Witiko

H224, S. 285c


vorvorigen Leopold bei dem Kaiser Heinrich in Regensburg gewesen ist. Und neben ihm ist ein junger Mann in blauen Kleidern auf einem weißen ¢Pferde¢."
Randnotiz: xxx

"Ich sehe ihn," sagte Witiko.

"Der ist Heinrich von Oftering, der Sohn des alten Heinrichs von Oftering, der in der Burg Oftering neben dem Kürenberge sizt, [denke] "sagte der Ritter, "denke nur an das Büblein mit den gar so blonden Haaren und den rothen Wänglein, die sich immer schämten, wenn wir dem [alten] Bischofe Regimar die Waffen nachtrugen."

"Ich denke seiner," antwortete Witiko.

"Die Burg in Oftering ist ihm zu stille geworden, und er ist in das schöne Wien gezogen. Wir sind auf schmuken Ritten immer gleich gekleidet, und haben gleiche Pferde," sagte der Ritter. "Der andere in dem grünen Mantel, der auch neben Thiemo reitet, ist der jüngere Ruhenegk aus der Waldschlucht. Sie zwingen den bunten Mann immer, daß er Reimzeilen sagt, die dann so ungefüg sind wie die Wollkittel der Reisigen de[r]s böhmischen Herzoges Boriwoy, die er in Regensburg gesehen hat. Er hält die Reime aber immer für sehr hofgemäß. Du solltest bei uns bleiben, Witiko."

"Ich meine, daß die Dienste, die ich leisten kann, dem Lande gehören, in dem ich geboren worden bin, und in dem meine Vorfahren geboren worden sind, und gelebt haben," sagte Witiko.

"Sie gehören ihm auch," antwortete der Ritter vom Kürenberge; "aber dann sollst du recht lange bei uns bleiben."

"So lange es sich geziemt," sagte Witiko.

"Und du sollst schöne Kleider tragen," sagte der Ritter.

"Dieses Leder habe ich in Freude und im Leide getragen," antwortete Witiko, "ich habe es wegen meiner Mutter angelegt, und werde es hier nicht von mir thun."

"Wie du willst," sagte der Andere, "ich habe nur die Meinung gehabt. Das Leder sieht sehr rüstig aus, und wäre ein gutes Zeug gegen unsere Nachbarn, die Ungarn, die pferdflüchtig sind, und nicht warten, bis wir in unserem Eisen gegen sie heran reiten, und mit unsern Schwertern in ihr Fleisch hauen. Sie fliehen mit ihren Pferden zurük, fliehen im Kreise herum, und senden Pfeile auf uns, die hie und da ein Pferdlein tödten oder einen Mann verwunden, indeß wir in unsern Helmfäßern erhungern und erdursten könnten. Du würdest ihnen nachjagen, Witiko, wenn es anders dein Pferd vermag, und wenn du einen vernichtest, würdest du ihn in seinen Lottergwändlein an deinen Speer heften, derweilen ihre Pfriemen von dem Leder deines Ur oder Ellen, oder was es für eine Thierhaut ist, wie Spielzeug hängen blieben. Ihr habt in euerm Lande die Panzer noch nicht?"

"Nein," sagte Witiko, "das Leder schüzt besser und ist leichter, und der Panzer und Schild ist unser Schwert, das ein Rad vor dem Leibe macht, in welches Lanze und Schwert nicht einzudringen vermag. Und wenn der Gegner eine Lüke zeigt, führt es in ihn. Manche ahmen die Deutschen nach, sie bringen schon Fäßer über das Haupt und über die Brust, und Platten an den Füßen und Armen. Mehrere haben noch die gefügen Panzerhemden, die mir auch sehr gefallen."

"Und wenn ihr nicht in dem Kampfgewande geht," sagte der Ritter vom Kürenberge, "so habt ihr weite [Gewänder] Hüllen, wie die Pfaffenkittel, die ihr mit einem Strike oder Lederriemen zusammen bindet, daß [es] sie aus [sieht] sehn wie ein gewindeltes Banner. Und die Zier des Mannes, die Loken schneidet ihr ab, daß sie wie ein Strohdächlein hinten von dem Haupte gehen, und auf der Haube habt ihr die gerade Feder wie einen Pfahl."
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"Wenn ich meine Haube abnähme, so würdest du lange Loken sehen," sagte Witiko.

"Trägst du die Loken nach deutscher Art?" fragte der Ritter vom Kürenberge.

"Ich trage sie noch so," antwortete Witiko. "Wie sie jezt die jungen Ritter aus Böhmen und Mähren tragen, ist es auch nicht mehr weit von eurer Sitte, und eure bunten Fleke nehmen sie auch schon auf ihren Leib, obgleich ich sagen muß, daß, wenn der alte Bolemil oder Lubomir in das dunkle weite fließende Gewand gekleidet sind, und die reichen Gürtel tragen, es erhabener aussieht, als eure schimmernden Lappen. In dem Mittage des Landes Böhmen haben sie einfache Gewänder. Ich trage sie auch, wenn ich dort bin."

"Die werden wohl in diesen Gewändern nicht turnieren," sagte der Ritter vom Kürenberge.

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