vielgekrümmt und sanft dahin, wo sich die Thäler winden, die Bäume stehen hoch und [kräftig] kraftreich an ihren Ufern, und die Luft ist lieblich und segenbringend. Wir haben Felder und Wiesen, und arbeiten, um uns die Nahrung zu gewinnen. Es ist keiner da, der uns drängt, und uns das nimmt, was wir erzielen. Der hohe Herzog ist der Herr der Gegend, wir reichen ihm kleine Gaben, daß er uns beschüzt, und er kömmt nicht in die abgelegenen Fluren, unsere Habe zu verzehren. Draußen, wo reiche [Flu] Felder sind, da sind auch reiche Lechen, die das Getreide, das Holz, das Vieh, das Obst, das Wild und selbst das Blut der Menschen für ihre Streiche an sich ziehen, und die reiche Gegend arm machen. In dem Frühlinge dieses Jahres sind die reichen Lechen mit vielen Kriegern nach Mähren gegangen, und haben dort ein Heer errichtet, um den Herzog Wladislaw von dem Fürstenstuhle zu vertreiben, weil er die geringen Leute schüzte, und nicht litt, daß die Lechen eine, zwei, drei Zupaneien an sich reißen, und den Menschen das Ihrige nehmen. Die kleinen Männer haben sich um Wladislaw versammelt, und es haben sich auch solche große zu ihm gesellt, die den kleinen wohlwollen, und ihr Unglük nicht zulassen. Der Herzog hat mit diesen Männern das Vorhaben der Mährer vereitelt, und von unserem Walde sind viele dabei gewesen, und haben geholfen, und der Herzog hat ihnen gedankt, und hat sich ihre Dienste gemerkt. Die Feinde aber sind nach Mähren zurük gegangen, und sind dort in ihren Ländern, in ihren Städten, und in ihren Burgen. Wenn der Schnee von den Gefilden weicht, und alle Wege wieder gangbar sind, werden sie zum zweiten Male an ihre Absichten gehen, und viele aus unserem Lande werden ihnen beistehen, um Reichthum und Unterthanen zu gewinnen. Wenn sie in dem Streite siegen, und der Herzog seinen Stuhl verlassen muß, dann wird Konrad von Znaim den Stuhl besteigen, welcher Konrad seinen Helfern große Versprechungen gemacht hat. Er wird sie belohnen, und wird Manchen auch Theile unsers Waldes geben. Dann wird ein Leche zu uns kommen, er wird sich eine feste Burg in dem Walde bauen, und wir müssen die Bauleute sein, und wir müssen die Schäden, die in der Burg entstehen, ausbessern, und wir müssen seine Wege und Stege und Brüken bauen, und wir müssen die Lebensmittel in seinen Hof liefern, und wir müssen Gräben und Schanzen und Verhaue zu seiner Vertheidigung machen, wir müssen in der Burg wachen, wir müssen zu seinen Festen die Bedürfnisse bringen, wir müssen Gerichtskosten zahlen, wir müssen für das Unheil der Verbrechen haften, wir müssen in seinen Fehden streiten, und wenn er reiset, und wenn er jagt, müssen wir ihn und die Seinigen beherbergen und verpflegen, und müssen die Hunde ernähren. Ich meine also, Männer unserer Fluren, daß wir, so viele es vermögen, in dem Kriege zu dem Herzoge Wladislaw gehen [|mögen|], und ihm, so stark wir es zu Stande bringen können, helfen sollen, daß er die Feinde besiegt und unmächtig macht, und daß der Wald frei bleibt, und daß wir die Herren unseres Eigenthums sind. Denn Wladislaw wird uns [wie] schüzen, wie er gegen alle die geringen Menschen [schüzen] thut. In vielen Theilen unserer Gegend rüsten sich die Männer schon, daß sie bereit sind, und wir sollen wachen und sorgen, daß wir Vater und Mutter und Weib und Kind und Verwandtschaft und Haus und Hof und Feld und Wald vertheidigen können. Und wenn auch einmal herrschende Menschen unter unsere Bäume herein kommen, so gewähre es Gott, und Wladislaw wird [|diese wählen|,] es fügen, daß sie ein Geschlecht sind, welches gut und freundlich gegen uns ist, welches uns beisteht, welches Kirchen stiftet und ein Kloster baut, daraus Wohlthaten in den Wald kommen, und welches mäßig und enthaltsam ist. So sage ich, der ich meine Augen auf das richte, was ist, und auf das, was [[kommen wird."] noch |ferner| wird."] werden wird."

Da er diese Worte gesprochen hatte, sezte er seine Lederhaube wieder auf das Haupt, und nahm seinen Plaz auf der Bank wieder ein.

Von den Männern aber sprangen viele von ihren Sizen empor, und mehrere riefen: "Wir sollen zu Wladislaw gehen," "wir sollen Wladislaw helfen," "wir sollen uns vertheidigen."

"Rüsten wir uns zu Allem," riefen andere.

"Rüsten wir uns," riefen wieder andere.

"Wir geben nicht nach, und weichen nicht," rief ein sehr großer junger Mann.

Der Greis mit den weißen Haaren aber sprach, da es stiller geworden war: "Witiko, du kennst mich, ich bin der Wenhart von der Friedau, ich bin in dem Kriege gewesen, der mit dem Herzoge Swatopluk und der mit dem Herzoge Boriwoy und der mit dem Herzoge Wladislaw gewesen ist, mit dem früheren Herzoge Wladislaw. Die Wohnungen haben gebrannt, die Thiere sind auf den Höfen geschlachtet und ihr Fleisch ist vergeudet worden, die Saatfelder waren zerrüttet, was fleißige Hände zur Bedekung des Leibes gewebt haben, ist geraubt und ver[xxxx] schleppt worden, die Weiden, die Anger und die Kräuter sind [|zertreten|] nieder getreten worden, und waren erstorben. Aber in unseren Wald ist nichts herein gekommen, und hier ist kein Unglük geschehen. Wir sollen sorgen, daß hier nichts zerstört werde, wir könnten es in vielen Jahren nicht wieder zurecht richten, weil wir kein Geld verwenden können; aber die Männer müssen wehrhaft sein, und müssen gegen die Feinde wie gegen die Wölfe sein, daß Alles gut ist, und sie sollen

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